A D A L F R E D U S

Bischof  von Noyon-Tournai, bezeugt 757 und 762

Adalfridus[1] peccator episcopus[2] testiert[3] die im Mai 757[4] in Compiègne[5] zugunsten des Klosters Gorze[6] ausgestellte Urkunde des Metzer Bischofs Chrodegangus[7].
Neun Bischöfe, darunter Adalfredus[8], und zwölf Grafen[9] bezeugen das am 13. August 762[10] in Trisgodros[11] villa puplica ausgestellte feierliche Diplom[12]: König Pippin mit seiner Frau Bertrada übertragen dem Kloster Prüm[13], das sie auf der Grenze des Bidgaus und des Ardennengaus[14] durch Entsendung einer Ordensgemeinschaft aus der Kongregation der Bischöfe Romanus und Vulframnus[15] gegründet haben[16], etliche Güter in verschiedenen pagi[17]; Pippin bestätigt auch frühere Schenkungen, stellt das Kloster unter seinen Schutz und erteilt ihm die freie Abtswahl[18].
Die Gebetsverbrüderung, die zwischen den anwesenden Bischöfen und Äbten des synodalis conventus von Attigny[19] mutmaßlich im Jahr 762[20] vereinbart wurde, ist auch von Athalfridus episcopus civitas Novionis[21] unterschrieben.
Die im 12. Jahrhundert zusammengestellten Bischofslisten von Noyon-Tournai[22] bringen Edelfridus (Adelfrecus) zwischen (H)Eliseus, bezeugt im Jahr 748[23], und einem sonst unbekannten Dido, Vorgänger des Gislebertus, der 769 in Erscheinung tritt[24].


[1] Adalfridus, Athalfridus, Edelfridus, Adelfredus, Adelfrecus. Zu diesen Namen, siehe Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch, 1: Personennamen, Bonn, 1900, Neudruck München 1966, Sp. 165-166.
[2] Von Noyon (vgl. unten Anm.21): Frankreich, département de l'Oise, arrondissement de Compiègne, chef-lieu de canton. Karte des Bistums: Atlas de la France de l'an mil. Etat de nos connaissances, sous la direction de Michel Parisse avec l'aide technique de Jacqueline Leuridan, Paris, 1994 S. 19. Die Diözese Tournai (Karte: ebd.) wurde am Ende des 6. Jahrhunderts den Bischöfen von Noyon übertragen und blieb es bis 1146. Das Bistum Noyon wurde 1790 aufgelöst. Die Diözese gehört heute zum Bistum Beauvais. 
[3] Da die Urkunde nur in einer laut Herausgeber schlechten Abschrift bekannt ist, kann aus der Reihenfolge der Namen keine Schlüsse gezogen werden.
[4] Original verloren. Überlieferung: Chartular, Ende des 12. Jahrhunderts, das 1944 verbrannt ist. Drucke in Auswahl: A. d'Herbomez, Cartulaire de l'abbaye de Gorze, in: Mettensia 2. Mémoires et documents publiés par la Société Nationale des Antiquaires de France, Paris, 1898, Nr. 4 S. 9-13; Monumenta Germaniae historica –fortan MGH-, Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906, S. 59-63.
[5] Adalfridus hat also am Konzil, das in dieser Stadt tagte, teilgenommen (Hartmann Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, in: Konziliengeschichte, hg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen, Paderborn, 1989, S. 76-79; Carlos de Clercq, La législation religieuse franque de Clovis à Charlemagne 507-814, Louvain-Paris, 1936, S. 137-142).
[6] Département de la Moselle, arrondissement de Metz-Campagne, canton d'Ars-sur-Moselle. Die Anfänge des Klosters Gorze werden durch zwei Urkunden bestimmt, die im Chartular überliefert sind. Am 20. Mai 748 stattete Bischof Chrodegangus von Metz das von ihm als bischöfliches Eigenkloster gegründete Gorze mit Gütern der Metzer Kirche aus (Nr. 1 S. 1-4. Interpoliert. Da die Urkunde im 6. Herrscherjahr Childerichs datiert ist, muss das vom Herausgeber angegebene Jahr 745 in 748 emendiert werden). Am 18. Mai 757 verkündete er auf der Synode von Compiègne die Gründung des Klosters. Chrodegangus scheint es in den ersten Jahren selbst geleitet zu haben. Die Urkunde von 757 spricht wohl von einem Abt, aber nennt keinen Namen. Erst in einer Urkunde des Jahres 760 erscheint einmalig Abt Gundelandus (Nr. 6 S. 15-16. Hier muss das Datum auch emendiert werden, nicht 759 sondern 760), bevor dieser die Leitung des Klosters Lorsch übernahm. Es folgte Abt Theumarus. Im Jahr 1572 wurde das Kloster säkularisiert. Zur Geschichte des Klosters, siehe J. Schneider, Artikel "Gorze", in: Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques 21, Paris, 1986, Sp. 811-817).
[7] Bischof von Metz 742 oder 747, ernannt Erzbischof im Jahr 754, stirbt 766. Das Weihedatum ist unsicher (Schieffer Theodor, Bonifatius und Chrodegang, in: Wege der Forschung, 312. Mönchtum und Gesellschaft im Frühmittelalter, hg. von Friedrich Prinz, Darmstadt, 1976, 112-150 [= Angelsachsen und Franken. Zwei Studien des 8. Jahrhunderts. Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse. Jahrgang 1950, 20, 1431-1463], hier S. 144 Anm. 84).   
[8] Signa der Bischöfe Genebaudus (von Laon), Gauzlenus (Le Mans), Fulcharicus (Tongern-Lüttich), Adalfredus (Noyon), Vulframnus (Meaux), Megingaudus (Würzburg), Berethelmus (Köln), Basinus (Speyer), Wiemadus (Trier). Unter der Voraussetzung, dass die Reihenfolge der neun Unterschriften das Weihealter widerspiegelt (Wolfram Herwig, Salzburg – Bayern - Österreich. Die Conversio Bagaoriorum et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit, in: Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung, Ergänzungsband 31, 1995, S. 258 ff.; Hartmann Wilfried, Unterschriftslisten karolingischer Synoden, in: Annuarium Historiae Conciliorum 14, 1982, 124-137, hier S. 127; Marilier Jean, Quelques aspects du diocèse de Langres au VIIIe s., in: Société historique et archéologique de Langres, 1965, 17-29, hier S. 25; Prinz Friedrich, Frühes Mönchtum im Frankenreich. Kultur und Gesellschaft in Gallien, den Rheinlanden und Bayern am Beispiel der monastischen Entwicklung [4. bis 8. Jahrhundert], München-Wien, 1965, S. 436 Anm. 385), würde Athalfridus' Amtszeit zwischen 748 (unten Anm. 23) und 754 begonnen haben, da sein Name vor Megingaudus steht, der vermutlich um 754 Bischof von Würzburg wurde (www.prosopographie.eu, Artikel "Megingoz" in französischer Sprache). 
[9]> Signa von Pippins Söhnen Karl und Karlmann, von neun Bischöfen und zwölf Grafen. Hauck Karl, Von einer spätantiken Randkultur zum karolingischen Europa, in: Frühmittelalterliche Studien 1, 1967, 3-93, hier S. 88 spricht von der "Unterzeichnung durch das ganze arnulfingisch-karolingische Haus und seine geistliche und weltliche >Freundschaft<". Ein Passus des zweifelhaften "Testaments" Bischof Eddos von Strasbourg/Straßburg, das am 13. März 762 ausgestellt sein soll, spricht von der Erneuerung des Klosters Ettenheim cum consilio supradicti gloriosi regis Pippini et consensu omnium amicorum principumque eius (Schmid Karl, Oexle Otto Gerhard, Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, in: Francia 2, 1974, 71-122, hier S. 107; Regesta Alsatiae aevi Merovingici et Karolini 496-918. I: Quellenband, hg. von Albert Bruckner, 1949, Nr. 193 S. 118). Es besteht die begründete Annahme, dass ein Zusammenhang zwischen der Anwesenheit dieser "Freundschaft" und dem Gebetsbund der Synode von Attigny vorliegt (Hauck, ebd., S. 88-89 und Anm. 284; s. unten).
[10] Verlorenes Original. Überlieferung: Abschrift des 10. Jahrhunderts im Liber aureus Prumiensis fol. 2a-4a (Faksimile S. 15-19 in: Das "Goldene Buch" von Prüm. Faksimile, Übersetzung der Urkunden, Einband, hg. im Auftrag des Geschichtsvereins "Prümer Land" e. V., Nolden Reiner, Trier, 1997). Drucke in Auswahl: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: MGH Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 16 S. 21-25; Beyer Heinrich, Urkundenbuch der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien, Coblenz, 1860, Neudruck Aalen, 1974, Nr. 16 S. 19-22; deutsche Übersetzung: Nolden, ebd., Nr. 4 S. 254-257. Vgl. Wampach Camille, Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, 1, Luxemburg, 1935, Nr. 26 S. 29; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966, Nr. 95 S. 48-49; Oelsner Ludwig, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Leipzig, 1871, S. 357-358.
[11] Es könnte sich um das heutige Treis (Gemeinde Treis-Karden, Rheinland-Pfalz, Lkr. Cochem-Zell) handeln (Heinzelmann Josef, Der Weg nach Trigorium… Grenzen, Straßen und Herrschaft zwischen Untermosel und Mittelrhein im Frühmittelalter sowie Halfer Manfred, Trigorium. Namenkontinuität im Rhein-Mosel-Dreieck, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 21, 1995, S. 9-132 und 133-151.
[12] Der diesjährige militärische Erfolg Pippins gegen den aquitanischen Herzog Waifar (Oelsner, wie Anm. 10, S. 350-352) erklärt vermutlich die Solennität der Prümer Urkunde (Hauck, wie Anm. 9, S. 89-90).
[13] Rheinland-Pfalz, Lkr. Bitburg-Prüm.
[14] […] infra terminos Bidense atque Ardinne […]: siehe Manfred van Rey, Die Lütticher Gaue Condroz und Ardennen im Frühmittelalter. Untersuchungen zur Pfarrorganisation, in: Rheinisches Archiv 102, Bonn, 1977, S. 153 und Karte 4.
[15] […] de congregatione domni Romani et Vulframni episcoporum […]: Bischöfe von Meaux und Äbte vom dortigen Kloster Saint-Faron.    
[16] In Wirklichkeit handelt es sich um eine Neugründung, da das Kloster schon 721 durch Bertrada und ihr Sohn Charibertus, zukünftiger Schwiegervater Pippins, gestiftet wurde (Das "Goldene Buch" von Prüm, fol. 82a-83a, S. 177-179, 252-253).
[17] Karosgau, Moselgau, Bidgau/Bitgau, Eifelgau, Ribuarien, Speyergau, Lommegau.
[18] Die manchmal vertretene Deutung des Textes, wonach die zukünftigen Äbte aus der Kongregation von Romanus und Vulframnus von Meaux gewählt werden sollen, ist widerlegt worden (vgl. Wagner Wolfgang Eric, Zum Abtswahlprivileg König Pippins für das Kloster Prüm von 762, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 57, 2001, 149-156).
[19] MGH Conc. II/1, wie Anm. 4, S. 72-73. Von diesem Konzil besitzen wir heute nur noch eine noch im 8. Jahrhundert angefertigte Abschrift des Textes der Gebetsverbrüderung, die zwischen den anwesenden Bischöfen und Äbten mit Namen und Sitz abgeschloßen wurde. Die Reihenfolge der Namen stimmt wahrscheinlich nicht mit der des Originals überein. Dazu Hartmann, wie Anm. 4, S. 79-81; Fichtenau Heinrich, Die Reihen der Zeugen und Konsentienten (Heinrich Fichtenau, Beiträge zur Mediävistik. Ausgewählte Aufsätze, 3: Lebensordnungen - Urkundenforschung - Mittellatein, Stuttgart, 1986, 41 ff. (= Palaeographica, diplomatica et archivistica. Studi in onore du Giulio Battelli - Storia e letteratura 140/2, Roma, 1979), S. 176-177; Ewig Eugen, Saint Chrodegang et la réforme de l'église franque, in: Beihefte der Francia 3.2, 1979, 232-253: Spätantikes und Fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften (1952-1973), hg. von Atsma Hartmut, 2. Band [= Saint Chrodegang. Communications présentées au colloque tenu à Metz à l'occasion du XIIe centenaire de sa mort, 1967, 25-53], hier S. 240-242; de Clercq, wie Anm. 5, S. 143; Oelsner, wie Anm. 10, S. 361-363, 366; Werminghoff Albert, Verzeichnis der Akten fränkischer Synoden, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 24, 1899, 457-462, hier S. 469.
[20] Der Text ist nicht datiert, aber seit Oelsner, wie Anm. 10, Exkurs II S. 474-477, ist das Jahr 762 von der Forschung als wahrscheinlich übernommen worden. Siehe auch oben Anm. 9.
[21] Noyon (wie Anm. 2).
[22] Duchesne L., Fastes épiscopaux de l'ancienne Gaule, III: Les provinces du Nord et de l'Est, Paris, 1915, S. 99-102, 105; MGH Scriptorum XIII, Hannover 1881, Neudruck 1963, S. 383, 571 hg. von O. Holder-Egger; Gallia Christiana 9, Paris, 1751, Sp. 986.
[23] Einer der Adressaten eines päpstlichen Briefes, der wahrscheinlich im Mai 748 geschrieben wurde (MGH Epistolae selectae 1, 1916, Berlin, Nachdruck 1989 München, Nr. 82 S. 182).    
[24] In der Liste der fränkischen Bischöfe, die am Laterankonzil teilnehmen, wird Giselbertus (Gislabertus) als letzter genannt (MGH Conc. II/1, S. 75. Vielleicht kann daraus gefolgert werden, dass er noch nicht lange das Bischofsamt bekleidete. Vgl. Marilier, wie Anm. 8, S. 25-26).

17.08.2013