O A T A C H A R

bayerischer Großer, urkundlich erwähnt im Jahr 769

Von einer Italienreise zurückkehrend[1], verweilte Bayernherzog Tassilo III. 769 in Bozen[2], wo er im Beisein und mit Konsens bayerischer Großen[3], darunter Oatachar[4], Abt Atto[5] und seiner Peterskirche den Ort Innichen[6], auch Campo Gelau[7] genannt, mit dem Auftrag dort ein Kloster zu errichten, zu dessen Unterhalt beizutragen und die dort wohnenden noch ungläubigen Slawen zu bekehren[8]. Die Grenzen des Schenkungsgebietes werden angegeben[9], im Westen der Bach Tesido[10], im Osten das Bächlein am Berge Anras[11].


[1] Vermutlich begab sich 768/769 der bayerische Herzog in Begleitung seiner Richter und Optimaten nach Rom, um mit dem Papst zu ver- handeln (Jahn Joachim, Ducatus Baiuvariorum, in: Monographien zur Geschichte des Mittelalters 35, Stuttgart 1991, S. 393).
[2] [...] Actum in Bauzono rediente de Italia [...]: Bolzano/Bozen, Italien, Landeshauptstadt Südtirols, einer autonomen Provinz in Italien (regione Trentino-Alto Adige). Erste Erwähnung in einer Urkunde.
[3] [...] cum consensu optimatum Baiouarorum ... coram iudicibus atque optimatibus meis [...]. In der Zeugenliste stehen nacheinander: Alizzeo, Reginwolf, Cundheri, Drutmunt, Pillunc, Oatachar, Hliodro, Crimperht, Papo, Hariperath, Kislolt, Jubeanus, Alim episcopus. Zu diesen bayerischen Adeligen, siehe Zöllner Erich, Der bairische Adel und die Gründung von Innichen, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 68, Graz-Köln, 1960, 362-387, hier S. 369-384 oder in: Wege der Forschung 60. Zur Geschichte der Bayern, hg. von Karl Bosl, Darmstadt, 1965, 135-171, hier S. 145-168).
[4] Weissensteiner Johann, Tegernsee, die Bayern und Österreich. Studien zu Tegernseer Geschichtsquellen und der bayerischen Stammessage. Mit einer Edition der Passio secunda s. Quirini, in: Archiv für österreichische Geschichte 133), Wien, 1983, S. 50 hält die Gleichsetzung des Oatachar der Gründungsurkunde "fast zwingend" mit dem Stifter Otakarius [der aber richtig den Namen Otkarius trägt, siehe Artikel], Bruder des ersten Tegernseer Abtes, Bemerkung, die Jahn (wie Anm. 1, S. 463) übernimmt. Diese Identität wird wenn auch manchmal zögernd für wahrscheinlich gehalten (Zöllner, wie Anm. 3, S. 378 oder 157; Ders., Zur Bedeutung der älteren Otakare für Salzburg, St. Pölten und Wien, in: Neues Jahrbuch Adler, 3. Folge, 1. Band, 1945/46, Wien 1947, 7-32, hier 7 ff.; Holzfurtner Ludwig, Gründung und Gründungsüberlieferung. Quellenkritische Studien zur Gründungsgeschichte der bayerischen Klöster der Agilolfingerzeit und ihrer hochmittelalterlichen Überlieferung, in: Münchener historische Studien. Abteilung Bayerische Geschichte XI, Kallmünz, 1984, S. 180-181; Dequin Horst F. E., Otakar, Gegenspieler und Getreuer Karls des Großen. Personengeschichtliche und genealogische Beiträge zur Reichsgeschichte von den Merowingern bis zu  den Ottonen, Westerhorn in Holstein 1996, S. 12). Trotzdem muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um zwei verschiedene Namen handelt (Oatachar = aud/wakar, Otkar = aud/gair); aber schon Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Nachdruck München 1966, Sp. 201-203 bemerkte, dass "bei diesem n. [Oatachar]sind stets Audo-gar und Audo-hari zu vergleichen".
[5] [...] Attoni abbati ad ecclesiam sancti Petri apostolorum principis seu ceterorum sanctorum apostolorum atque martyrum [...]: Die Lage des 763 gegründeten Klosters Scharnitz kann nicht genau ermittelt werden, vermutlich im Mittenwald in Oberbayern, Lkr. Garmisch-Partenkirchen. Nach der Gründungsphase, etwa 764/66, wurde es nach Schlehdorf am Kochelsee verlegt (Lkr. Tölz-Wolfratshausen). Zu diesem Kloster, siehe Jahn, wie Anm. 1, S. 408-423.
[6] [...] dono atque transfundo locum nuncupantem India quod vulgus Campo Gelau vocantur [...]: Innichen (auf italienisch San Candido) liegt im Südtiroler Pustertal in Italien. Die Gemeinde (Provinz Bozen) grenzt im Osten und Norden an Österreich. Zu Innichen, siehe z. B. online Thomas Käfer, Die Gründung Innichens und dessen Bedeutung für Handel, Verkehr und Politik im frühen Mittelalter, Wien (Univ., Dipl.-Arb.) 2009.
[7] Toblacher Feld (vgl. Kühebacher Egon, Die freisingische Herrschaft Innichen/La Signoria di Freeising, in: Der Innichner. Informationsblatt der Marktgemeinde Innichen. Bollettino d'informazione del Comune di San Candido, Sonderausgabe Nr. 34, September/Settembre 2007, S. 12-13).
[8] Original verloren. Überlieferung: Cozroh-Codex, ab 824 in das Traditionsbuch kopiert, online: Bayerische Landesbibliothek. Digitale Bibliothek: Cozroh-Codex fol. 73 r+v. Drucke in Auswahl:    Die Traditionen des Hochstifts Freising 1, hg. von Bitterauf Theodor, in: Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte NF 4, München 1905, Neudruck Aalen, 1967, Nr. 34 S. 61-62; Sparber A., Zur ältesten Geschichte Innichens, in: Der Schlern Zeitschrift für Heimat- und Volkskunde 29, Bozen 1955, 54-63, 285 mit Textedition und Übersetzung S. 56-58. Vgl. auch die Literaturangaben von Jahn, wie Anm. 1, S. 423 Anm. 178.
[9] [...] a rivo quae vocatur Tesido usque a terminos Sclauorum, id est ad rivolum montis Anarasi [...]. "In heutigen geographischen Identifikationen gesprochen, handelte es sich also um das Pustertal mit den dazu gehörenden Seitentälern zwischen Welsberg (Monguelfo) und dem Berge Anras" (Jenal Georg, Die geistlichen Gemeinschaften in Trentino - Alto Adige bis zu den Gründungen der Bettelorden, S. 309-370, in: Atti della Accademia Roveretana degli Agiati 235, 1985, VI, Rovereto 1986, hier S. 311-312). 
[10] Vermutlich der mitten durch das Dorf Taisten (Ortsteil der Gemeinde Welsberg-Taisten, ital. Monguelfo-Tesido) fließende Seitenbach des Gsierer Baches (Zufluss der Rienz bei Welsberg): vgl. Kühebacher, wie Anm. 7, S. 12).
[11] Der Erlbach oder vielleicht der Wilfernerbach, s. Kühebacher, ebd.

06.08.2014