C H R O D E B E R T U S[1]

Graf (dux) (im Haspengau), bezeugt im Jahr 741

Die im 8. Jahrhundert verfasste[2] Vita des Bischofs Eucherius von Orléans[3] berichtet, dass Karl Martell den Bischof zuerst in Köln, dann in loco vocabulo Hasbanio[4] Chrodeberto[5] duce[6] verbannte. Eucherius soll im Kloster St. Trond/St. Truiden[7] im sechsten Jahr[8] seines Exils verstorben und auch dort beerdigt worden sein[9].
Am 08. April 741[10] in Kortessem[11] schenkt Graf Rotbertus[12], Sohn des verstorbenen Lantbertus, der basilica[13] sancti Petri et sancti Trudonis[14] … in uilla Sarchinnio[15] constructa geleitet regulariter[16] durch Abt Grimo[17] den Besitz von Donk[18] in pago Hasbaniensę[19] et Masuarinsę[20] mit der dort von ihm erbauten Kirche und die Güter[21] in Halen[22], Schaffen[23], Velpen[24] und Meerhout[25].
Der Nachweis einer Personengleichheit dieses Grafen Rotbertus mit einem oder mehreren Trägern dieses Namens, die im 8. Jahrhundert bezeugt sind, ist nicht mit Sicherheit zu erbringen[26].
Die Ende des 12. Jahrhunderts verfasste zweite Fortsetzung der Gesta abbatum Trudonensium[27] erwähnt, dass Rotbertus, dux Hasbaniae und seine Gattin in der Klosterkirche von Saint-Trond beerdigt worden seien.


[1] Rotbertus, Robertus.
[2] Vita Eucherii episcopi Aurelianensis: MGH SS rer. Merov. 7, S. 41-53, hier S. 49-52; vgl. Werner Matthias, Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 62], 1980, S. 185-186 und Anm. 8.
[3] Die Debatte über die Lebensdaten des Eucherius hängt von der Auslegung einer Stelle der Vita (c. 8 und 9 S. 49-50) ab. Diese berichtet, dass Karl Martell, nachdem er die Araber, die Aquitanien überfallen hatten, geschlagen hat, dem Bischof befahl ihm nach Paris und dann nach Ver zu folgen, bevor er ihn zuerst nach Köln, dann nach Saint-Trond ins Exil schickte. Dieses Ereignis ist nicht mit absoluter Sicherheit zu datieren, meistens Ende 732, aber das Jahr 737 wäre auch möglich (dazu Dierkens Alain, Carolus monasteriorum multorum eversor et ecclesiasticarum pecuniarum in usus proprios commutator? Notes sur la politique monastique du maire du palais Charles Martel [Beihefte der Francia 37. Karl Martell in seiner Zeit, hg. Jörg Jarnut, Ulrich Nonn und Michael Richter, unter Mitarbeit von Matthias Becher und Waltraud Reinsch, Sigmaringen, 1994, 279-294), S. 280-281 Anm. 26; Eugen Ewig, Milo et eiusmodi similes [Beihefte der Francia 3.2, 1979. Spätantikes und Fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften 1952-1973, hrsg. von Atsma Hartmut, 2, 189-219 = Sankt Bonifatius. Gedenkgabe zum zwölfhundertsten Todestag, Fulda, 1953, 412-440], S. 206 Anm. 92).
[4] Hasbanien/Hesbaye/Haspengau/Haspengouw: zu diesem Großgau im nördlichen Lotharingien, siehe Nonn Ulrich, Pagus und Comitatus in Nierderlothringen. Untersuchungen zur politischen Raumgliederung im früheren Mittelalter (Bonner historische Forschungen 49), 1983, S. 132-143, hier S. 132-136 (heute belgische Landschaft westlich von Lüttich/Liège, Hauptstadt Waremme).
[5] Seine Stellung lässt erkennen, dass er das engste Vertrauen des Hausmeiers besaß und dass "seine Familie unter Karl Martell zur politischen Führungsschicht des mittleren Maasgebiets zählte" (Werner, wie Anm. 2, S. 186). Eine Verwandschaft zum Bischof von Metz Chrodegangus kann weder behauptet noch abgelehnt werden (Werner, ebd., S. 212-214). Ohne in die Debatte der Ursprünge der Robertiner/Kapetiner eingehen zu wollen, sei hier K. F. Werner, Les premiers Robertiens et les premiers Anjou, [IXe siècle - début Xe siècle] (Instrumenta, 14. Karl Ferdinand Werner, Enquêtes sur les premiers temps du principat français [IXe-Xe siècles], Ostfildern, 2004, 251-309), S. 258-260, 291-292 Anm. 51-56 genannt, welcher der Meinung ist, dass Chrodebertus zu der Sippe der "Roberts", die im weitesten Sinn Lütticher Wurzeln haben, gehörte.
[6] Die Quellen bringen keinen sicheren Beweis für das Bestehen eines Dukats Hasbanien (Werner, wie Anm. 2, S. 63 Anm. 24, S. 185-186; Nonn, wie Anm. 12, S. 135-136).
[7] […] in ęcclesia beati confessoris Trudonis […]: Belgien, Prov. Limburg, arr. Hasselt. Obwohl in der Diözese Tongern/Maastricht/Lüttich gelegen, gehörte das Kloster dem Bischof von Metz.
[8] Also um 738 oder 743 (dazu Anm. 3; Dierkens, wie Anm. 3, S. 281-282 Anm. 33; Horst Ebling, Prosopographie der Amtsträger des Merowingerreiches von Chlothar II. [613] bis Karl Martell [741] [Beihefte der Francia 2], München, 1974, S. 116-117 Nr. CXXIX).
[9] Vita, c. 9-10 S. 50-52; dazu Werner, wie Anm. 2, S. 187-188.
[10] Verlorenes Original. Überarbeitete und abweichende Nachzeichnungen des 12. und 13. Jahrhundert (Werner Matthias, Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 62], 1980, S. 184 Anm. 2): Gysseling, M. & Koch, A.C.F., Diplomata Belgica ante annum millesimum centesimum scripta. I: Teksten (Bouwstoffen en Studien voor de Geschiedenis en de Lexicografie van het Nederlands 1), 1950, Nr. 212 S. 360-361. Vgl. Pardessus, Jean-Marie, Diplomata. Chartae, epistolae, leges aliaque instrumenta ad res Gallo-Francicas spectantia, II, Paris, 1849, ND Aalen, 1969, Nr. 562 S. 379 (Fragment); MGH SS X, S. 371. Zum Datum, siehe Heidrich Ingrid, Titulatur und Urkunden der arnulfingischen Hausmeier (Archiv für Diplomatik 11/12, 1965/66, 71-279), S. 158.
[11] Curtriccias: Belgien, Prov. Limburg, arr. Tongres/Tongeren. Dieser Ort ist wahrscheinlich als eine Besitzung des Rotbertus anzusehen (Werner, wie Anm. 2, S. 194).
[12] Es besteht in der Forschung keinen Zweifel daran, dass dieser Graf Rotbertus mit dem Chrodebertus der Vita Eucherii identisch ist.
[13] Weiter im Text sub curione sanctę Marię et sancti Petri et sancti Trudonis…
[14] Es sind nicht dieselben Klosterheiligen wie bei der Gründung. Deswegen wird eine Reform des Klosters unter dem Metzer Bischof Sigibaldus (… 707/708 ? - 741) stattgefunden haben (siehe Werner, wie Anm. 2, S. 79 Anm. 34).
[15] Zerkingen, heute Ortsteil von St. Trond (vgl. Werner, ebd., S. 89-90 und Anm. 87).
[16] Es wird sich um eine unter einer bestimmten Regel lebende Klerikergemeinschaft handeln. Vgl. Josef Semmler, Die Geschichte der Abtei Lorsch von der Gründung bis zum Ende der Salierzeit 764-1125 (Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken ihrer Stiftung 764, I, Darmstadt, 1973, 75-174), S. 77, 140 Anm. 29-30.
[17] Zur gleichen Zeit leitete ein Grimo das Kloster Corbie.
[18] Dungus/Dungo: Belgien, Ortsteil von Herck-la-Ville/Herk-de-Stad, Prov. Limburg, arr. Hasselt. Zu diesem Ort und den Folgenden, siehe Werner, wie Anm. 2, S. 189-194 und die Karte S. 192.
[19] Vgl. Anm. 4.
[20] Zu dieser Bezeichnung, siehe Nonn, wie Anm. 4, S. 92-94; Werner, wie Anm. 2, S. 189-190 Anm. 28.
[21] Die zwei Nachzeichnungen der Urkunde weichen hier voneinander ab (vgl. Werner, ebd., S. 190).
[22] Halon: Prov. Limburg, arr. Hasselt.
[23] Scafnis: Prov. Brabant flamand/Vlaams Brabant, arr. Louvain/Leuven.
[24] Felepa: Gemeinde Halen.
[25] Mareolt/Marholt: Befand sich an der Stelle des heutigen Dorfes Donk, heute Ortsteil von Herck-la-Ville (Prov. Limburg, arr. Hasselt). Dazu Werner, wie Anm. 2, S. 190 Anm. 29.
[26] "Für eine sichere Gleichsetzung Rotberts mit anderen in der Überlieferung faßbaren Personen dieses Namens reicht die jeweilige Grundlage nicht aus", da dieser weitverbreitende Name keineswegs als significant gelten kann (Werner, wie Anm. 2, S. 195-196, der einige Träger dieses Namens vor 741 aufführt; Ebling, wie Anm. 8, S. 115-117). Unter den von Werner genannten wird der inluster  vir Rodbertus  einer Urkunde von  750 von Dierkens, wie Anm. 3, S. 281 mit dem Grafen von 741 identifiziert: Dem Kloster Maroilles (Nord, arr. Avesnes-sur-Helpe, cant. Landrecies) schenkte er Besitz im Hennegau, Schenkung die dann von König Chlothar (III. oder IV. ?) bestätigt wurde. Sollte es sich um König Chlothar IV. (717-? 718) handeln, wäre in Rotbertus ein früher Parteigänger Karl Martells zu sehen (siehe Artikel "Hormungus" Nr. ___). Ein Ruotbertus nimmt an einer Gerichtstagung Karl Martells am 01. Januar 723 teil (Die Urkunden der Arnulfinger, hg. v. Ingrid Heidrich [MGH DD maiorum domus regiae e stirpe Arnulforum], Hannover, 2011, Nr. 12  S. 28-30. Eine Münze des Königs Pippin trägt auf der Rückseite den Namen Erodbertus (= mit Sicherheit Hrodbertus) (18. Juni 2009: www.ogn-numismatique.com, Collection Bernard Chwartz, Monnaies mérovingiennes, carolingiennes ...). Da es wahrscheinlich nicht um einen Münzer handelt sondern um eine wichtige Persönlichkeit, käme natürlich Chrodebertus in Frage. Dieser müsste dann noch nach Pippins Erhebung zum König gelebt haben.
[27] MGH SS X, S. 351. S. Werner, wie Anm. 2, S. 189 und  Anm. 26; Dierkens, wie Anm. 3, S. 282 und Anm. 36-37.

02.07.2010, überarbeitet 28.06.2012