W E G E L E N Z O[1]

vielleicht Graf im Lobdengau (vor 762)

Am 20. Januar 773[2] schenkt Karl der Große dem Kloster Lorsch die villa Heppenheim[3] im Rheingau[4] als immunen Besitz. Der Abschrift dieser Urkunde[5] in der im 12. Jahrhundert verfassten Lorscher Chronik[6] folgen zwei Grenzbeschreibungen, wovon die vermutlich im Jahr 795 oder kurz danach niedergeschriebe ältere und zuverlässigere berichtet, dass[7] Wegelenzo[8], Vater des Warinus, Lehensinhaber dieser villa mit ihrem Wald war, und nach ihm sein Sohn Graf Warinus[9] sie verwaltete, und nach ihm Graf Bougolfus[10], der sie behielt bis Karl der Große sie dem Kloster Lorsch[11] übergab[12].
Ein Wegulantius comes[13] ist in der ältesten Anlageschicht[14] des Liber confraternitatum der Reichenau[15] bei den verstorbenen Wohltätern des Klosters eingetragen.
Zu den zahlreichen Gütern, die König Pippin am 13. August 762[16]dem Kloster Prüm [17] schenkte, gehörte die St. Medarduszelle zu Altrip[18] im Speyergau, die Herlebaldus[19], Weolentio[20] und Bagulfus[21] ihm übergeben hatten[22].


[1] Wegulantius, ?Weolentio.
[2] Glöckner Karl, Codex Laureshamensis, I (Arbeiten der historischen Kommission für den Volksstaat Hessen), Darmstadt, 1929 - nachfolgend CL -, Nr. 6 S. 277; deutsche Übesetzung: Minst Karl Josef, Lorscher Codex, I, 1966, S. 57-58; MGH DD Karol. I, Nr. 73 S. 106; vgl. BM² 152 S. 69.
[3] […] villam aliquam nuncupantem Hephenheim sitam in pago Renense […]: Heppenheim (Bergstraße), Hessen, Kreisstadt des Kreises Bergstraße.
[4] Oberrheingau, pagus nördlich vom Lobdengau gelegen. Siehe die Karten bei Knöpp Friedrich, Der Oberrheingau (Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken ihrer Stiftung 764, I, Darmstadt, 1973, 373-425), S. 370, 374.
[5] Original verloren.
[6] CL Nr. 6a S. 278-282; Minst, I, S. 58-59. Dazu Knöpp, wie Anm. 4, S. 381-384;  Schwind Fred, Die Franken in Althessen (Nationes 2: Althessen im Frankenreich, 1975, 211-292), S. 253-254; Schulze Hans Kurt, Die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins (Schriften zur Verfassungsgeschichte 19), 1973, S. 194. 
[7] […] hanc uillam cum silua habuerunt in beneficio Wegelenzo, pater Warini, et post eum Warinus comes filius eius in ministerium habuit ad opus regis, et post eum Bougolfus comes, quousque eam Karolus sancto Nazario tradidit.
[8] Diesen ungewöhnlichen Namen (so Gockel Michael, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 31], 1970, S. 304-305) trägt ein jüngerer Wegelenzo (bezeugt von 792 bis 813: vgl. Gockel, S. 304 und Anm. 779). Dieser Name ist noch ein weiteres Mal in der Form Wegulantius belegt (vgl. unten Anm. 11; Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn, 1900, ND München, 1966, Sp. 1551. Mitterauer Michael, Karolingische Markgrafem im Südosten (Archiv für österreichische Geschichte 123), 1963, S. 148 und Kaufmann Henning, Ergänzungsband zu Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. 1: Personennamen, 1968, München-Hildesheim, S. 392 denken an den lateinischen Namen Vigilantio/ius.
[9] Der Text wird so verstanden. Dieser Warinus wird mit dem Grafen im Lobdengau gleichgesetzt, der schon 762 bezeugt ist (MGH DD Karol. I, Nr. 16 S. 21-25).
[10] Bougolfus ist sicherlich der Speyrer Graf, der auch 762 erstmals bezeugt ist.
[11] […] sancto Nazario […]: Kloster Lorsch (Hessen, Kr. Bergstraße).
[12] Siehe oben Anm. 2.
[13] Es wird angenommen, dass Warinus das Grafenamt von seinem Vater übernahm (vgl. Gockel, wie Anm. 8, S. 303; Schulze, wie Anm. 6, S. 194).
[14] Vor November 824 eingetragen (Libri memoriales et Necrologia, NS I: Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau, hrsg. von Johanne Autenrieth, Dieter Geuenich und Karl Schmid, Hannover, 1979, S. LXV-VIII; Zettler Alfons, Mönche und Konvent [Archäologie und Geschichte 5. Rappmann Roland und Zettler Alfons, Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter], 1998, S. 42.
[15] Ebd. pag. CXV = MGH Libri confraternitatum Sancti Galli, Augiensis, Fabariensis, ed. Paul Piper, Berlin, 1894, S. 294 c. 465.
[16] Liber aureus Prumiensis aus dem 10. Jahrhundert: Nolden Reiner (im Auftrag des Geschichtsvereins "Prümer Land" e.V. hg. von), Das "Goldene Buch" von Prüm. Faksimile, Übersetzung der Urkunden, Einband, Trier, 1997, fol. 2a-4a S. 15-19 (deutsche Übersetzung: Nr. 4 S. 254-257); MGH DD Karol. I, Nr. 16 p. 21-25; Beyer Heinrich, Urkundenbuch der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien, Coblenz, 1860, ND Aalen, 1974, n° 16 S. 19-22; vgl. BM² 95 S. 48-49; Oelsner Ludwig, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Leipzig, 1871, S. 357-358.
[17] Stadt in der Eifel, Rheinland-Pfalz, Landkreis Eifelkreis Bitburg-Prüm.
[18] […] cellam iure proprietatis nostrae in loco qui dicitur Altrepio super fluvium Reni in pago Spirinse, qui est constructa in honore sancti Medardi, cum villis vel appenditiis suis, quem Herlebaldus et Weolentio nec non et Bagulfus mihi traditerunt, […]: Altrip, Rheinland-Pfalz, Lkr. Ludwigshafen.
[19] Als Mitbesitzer der cella Altrip ist er wohl mit Weolentio und Bagulfus verwandt. Siehe Alter Willi, Die klösterlichen Wohltäter der karolingischen Zeit in Deidesheim, Friedelsheim und Gönnheim (Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 97, 1999, 237-351), S. 243-244 für die späteren Nachrichten zu Personen dieses Namens.
[20] Dieser Weolentio wird des Öfteren mit dem Grafen Welant, der als Zeuge derselben Urkunde unter den Grafen auftritt, identifiziert (Gockel Michael, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 31], 1970, S. 194 Anm. 1175; Morlet Marie-Thérèse, Les noms de personne sur le territoire de l'ancienne Gaule du VIe au XIIe siècle. I: Les noms issus du germanique continental et les créations gallo-germaniques, Paris, 1968, S. 220). Aber eine andere Möglichkeit kann nicht ausgeschlossen werden, die der Personengleichheit mit Wegelenzo/Wegulantius (Werle H., Der Hochadel des Westrich in der Spätkarolingerzeit [Niederschrift über die Verhnadlungen des  Historischen Seminars der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Abt. III: Geschichtliche Landeskunde, in Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft für westdeutsche Landes- und Volksforschung vom 16. - 19. März 1958 in Meisenheim, Bonn 1958, 14-26], S. 21).
[21] In Bagulfus wird der gleichnamige Graf im Speyergau erkannt, der ab 762 urkundlich bezeugt ist (vgl. Anm. 10).
[22] Sollte die Identifizierung Weolentio = Wegelenzo/Wegulantius zutreffen, wird dieser 762 schon verstorben gewesen, da sein Sohn Warinus unter den Zeugen als Graf genannt ist.

11.07.2011, geändert 04.06.2012