H U G B E R T U S[1]

Pfalzgraf Karlmanns (747),
möglicherweise identisch mit dem Pfalzgrafen Karl Martells (724 ?),
vielleicht mit dem Zeugen einer Urkunde von 741

Der Hausmeier Karlmann schlichtet am 15. August 747[2] in Duna villa[3] auf einer Gerichtssitzung, an welcher die Bischöfe[4] Fenaldus[5], Hildebaldus[6], Hrodericus[7] und Christianus[8], Abt Ermenerus[9] und der Pfalzgraf Hugbertus[10] als Beisitzer teilnehmen, den Streit zwischen dem Abt Anglinus, rector des Klosters Stavelot-Malmédy, und sich selbst über die villa Lierneux[11], die Pippin, sein Großvater, dem Kloster urkundlich geschenkt hatte[12]. Das Kloster erhält den Besitz durch Urteilsspruch zurück[13].
Das Signum inluster vir Hucberto[14] comes palatii[15] steht nach denen von Karlmann und Pippin, Karl Martells Söhne, auf einer der unechten "Gründungsurkunden" des Klosters Reichenau[16], die auf den Namen des Hausmeiers zum Jahr 724[17] im 12. Jahrhundert[18] gefertigt wurden.
Das Signum Huberti[19] befindet sich mit anderen Zeugen in der am 08. April 741 zugunsten des Klosters Sint-Truiden[20] ausgestellten Urkunde[21] des Grafen Rotbertus[22].


[1] Hucbertus.
[2] Datum quod fecit mensis  augustus dies XV, in anno quinto regnante Hilderico rege: Die zeitliche Einordnung zu 747 ist eindeutig, da die Königserhebung Childerichs III. Anfang des Jahres 743 (vor dem 02. März) sicherlich stattgefunden hat (Glatthaar Michael, Bonifatius und das Sakrileg. Zur politischen Dimension eines Rechtsbegriffs, in: Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 17, 2004, S. 140-145; Weidemann Margarete, Zur Chronologie der Merowinger im 7. und 8. Jahrhundert, in: Francia 25/1, 1998, 177-230, hier S. 209-212).
[3] Vielleicht ein Schreibfehler für Dura oder Duria villa = Düren, Nordrhein-Westfalen, Kreisstadt. Siehe Heidrich Ingrid, Synode und Hoftag in Düren im August 747, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 50, 1994, 415-440, hier S. 415-417; Schüssler Heinz Joachim, Die fränkische Reichsteilung von Vieux-Poitiers (742) und die Reform der Kirche in den Teilreichen Karlmanns und Pippins. Zu den Grenzen der Wirksamkeit des Bonifatius, in: Francia 13, 1985, 47-112, hier S. 63 Anm. 119. Heidrichs Auswertung dieser Urkunde für eine gesamtfränkische Synode und einen gesamtfränkischen Hoftag wird aber von Glatthaar, wie Anm. 2, S. 325-328 abgelehnt. Zeitlich gesehen kann es auch nicht die Synode sein, die sicherlich 747 stattfand und auf welcher die Bischöfe Karlmanns Teilreichs eine Ergebenheitserklärung zugunsten Papstes Zacharias unterschrieben.   
[4] […] cum fidelibus nostris id est: Fenaldo, Hildebaldo, Hroderico, Christiano episcopis, et abbate Ermenero et Hugberto comiti palatio nostro vel reliquis quam plurimis, […].
[5] Sollte keine Verschreibung vorliegen, ist Bischof Fenaldus sonst unbekannt.
[6] Bischof Hildebaldus ist auch sonst nicht bekannt. Sollte es sich um eine Verschreibung von Hildigangus, Bischof von Soissons, handeln?
[7] Auch nicht bekannt (siehe Artikel "Hildebaldus" und "Hrodericus").
[8] Es ist öfter vorgeschlagen worden, in Christianus den gleichnamigen Bischof von Amiens sein, der von der Bischofsliste vor dem 748 bezeugten Rimbertus aufgeführt ist. Diese Gleichsetzung scheitert aber wahrscheinlich an der Chronologie (siehe Artikel "Christianus").
[9] Unbekannt. Es ist die latinisierte Form von Ermener/Hermener (Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Neudruck München 1966, Sp. 480).
[10] Siehe unten Anm. 14.
[11] Lethernau: Lierneux, Belgien, Prov. Lüttich/Liège, arr. Verviers (vgl. Baix, wie Anm. 1, S. 54-55; Halkin/Roland, wie Anm. 1, S. 52 Anm. 1).
[12] Deperditum (Heidrich Ingrid, Die Urkunden der Arnulfinger, in: Monumenta Germaniae historica –fortab MGH-, Diplomata maiorum domus regiae e stirpe Arnulforum, Hannover, 2011, Deperdita, Nr. 41 S. 88; Werner Matthias, Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit, in: Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 62, 1980, S. 460-461).
[13] Original verloren. Überlieferung: Chartular des 13. Jahrhunderts, danach die späteren Abschriften. Drucke in Auswahl: Heidrich, Die Urkunden, wie Anm. 12, Nr. 16 S. 36-38; Halkin Jos. et Roland C.-G., Recueil des chartes de l'abbaye de Stavelot-Malmédy, I, Bruxelles, 1909, Nr. 18 S. 51-53; Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica. Diplomata maiorum domus regiae. Diplomata spuria, hg. von Karl A. F. Pertz, in: MGH Diplomatum Imperii I, Hannover, 1872, Neudruck Stuttgart, 1981, Nr. 16 S. 103. Vgl. Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 – fortab BM² -, Nr. 51 S. 25-26; Baix François, Etude sur l'abbaye et principauté de Stavelot-Malmédy. I: L'Abbaye Royale et Bénédictine: Des Origines à l'Avènement de S. Poppon, 1021, Paris-Charleroi, 1924, S. 54-55, 62.
[14] Hugobertus hieß der vor 706 verstorbene Vater der Gemahlin Pippins II. († 714) Plectrudis, der mit dem Bischof Hugbert von Tongern-Maastricht († 727) in verwandtschaftliche Beziehung gebracht wird, wozu es aber kaum wichtige Ansatzpunkte gibt (Werner Matthias, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger, in: Vorträge und Forschungen, Sonderband 28, Sigmaringen, 1982, S. 247-249; Ders., Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit, in: Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 62, 1980, S. 277-278). Die von Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Neudruck München 1966, Sp. 924-925 zusammengestellten Belegen zum Namen hug/berht dokumentieren, dass dieser in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts nicht selten war. Ob also bei dem comes palatii Karl Martells und/oder dem Pfalzgrafen Karlmanns – sieht man hier zwei verschiedene Personen oder möglicherweise dieselben - Anknüpfungspunkte zur Verwandtschaft Plektruds bestanden, ist nicht ersichtlich.    
[15] Heidrich Ingrid, Die urkundliche Grundausstattung der elsässischen Klöster, St. Gallens und der Reichenau in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, in: Vorträge und Forschungen 24 = Die Gründungsurkunden der Reichenau, hg. von Peter Classen, Sigmaringen, 1977, 31-62, hier S. 56-57, ist der Meinung, dass die signa aus einer echten Urkunde entstammen.
[16] Pseudo-Original. Faksimile in: Vorträge und Forschungen, wie Anm. 15, in Tasche (Beschreibung in: Schwarzmaier Hansmartin, Die "Gründungsurkunden" der Reichenau. Das äußere Bild, in: ebd., S. 16-18). Druck in Auswahl: Heidrich, wie Anm. 13, Nr. 34 S. 76-79.    Vgl.  BM² Nr. 37 S. 15.
[17] Actum Ioppilla villa sub die quod fecit mensis aprilis dies viginti V und weiter Data VII Kalendas Maii anno ab incarnatione domni nostri Jesu Christi DCCXXIIII, […]. Heidrich, Grundausstattung, wie Anm. 15, S. 56-57 konnte zeigen, dass die erste Orts- und  Zeitangabe (Actum … ) mit Sicherheit einer echten Vorlage entstammt. Zu Jupille (Jupille-sur-Meuse, Belgien, heute Teil der Stadt Liège/ Lüttich) als Aufenthaltsort des Hausmeiers, siehe Werner, Der Lütticher Raum, wie Anm. 12, S. 453. Das Tagesdatum ist dann der 25. April.
[18] Dazu Schwarzmaier, wie Anm. 16, S. 9 ff.
[19] Hier gelten die gleichen Bedenken wie oben in Anm. 14.
[20] Sint-Truiden/Saint-Trond: Belgien, Provinz Limburg, Bezirk Hasselt.
[21] Original verloren. Überlieferung: abweichende Nachzeichnungen des 12. und 13. Jahrhundert (dazu Werner Matthias, Der Lütticher Raum, wie Anm. 14, S. 184 Anm. 2). Druck in Auswahl: Gysseling M. & Koch A. C. F., Diplomata Belgica ante annum millesimum centesimum scripta. I: Teksten, in: Bouwstoffen en Studien voor de Geschiedenis en de Lexicografie van het Nederlands 1, 1950, Nr. 212 S. 360-361. Das Jahr ist 741, da König Theuderich (IV.) zwischen dem 01. Januar und dem 15. März starb (Weidemann Margarete, Zur Chronologie der Merowinger im 7. und 8. Jahrhundert, in: Francia 25/1, 1998, 177-230, hier S. 230).    
[22] Zu diesem Grafen, siehe Artikel in: www.prosopographie.eu.

18.06.2013