J O H A N N E S

Bischof von Salzburg von 739 bis (745/747)
Abt von S. Peter zu Salzburg

In einem Brief vom 29. Oktober 739[1] über die Organisation[2] der Kirche in Bayern schreibt Papst Gregor III., Bonifatius habe ihm mitgeteilt, dass bei seiner Ankunft das Bayernvolk keine Bischöfe im Land auβer dem einen Vivilo[3] gehabt hätte[4] und dass er drei weitere Bischöfe geweiht und die provinciam Baguariorum in vier parrochias[5] geteilt habe, sodass jeder Bischof seinen Sprengel hat. Bonifatius' Biograf Willibald[6] spricht auch anlässlich des Aufenthaltes des Bonifatius in Bayern von Zerstörern der Kirchen und Verderbern des Volkes in Bayern, von denen sich einige schon seit langem fälschlich das Bischofsamt angemaßt hätten sowie von einer Teilung des Bayernlandes in vier Sprengel[7], denen Bonifatius vier Bischöfe vorsetzte. Johannes[8] empfing den bischoflichen Stuhl in oppido qui dicitur Salzburch[9], Erembercht die oberste Aufsicht über die Kirche von Freising und Gaibald über die Kirche in der Stadt Regensburg[10].
Während des Streites zwischen seinem Nachfolger Virgilius[11] und dem bayrischen Herzog Otilo[12] um die Maximilianszelle[13] führt der Salzburger Bischof Mönche und Adelige als Zeugen auf, unter anderen einige[14] Mönche sancti Rudberti atque Iohannis[15] /a>.
Eine spätere Notiz[16] berichtet, dass Bischof Arn von Salzburg[17] die St. Johanniskirche[18] ad Lauppiom [19] an der Alz [20] , die der vir nobilis Eginolf dem Bischof Iohannis[21] übergeben hatte, aber von Uuiilihelm et Ata zu Unrecht vorenthalten wurde, wieder erwirbt, desgleichen auch was Eginolf ad Chiemperk[22] gegeben hatte.
In dem Streit zwischen dem Patriarchen Ursus von Aquileja und dem Erzbischof Arno von Salzburg um die Zugehörigkeit der Provinz Karantana[23] bestimmt Karl der Große am 14. Juni 811[24] die Drau als Grenze der beiden Diözesen; Arno versichert, dass preceptis et confirmacionibus der Päpste Zacharias[25], Stephan (II.) und Paul diese provincia tempore antecessorum suorum[26] ad Iuvavensis ecclesie dyocesim fuisset adiuncta.
Iohannis stirbt an einem 10. Juni[27] im Jahr 746 oder 747[28].


[1] Rau, 1968, Nr. 45 S. 128-133 (lat./dt.); Monumenta Germaniae historica - nachfolgend MGH -, Epistolae selectae 1: Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, hg. von Tangl Michael, 2. Auflage Berlin 1955, S. 71-74.
[2] Die Verhältnisse in Bayern vor 739 sind unklar (vgl. Jahn 1991, S. 136-141; Reindel 1967, S. 166-167). Die neuere Forschung tendiert zu der Meinung, dass Bonifatius 739 mehr als "corrector der Organisationsstruktur der bayerischen Kirche" als ihr Organisator anzusehen ist (s. Freund 2004, S. 55-68, hier S. 62; Groll 2007, S. 8, spricht von einer Diözesenumschreibung). Ein capitulare des Papstes Gregor II. ausgestellt am 15. Mai 716, hatte schon die Einrichtung einer geordneten Kirchenprovinz in Bayern geplant (MGH Legum 3, Hannover 1863, Nachdruck 1965, S. 451-454). Dieser Versuch scheiterte wahrscheinlich am Tode des Herzogs Theodo (vgl. Dopsch 1996, S. 81-82; Jahn, ebd., S. 72-75, 98-99; Wolfram 1981, S. 134-135; Ortner 2005, S. 12, 38. Vogel 2000, S. 369-413, betrachtet das capitulare des Papstes Gregor. II als Fälschung, was Glatthaar 2004, S. 77-78 Anm. 2 verwirft). 
[3] Laut Brief ist Vivilo schon früher von Gregor III. geweiht worden.
[4] Das will wohl heissen, dass die anderen in Bayern tätigen Bischöfe (s. die Adressaten des päpstlichen Schreibens von wahrscheinlich 738: Rau 1968, Nr. 44 S. 126-129 lat./dt.; MGH Epist. sel. I, Nr. 44 S. 70-71; vgl. Jakobs/Bütther 1978, Nr. 34 S. 16-17 mit weiteren Angaben zur Literatur) nicht von Bonifatius anerkannt wurden.
[5] Dies sei mit Zustimmung Herzogs Odilo geschehen (hierzu s. die zweifelnden Bemerkungen von Jahn 1991, S. 165-170). Von einer tatsächlichen Gliederung Bayerns in vier Diözesen kann sicherlich nicht gesprochen werden; in den 70er und 80er Jahren gab es noch fünf oder sechs bayerische Bischöfe, und ob es schon festgelegte Sprengel gab, muss dahin gestellt bleiben (Jahn, S. 165-172; Wolfram 1981, S. 135. Später kamen noch Neuburg und Säben hinzu).   
[6] Willibalds Vita Bonifatii c. 7 (Rau 1968, S. 502-503 lat./dt.; MGH SS rer. Germ. [57], S. 38). Diese Vita wurde um die Jahre 760 zwischen 754 und 768 verfasst (s. Rau, S. 452; Weinfurter 1987, S. 108 Nr. 27; Werner 1982, S. 295-296 und Anm. 228; Jäschke 1977, S. 32-34). Willibald kannte sicher die Briefe des Bonifatius, und dessen Nachfolger als Mainzer Bischof Lul "scheint auf die Stoffauswahl erheblichen Einfluß genommen zu haben" (Schieffer Rudolf, Artikel Willibald von Mainz, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 10, Berlin-New York, 1999, Sp. 1154-1156; Glathaar 2004, S. 307).
[7] Die Gründung der kanonischen Bischofssitze in Bayern hat in den Quellen des Landes kein historiographisches Echo gefunden, wurde sie doch durch eine ältere und vor Bonifatius zurückreichende Tradition verdrängt (vgl. Literatur bei Jahn 1991, S. 164-166 und Anm. 202). In den folgenden Jahrzehnten war man im Gegenteil bemüht, die Anfänge der Salzburger Bischofskirche auf den vielleicht 716 verstorbenen Bischof Hrodbertus, der Ende des VII. Jh. nach Bayern kam (dazu Ortner 2005, S. 29-35; Dopsch 1996, S. 69-73; Jahn 1991, S. 164-165; Wolfram 1981, S. 124-134; ders. 1979, S. 64) zurückzuführen. Hrodbertus gründete (oder einrichtete neu) in Salzburg das Kloster S. Peter, dessen Klerikergemeinschaft in den folgenden Jahrzehnten die "Salzburger Kirche" bildete (Dopsch, S. 73-75). Das Verbrüderungsbuch von St. Peter nennt Ruperts Nachfolgeäbte: der letzte vor Iohannis episcopus et abbas ist Flobrigis episcopus et abbas (Dopsch, S. 61-62; Wolfram 1979, S. 64-66; vgl. Dopsch, S. 83 Anm. 103), aber diese Liste erlaubt keine sicheren Kenntnisse über die Frühzeit der Salzburger Kirche (hierzu Wolfram 1995, S. 252; ders. 1979, S. 64-66; ders. 1981, S. 136).
[8] Man weiß nichts über seinen Werdegang (Aubert, in Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques, 27, Paris 2000, Sp. 579). Es fällt auf, dass ungefähr zur selben Zeit Bischöfe gleichen Namens in Alemannien und in Bayern wirkten, ein Johannes in Konstanz, Sidonius in Passau und in Konstanz (s. Jahn 1991, S. 142 Anm. 81). Siehe auch Beatus, Bischof von Passau. Zu Johannes, s. Jahn, S. 141-143.
[9] Das römische Munizipium Juvavum.
[10] Der vierte, der Bischof von Passau, der hier nicht genannt wird, ist Vivilo, der schon früher von Gregor III. geweiht wurde (s. oben Anm. 3). Vivilo war Bischof in Bayern seit 731/736, wahrscheinlich schon von Passau vor 739 (dazu Glatthaar 2004, S. 54-57 und Anm. 167) und nicht erst in diesem Jahr (Schipperges 1996, S. 156-157; Jahn 1991, S. 120-121, 157-158, 572).
[11] Zu Bischof und Abt Virgilius , s. Hermann 1996, S. 69-84.
[12] Gestorben am 18. Januar 748 (s. Jahn 1991, S. 278-279).
[13] Später Bischofshofen, Österreich, Land Salzburg, Bezirk St. Johann im Pongau. Zur Gründungs- und Frühgeschichte dieser Zelle sowie zu dem Streit, s. Dopsch 1996, S. 75-77; Jahn 1991, S. 64-69, 79-86; Wolfram 1979, passim; ders. 1981, S. 137-138; ders. 1974, S. 187 ff.
[14]atque Vitalis, Cencio atque Maurencius monachi sancti Rudberti atque Iohannis (Hauthaler 1910, c. VIII S. 29-30; s. Jahn 1991, S. 263-264; Wolfram 1995, S. 217; ders. 1974, S. 188).
[15] Iohannes erscheint hier als Abt von St. Peter. Zur Umwandlung St. Peters in eine Benediktinerabtei, s. Hermann 1996, S. 65-68. Im Liber confraternitatum von St. Peter steht er auch als Iohannis ep. et abb. (MGH Necrologia Germaniae 2: Diocesis Salisburgensis, ed. Herzberg-Fränkel S., Berlin 1904, S. 18 c. 41, S. 46 c. 1; vgl. oben Anm. 7).
[16] Hauthaler 1910, S. 51 Nr. 2. Diese Notiz des Jahres 1004 bezieht sich sicher auf das Original der Urkunde. Sie ist bestätigt in den Breves Notitiae (Hauthaler, S. 46-47 und S. A21). Diese Urkundenbearbeitung, deren beste Überlieferung aus dem XIII. Jh. stammt, entstand vielleicht nach der Erhebung Salzburgs zum Erzbistum im Jahre 798 (dazu Wolfram 1974, S. 182 ff.; Lhotsky 1963, S. 152-153).
[17] Arn (Arno) wird 785 Bischof, 798 Erzbischof von Salzburg (Ortner 2005, S. 49).
[18] Zu Truchtlaching (gehört heute zu Seeon-Seebruck, Oberbayern, Lkr. Traunstein).
[19] Lauppiom könnte das Laufental (oder Laufenau), das Tal der Alz zwischen Truchtlaching und Baumburg, sein (Oberbayern, Lkr. Traunstein): s. Hauthaler 1910, S. 51 Nr. 2. 
[20] Entspringt dem Chiemsee, mündet in den Inn.
[21] Der Name des Bischofs steht auf einer Rasur.
[22] Chiemperk (Chiemperch): Kienberg, Oberbayern, Lkr. Traunstein.
[23] Zu dieser Provinz, die ein wesentlich größeres Gebiet umfasste als das heutige Kärnten, s. Wolfram 1995, S. 73-79.
[24] Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 211 S. 282-283.
[25] 741-752.
[26] Das Plural bezeugt, dass auch Iohannes damit gemeint ist. Die Karantanen gerieten wahrscheinlich in bayerischer Abhängigkeit noch vor 743; die kirchliche Angliederung Karantaniens an Salzburg kann auch angenommen werden (s. Wolfram 1995, S. 284; ders. 1979, S. 85ff.)
[27] Necrologia s. Rudbert Salisburgensis, MGH Necr. Germ. 2, wie Anm. 15, S. 142; Necrologium Chiemense, S. 208; Necrologium monasterii s. Erentrudis, S. 69.
[28] Der Papst Zacharias erwähnt in einem Brief an Bonifatius vom 01. Mai 748 (Rau 1968, Nr. 80 S. 256-271, hier S. 266-267, lat./dt.) das Ableben eines der von Bonifatius (739) eingesetzten Bischöfe, dessen Nachfolge Virgilius (in Salzburg) angetreten hat; in einem anderen Brief vom 01. Juli 746 (oder 745) (Rau, Nr. 68 S. 210-213 lat./dt.; zum Datum, s. MGH Epist. sel. I, S. 142 Anm. 1, wo der Herausgeber sich für 746 entscheidet; Wolfram 1971, S. 301 Anm. 28; ders. 1995, S. 253 Anm. 313, ohne jedoch das Jahr 745 in Erwägung zu ziehen) spricht der Papst von Virgilius noch als religiosus vir. Da die Korrespondenz zwischen Zacharias und Bonifatius weder sehr häufig noch sehr schnell war (s. Wolfram 1971, S. 298 Anm. 7), kann Johannes also nur in den Jahren 746 oder 747 (vielleicht 745, wenn man den Brief Nr. 68 in das Jahr 745 setzen möchte) gestorben sein, wobei 747 als wahrscheinlicher erscheint. Siehe auch Wolfram 1995, S. 254 Anm. 320; ders. 1985, S. 342 und 349 Anm. 1; Dopsch 1981, S. 136. Jahn 1991, S. 142 sowie Weissensteiner 1983, S. 60 und Kolb 1982, S. XVII setzen Johannes Tod in das Jahr 745. Zu den Salzburger Annalen, die das Ableben des Johannes auf 764 datieren, s. Wolfram 1971, S. 298-299.

Bibliographie

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29.07.2017