T A T W I N U S

Abt (? von Fritzlar ?) (732/747)

In einem Schreiben[1] an die carissimis filiis[2] Tatuuino [3] et Uuigberto presbiteris[4], Bernhardo et Hiedde, Hunfrido et Stirme[5], dessen Datierung nicht gesichert ist[6], ordnet Bonifatius die Verhältnisse in einem nicht genannten Kloster[7] nach dem Tod des pater noster Uuigbertus[8]. Falls notwendig soll Abt Tatuuinus [9] gefragt und seinen Anweisungen Folge geleistet werden.
In einem anderen Brief[10], der gewisse Züge eines Rundschreibens aufweist[11], informiert Bonifatius 737/738[12] aus Rom seine Getreuen Geppan[13] et Eoban[14], Tatuuino et Uuyigberto[15] et omnibus fratribus ac sororibus über seine Aufnahme beim Papst[16] und seine baldige Rückkehr[17].


[1] Tangl, MGH Epist. sel. I Nr. 40 S. 64-65; Rau, 1968, Nr. 40 S. 118-121 (lat./dt.).
[2] Zu diesen Getreuen des Bonifatius, siehe Schieffer, 1954, S. 172-173.
[3] Ein Erzbischof von Canterbury (731-734) trägt den Namen Tatuini (Beda, Historiam ecclesiasticam gentes Anglorum ", V, c. 23 et c. 24; englische Übersetzung in Whitelook, 1979, S. 741-42, 745-746; vgl. Hahn, 1883, S. 162 und Anm. 1).
[4] Dieses Schreiben beweist das Zusammenleben zweier Mönche dieses Namens in derselben Brüdergemeinschaft, eben dieser lebende Wigbertus presbiter und der im Brief als verstorben genannte pater noster Wigbertus. Von dem Letzteren stehen kaum gesicherte Zeugnisse zur Verfügung. Später wird ein Wigbert als Heiliger verehrt; der Kern der Tradition betrifft einen Angelsachsenmönch, der unter Bonifatius wirkte (siehe unten Anm. 8).
[5] Die Identifizierung dieses Stirme mit dem zukünftigen Abt Sturmi von Fulda ist nur möglich, wenn dieser Brief vor 744 geschrieben wurde (siehe Schmid, 1978, S. 115).
[6] Tangl, S. 64-65 Anm. 2, datiert diesen Brief auf 737/738; aufgrund der Beweisführung von Beumann, 1956, S. 7-12, und Großmann, 1956, S. 235-236, ist eine Umdatierung auf 746/747 vorgenommen worden (vgl. Schieffer, 1954, Nachtrag von 1972, S. 331-332; Wunder, 1969, S. 8-15; Rau, 1968, S. 120 Anm. 4). Da aber der Tod des im Brief genannten pater noster Uuigbertus vielleicht zwischen 732 und 736 eintrat (siehe unten Anm. 8), ist es auch möglich, dass der Brief aus dieser Zeit stammt (siehe Schmid, 1978, S. 114-127; Hahn, 1883, S. 142 Anm. 6).
[7] Bonifatius erwähnt in diesem Schreiben keine bestimmte Brüdergemeinschaft und kennzeichnet seine Getreuen nicht näher. Die Forschung hat im Allgemeinen den Inhalt des Briefes auf das Kloster Fritzlar bezogen (wie z. B., Tangl, MGH Epist. sel. I S. 64; Wand, 1974, S. 56); diese Annahme beruht aber auf Aussagen anderer Quellen (vgl. Schmid, 1978, S. 119-120). Nimmt man an, dass der pater noster Uuigbertus in den Jahren bald nach 732 gestorben (siehe Anm. 6 und 8), so könnte dies der Brief bestätigen und die Lage, die möglicherweise im werdenden Kloster Fritzlar aufgetreten ist, kennzeichnen (Schmid, S. 119-127).
[8] In Anbetracht der Existenz zweier Wigbertus, die unter Bonifatius der gleichen Mönchsgemeinschaft angehörten, die vielleicht beide Angelsachsen waren und deren Funktion und Rang ähnlich wenn nicht gleich waren, spricht viel dafür, dass die Tradition, die nur noch einen Mönch dieses Namens kennt, Schwierigkeiten des Auseinanderhaltens hatte und sie verwechselt, vermischt oder gar vereinigt hat (vgl. Schmid, 1978, S. 124-125). Das von späteren Annalen als Todesjahr des Wigbertus angegebene Jahr 746/747 bezöge sich dann nicht mehr auf den "älteren" Wigbert, der dann zwischen 732 und 736 verstorben sein könnte. Diese Eckdaten ergeben sich aufgrund der Überschrift des Briefes, der Bonifatius schon als archiepiscopus betitelt, und des Jahres in dem Sturmi (vgl. oben Anm. 5) sich nach Hersfeld begibt (zu diesem letzten Datum, vgl. Jäschke, 1971, S. 96-104). Siehe dazu Schmid, 1978, S. 119-127.
[9] Der Text des Briefes erweckt nicht den Eindruck, Tatwinus sei erst als Abt eingesetzt worden. Vielleicht war er gar nicht Abt des Klosters, von dem die Rede ist (Schmid, S. 127 Anm. 113 denkt an Amöneburg); es stellt sich nämlich die berechtigte Frage, weshalb eine Neuorganisation überhaupt notwendig gewesen sei, wenn Tatwinus die Leitung des Klosters Fritzlar nach dem Weggang des Wigbertus nach Ohrdruf übernommen hat (vgl. Schmid, 1978, S. 116; Wunder, 1969, S. 12-13; Wand, 1974, S. 57).
[10] MGH Epist. sel. I Nr. 41 S. 66; Rau, 1968, S. 120-121 (lat./dt.).
[11] Die Frage, ob Bonifatius seine ersten klösterlichen Niederlassungen nicht als eine zusammengehörige Einheit von Brüdern betrachtete, muss unbeantwortet bleiben (vgl. Schmid, 1978, S. 117). Der Brief ist nicht nur an verschiedene Mönche, von denen vielleicht jeder ein Kloster vertrat (vgl. Beumann, 1956, S. 11), gerichtet, sondern auch an die fratribus ac sororibus nostris. Zu den in dieser Zeit gegründeten Frauenklöstern, siehe Schieffer, 1954, S. 165-166.
[12] Zum Datum des Aufenthaltes in Rom, siehe Schieffer, 1954, S. 172-174.
[13] Geppan ist sonst nicht bekannt (vgl. Beumann, 1956, S. 11 Anm. 40).
[14] Eoban ist wahrscheinlich der zukünftige Chorbischof/Bischof von Utrecht, der mit Bonifatius 754 getötet wurde.
[15] Wahrscheinlich derselbe wie der presbiter Wigbertus aus dem Brief Nr. 40. Dass Bonifatius in der Anschrift seines Briefes Tatuuinus dem "älteren" Wigbertus vorstellt, ist unwahrscheinlich (vgl. Schmid, 1978, S. 116-117).
[16] Gregor III.
[17] Beumann, 1956, S. 21-23, meint, dass es sich hier um den eigentlichen Grund des Briefes handelt.

15. April 2007