H A D E L O G A[1]

Äbtissin von Kitzingen im 8. Jahrhundert (?)

Der Name der Heiligen Hadeloga[2] "ist eng verknüpft mit den sagenhaften Anfängen der Klosters"[3] Kitzingen[4]. Bekannt ist sie durch nur ihre Vita[5], deren erste Fassung wohl aus dem 12. Jahrhundert stammt[6], und einem unechten Diplom[7], das sich als am 10. Mai 1012 von Bischof Heinrich von Würzburg ausgefertigt ausgibt[8].
Der Überlieferung nach war Hadeloga[9] eine Tochter von Karl Martell[10]. Sie gelobte schon früh Jungfräulichkeit und wurde deshalb von ihrem Vater verstoßen. Mit Hilfe eines Hofkaplans gründete sie ein Kloster; dort wurde sie die erste Äbtissin[11]. Nach Jahren söhnte sie sich mit ihrem Vater[12] aus, der das Kloster reich beschenkte.


[1] Adeloga, Hadalagia, Hadelonga.
[2] Obwohl Hadeloga nicht vor dem 12. Jahrhundert und noch dazu in sehr diskutablen Quellen belegt ist, muss diese Überlieferung nicht unbedingt verworfen werden. Die Erinnerung an eine Person dieses Namens - oder eines ähnlichem Namens - in Verbindung mit Kitzingen kann mündlich weitergegeben worden sein. Eine Verschreibung des Namens Hruadlaug, die 762/763 als Äbtissin urkundlich bezeugt ist, kann meines Erachtens nicht ausgeschloßen werden (Büll, Franziskus, Das Monasterium Suuarzaha [Münsterschwarzacher Studien, 42], Münsterschwarzach, 1992, S. 341-342; Stengel, Edmund E., Urkundenbuch des Klosters Fulda, 1 [Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen und Waldeck, X,1], Marburg, 1958, Nr. 39 S. 66-68; vgl. Petzolt, Helmut, Abtei Kitzingen, Gründung und Rechtslage [Jahrbuch für fränkische Landesforschung, 15, Kallmünz, 1955, 69-83], S. 72 Anm. 17, der die Gleichsetzung ablehnt).
[3] Das zeitlich früheste Zeugnis des Klosters Kizinga (Chizzinga) befindet sich in der vermutlich Ende des 8. Jahrhunderts verfassten Vita Sturmi des Eigil (Engelbert, Pius, Die Vita Sturmi des Eigil von Fulda. Literarisch-historische Untersuchung und Edition [Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck, 29], Marburg, 1968, S. 146; dazu Arnold, Klaus, Kitzingens Anfänge. Die erste Erwähnung in der "Vita Sturmi" des Eigil von Fulda und die Frühzeit des Klosters Kitzingen ["Apud Kizinga monasterium". 1250 Jahre Kitzingen am Main, hrsg. von Helga Walter, Kitzingen, 1995, 15-24], S. 15 Anm. 1, 18-19). Der durch Krankheit gezwungene Aufenthalt Sturmis in Kitzingen kann um 748/749/750 datiert werden (Arnold, ebd., S. 20; Büll, wie Anm. 2, S. 210-211).
[4] Die manchmal vorgeschlagene Vermutung, Kitzingen sei ein mattonisches Sippenkloster gewesen, kann weder bewiesen noch verworfen werden. Dazu Büll, wie Anm. 2, S. 189-190; derselbe, Die Klöster Frankens bis zum 9. Jahrhundert (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, 104, St. Ottilien, 1993, 9-40), S. 19.
[5] Sie ist uns in zwei schriftlichen Überlieferungen bekannt: Die erste in einem Druck der AA. SS. Febr. I, 1658, S. 307-309, die zweite, als Auszug aus der ersten Redaktion, verfasst im 14. und dokumentiert duch eine Abschrift des 16. Jahrhunderts: Engel, Wilhelm, Zur Vita der heiligen Hadeloga von Kitzingen (Würzburger Diözesangeschichtsblätter, 11/12, Würzburg, 1949/1950, 209-212), S. 211-212. Dazu Petzolt, wie Anm. 2, S. 69-72.
[6] Die Vita wird allgemein als legendarisch eingestuft. Es wird aber allgemein an der Existenz einer Hadeloga (s. oben Anm. 2) in Verbindung mit Kitzingen festgehalten (Bigelmair, A., Hadeloga, in Lexikon für Theologie und Kirche, 4, Freiburg, 1960, Sp. 1424-1425; Pycke, J., in Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques, 22, Paris, 1988, col. 1425-1426).
[7] "Die im 13. Jahrhundert auf Heinrichs Namen gefälschte Urkunde, angeblich vom 10. Mai 1012, für die Abtei Kitzingen entbehrt wohl jeder echten Grundlage" (Wendehorst, Alfred, Das Bistum Würzburg. I: Die Bischofsreihe bis 1254 [Germania Sacra, NF 1: Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz], Berlin, 1962, S. 85). Sie erwähnt beate memorie Hadelogis, filia Karoli magni.
[8] Staatsarchiv Residenz-Nordflügel Würzburg, Würzburger Urkunden 5192. Vgl. Regesta sive Rerum Boicarum Autographa, 1, München, 1822, S. 65; Petzolt, wie Anm. 2, S. 73 und Anm. 18. Da es laut Bayerischem Staatsarchiv (freundliche Mitteilung vom 14.08.2008) von ihr keinen Vollabdruck gibt, findet der Leser eine Kopie der Urkunde am Ende dieses Artikels.
[9] Dass die Gräber der Hadeloga und des Schäfers Kitz im 15. und 16. Jahrhundert in der Klosterkirche noch bewahrt und verehrt wurden (s. Arnold, wie Anm. 3, S. 21-22) beweist meines Erachtens nichts, da die Geschichte des  Hirtes Kuccingus, der dem Kloster seinen Namen gab, als Legende anzusehen ist.
[10] Dieser Topos der karolingischen Abkunft diente in der allgemeinen hagiographischen Geschichtsschreibung zur Glorifizierung ihrer Helden oder Heldin (Petzolt, wie Anm. 2, S. 71-72). In der oben genannten bischöflichen Urkunde ist  Hadeloga eine Tochter Karls des Großen geworden.
[11] Die wenig wertvoll später in Mainz verfasste Vita (quarta) Bonifatii und die Neuredaktion der Biografie des Mönches Otloh aus dem 11. Jahrhundert (MGH SS rer. Germ. [57], Hannover u. Leipzig, 1905, S. 95, 138) bringen Tecla, eine Landsmännin und Mithelferin des Bonifatius, in Verbindung mit Chizzingun/Kizzingun, ohne dass man genau sagen kann, welche Stellung sie in diesem Kloster einnahm (dazu Arnold, wie Anm. 3, S. 16-17; Büll, wie Anm. 2, S. 211-213; Petzolt, wie Anm. 2, S. 73-76. Nach Böhne, W., Thekla, in Lexikon für Theologie und Kirche, 10, Freiburg, 1965, Sp. 18 wurde sie um 750 als Nachfolgerin von Hadeloga Äbtissin von Kitzingen).
[12] Karl Martell ist 741 gestorben.

25.01.2010


Staatsarchiv Residenz-Nordflügel Würzburg, Würzburger Urkunden 5192