G A W I B A L D U S[1]

Bischof von Regensburg 739 - 743 ...

In einem Brief vom 29. Oktober 739[2] über die Organisation[3] der Kirche in Bayern schreibt Papst Gregor III., Bonifatius habe ihm mitgeteilt, dass bei seiner Ankunft das Bayernvolk keine Bischöfe im Land außer dem einen Vivilo[4] gehabt hätte[5], dass er drei weitere Bischöfe geweiht und die provinciam Baguariorum in vier parrochias[6] geteilt hat, sodass jeder Bischof seinen Sprengel hat. Bonifatius' Biograf Willibald[7] spricht auch anlässlich des Aufenthaltes des Bonifatius in Bayern von Zerstörern der Kirchen und Verderbern des Volkes in Bayern, von denen sich einige schon seit Langem fälschlich das Bischofsamt angemaßt hätten sowie von einer Teilung des Bayernlandes in vier Sprengel[8], denen Bonifatius vier Bischöfe[9] vorsetzte. Johannes[10] empfängt den bischöflichen Stuhl von Salzburg, Erembercht Freising und Gaibald[11] qui ecclesie civitatis Reginae[12] pastorale excubitoris subiit magisterium[13].
Bei der militärischen Auseinandersetzung zwischen den fränkischen Hausmeiern und dem bayerischen Herzog Odilo im Jahr 743 wird Gauzebaldus episcopus nach der Entscheidungsschlacht am Lech mit dem von den Franken gefangen genommenen missus des Papstes Sergius presbiter vor die Hausmeier geführt[14].
Arbeo von Freising schildert in seiner um 765 verfassten Vita Haimhrammi[15] die Translation des hl. Emmeram[16] von seiner ersten Grabstätte in der Georgskapelle in das von Bischof Gawibaldus errichtete Grab[17] in der neuerbauten St. Emmeramskirche.
Es gilt als gesichert, dass Bonifatius dem Regensburger Bischof ein Sakramentar[18] übergab, in dem bedeutende Nachrichten über das Herzogshaus eingetragen wurden[19].
Laut Nekrologeintrag[20] ist Gaubaldus an einem 23. Dezember gestorben. Einige Bischofslisten geben ihm ein Episkopat von 24 Jahren[21].


[1] Gaibald, Gauzebaldus, Gawipaldus, Cawibaldus, Gaubaldus, Geupaldus. Der Name erlaubt die Annahme, dass Gawibaldus mit der bayerischen Herzogsfamilie verwandt war. Siehe auch unten Anm. 14.
[2] Rau Reinhold, Briefe des Bonifatius (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe IVb), Darmstadt, 1968, Nr. 45 S. 128-133 (lat./dt.); MGH Epist. sel. I, S. 71-74.   
[3] Die Verhältnisse in Bayern vor 739 sind unklar . Dazu Jahn Joachim, Ducatus Baiuvariorum. Das bairische Herzogtum der Agilolfinger (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 35), 1991, S. 136-141; Reindel Kurt, Die politische Entwicklung, in: Spindler Max, Handbuch der bayerischen Geschichte. I: Das alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts (B. Grundlegung: Das Zeitalter der Agilolfinger, - bis 788), München, 1967, S. 166-167. Siehe Zacharias' Brief an die Bischöfe an die episcopis in provincia Baioariorum et Alamannia constitutis von vermutlich 738, wie unten Anm. 5. Die neuere Forschung tendiert zu der Meinung, dass Bonifatius 739 mehr als "corrector der Organisationsstruktur der bayerischen Kirche" als ihr Organisator anzusehen ist (s. Freund Stephan, Von den Agilolfingern zu den Karolingern. Bayerns Bischöfe zwischen Kirchenorganisation, Reichsintegration und Karolingischer Reform 700-847 [Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 144], 2004, S. 55-68, hier S. 62. Groll Thomas, Bischof Sintpert in seiner Zeit [Symposion des Akademischen Forums in Verbindung mit dem Verein für Augsburger Bistumsgeschichte zu 1200 Jahre: Heiliger Simpert und Mariendom zu Augsburg, 2007]  [Freundliche Mitteilung der Bischöflichen Pressestelle Augsburg und des Akademischen Forums der Diözese Augsburg], S. 8, spricht von einer Diözesenumschreibung). Ein capitulare des Papstes Gregor II. ausgestellt am 15. Mai 716, hatte schon die Einrichtung einer geordneten Kirchenprovinz in Bayern geplant (MGH Legum 3, S. 451-454). Dieser Versuch scheiterte wahrscheinlich am Tode des Herzogs Theodo. Dazu Dopsch Heinz, Schriftliche Quellen zur Geschichte des heiligen Rupert, in: Hl. Rupert von Salzburg. 696-1996. Katalog der Ausstellung im Dommuseum zu Salzburg und in der Erzabtei St. Peter 16. mai 1996 - 27. Oktober 1996, unter Mitarbeit von Reinhard Gratz und Adolf Hahnl hg. Petrus Eder und Johann Kronbichler, Salzburg, 1996, S. 81-82; Jahn, ebd., S. 72-75, 98-99; Wolfram Herwig, Die Zeit der Agilolfinger - Rupert und Virgil, in: Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. I: Vorgeschichte - Altertum - Mittelalter. I. Teil, hg. Heinz Dopsch, Salzburg, 1981, S. 134-135; Ortner Franz, Salzburgs Bischöfe in der Geschichte des Landes (696-2005) (Wissenschaft und Religion. Veröffentlichungen des Internationalen Forschungszentrums für Grundfragen der Wissenschaften Salzburg, hrsg. von Hans Paarhammer und Alfred Rinnerthaler, 12), 2005, S. 12, 38. Vogel Lothar, Bayern und Rom im frühen achten Jahrhundert. Über die römischen Synodalakten von 721 und das päpstliche Kapitular von 716 zur Einrichtung einer bayerischen Kirchenprovinz (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 63, 2000, 369-413), betrachtet das capitulare des Papstes Gregor. II als Fälschung, was Glatthaar Michael, Bonifatius und das Sakrileg. Zur politischen Dimension eines Rechtsbegriffs (Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 17), 2004 , S. 77-78 Anm. 2 verwirft.   
[4] Laut Brief ist Vivilo schon früher von Gregor III. geweiht worden.
[5]Das will wohl heißen, dass die anderen in Bayern tätigen Bischöfe nicht von Bonifatius anerkannt wurden. (s. die Adressaten des päpstlichen Schreibens von wahrscheinlich 738: Rau, wie Anm. 2, Nr. 44 S. 126-129 lat./dt.; MGH Epist. sel. I, Nr. 44 S. 70-71; s. Jakobs Hermann/Büttner Heinrich, Provincia Maguntinensis, pars IV : S. Bonifatius, archidioecesis Maguntinensis, abbatia Fuldensis [Germania Pontificia. Regesta pontificum Romanorum 4], 1978, Nr. 34 S. 16-17 mit weiteren Angaben zur Literatur).
[6] Dies sei mit Zustimmung Herzogs Odilo geschehen (hierzu s. die zweifelnden Bemerkungen von Jahn, wie Anm. 3, S. 165-170). Von einer tatsächlichen Gliederung Bayerns in vier Diözesen kann sicherlich nicht gesprochen werden; in den 70er und 80er Jahren gab es noch fünf oder sechs bayerische Bischöfe, und ob es schon festgelegte Sprengel gab, muss dahin gestellt bleiben (Jahn, ebd., S. 165-172; Wolfram, wie Anm. 3, S. 135. Später kamen noch Neuburg und Säben hinzu).   
[7] Rau, wie Anm. 2, c. 7 S. 502-503 (lat./dt.); MGH SS rer. Germ. [57], S. 38. Diese Vita wurde um die Jahre 760 zwischen 754 und 768 verfasst. Dazu Rau, ebd., S. 452; Weinfurter Stefan, Die Geschichte der Eichstätter Bischöfe des Anonymus Haserensis. Edition-Übersetzung-Kommentar (Eichstätter Studien. NF 24), 1987, S. 108 Nr. 27; Werner Matthias, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger (Vorträge und Forschungen, Sonderband 28), 1982, S. 295-296 und Anm. 228; Jäschke Kurt-Ulrich, Bonifatius und die Königssalbung Pippins des Jüngeren (Archiv für Diplomatik 23, 25-54), 1977, S. 32-34. Willibald kannte sicher die Briefe des Bonifatius, und dessen Nachfolger als Mainzer Bischof Lul "scheint auf die Stoffauswahl erheblichen Einfluss genommen zu haben" (Schieffer Rudolf, Artikel "Willibald von Mainz", in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 10, Berlin-New York, 1999, Sp. 1154-1156; Glathaar, wie Anm. 3, S. 307).
[8] Die Gründung der kanonischen Bischofssitze in Bayern hat in den Quellen des Landes kein historiografisches Echo gefunden, wurde sie doch durch eine ältere und vor Bonifatius zurückreichende Tradition verdrängt (s. Literatur bei Jahn, wie Anm. 3, S. 164-166 und Anm. 202).
[9] Willibald gibt nur drei Namen an. Der vierte, der Bischof von Passau, der hier nicht genannt wird, ist Vivilo, der schon früher von Gregor III. geweiht wurde (s. oben Anm. 4). Vivilo war Bischof in Bayern seit 731/736, wahrscheinlich schon von Passau vor 739. Dazu Glatthaar, wie Anm. 3, S. 54-57 und Anm. 167 und nicht erst in diesem Jahr (Schipperges Stefan, Bonifatius ac socii eius. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung des Winfrid-Bonifatius und seines Umfeldes [Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 79], 1996, S. 156-157; Jahn, wie Anm. 3, S. 120-121, 157-158, 572).
[10] Es fällt auf, dass ungefähr zur selben Zeit Bischöfe gleichen Namens in Alemannien und in Bayern wirkten, ein Johannes in Konstanz, Sidonius in Passau und in Konstanz (s. Jahn, wie Anm. 3, S. 142 Anm. 81).
[11] Es muss offenbleiben, ob er vor seiner Erhebung bereits die Würde eines Abtes von St. Emmeram bekleidet hat (Janner Ferdinand, Geschichte der Bischöfe von Regensburg, 1, Regensburg, New York, Cincinnati, 1883, S. 75; Hausberger Karl, Geschichte des Bistums Regensburg. I. Mittelalter und frühe Neuzeit, Regensburg, 1989, I, S. 32, II, S. 278 Anm. 3). Möglicherweise war Gaibald ein Angehöriger des agilolfingischen Herzogshauses (Jahn, wie Anm. 3, S. 398; siehe oben Anm. 1).
[12] Regensburg, Haupstadt des bayerischen Herzogtums.
[13] Die Versus De ordine conprovincialum pontificum (MGH SS XIII, S. 351-352), ein in Versform im 9. Jahrhundert aufgezeichneter Katalog der Bischöfe der Salzburger Kirchenprovinz, nennt als ersten Bischof von Regensburg und Vorgänger des Cawipaldus einen Wicterpus. Dieser ist aber von einigen Forschern aus der Bischofsliste gestrichen worden. Er würde seine Existenz einer Verwechslung verdanken. Arnold von St. Emmeram erwähnt im 11. Jahrhundert in seinen Libris de S. Emmerammo eine Schenkung des bayerischen Herzogs Hucbertus (sein Nachfolger Odilo wird 736 Herzog, s. Jahn, wie Anm. 3, S. 125) zugunsten beato Georgio et sancto Emmerammo sub quodam Rathario adventitio episcopo (MGH SS IV, S. 549). Dieser Bischof adventitius wird sonst nicht angeführt (s. Reindel, wie Anm. 3, S. 148-149; Frank Hieronymus, Die Klosterbischöfe des Frankenreiches [Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinerordens17], 1932, S. 155-156).
[14] Annales Mettenses priores, S. 34. Zu diesen Auseinandersetzungen, s. Jahn, wie Anm. 3, S. 186-192.
[15] Vita Haimhrammi, ed. Bruno Krusch, MGH SS rer. Germ. in usum scholarum [13], 1920, cap. 35 S. 62; Sepp Bernardus, Vita S. Emmerammi authentica auctore Arbeone ep. Frisigensi (Analecta Bollandiana 8, 1889, 246-247). Dazu Peter Morsbach und Peter Ochsenheim in: Ratisbona sacra. Das Bistum Regensburg im Mittelalter. Ausstellung anläßlich des 1250jährigen Jubiläums der kanonischen Errichtung des Bistums Regensburg durch Bonifatius 739-1989. Diözesanmuseum Obermünster Regensburg, 2. Juni bis 1. Oktober 1989, München-Zürich, 1989, S. 44-45, Franz Fuchs, S. 74-75; Jahn, wie Anm. 3, S. 38, 47.
[16] Zu Emmeram, s. Ratisbona sacra, wie Anm. 15, S. 42-43.
[17] Siehe Franz Fuchs, in: Ratisbona sacra, wie Anm. 15, S. 74-75; Jahn, wie Anm. 3, S. 38, 47.
[18] Wolfgang Schmidt und Klaus Gamber, in: Ratisbona sacra, wie Anm. 16, S. 45-46 und 71-73.
[19]Siehe Jahn, wie Anm. 3, S. 155-157.
[20] Nekrolog von St. Emmeram: Gaubaldus eps Radasponensis pię memorię (MGH Libri memoriales et Necrologia, NS III, S. 201).
[21] 13. und 14. Jahrhundert (MGH SS XIII, S. 359).

22.06.2011