T H E U D E B E R T U S[1]

Pippins Gerichtsbeisitzer (748),
vielleicht identisch mit König Pippins gasindus, bezeugt 753/754

In einem Streit um Güter in Mareil[2] zwischen einer Christiana einerseits und dem advocatus des Klosters Saint-Denis[3] Hrodgarius[4] sowie dem Abt Amalbertus[5] andererseits entscheidet der Hausmeier Pippin zusammen mit genannten Getreuen[6], darunter Theudebertus[7], und dem Pfalzgrafen[8] am 11. Februar 748[9] in Vernum[10] zugunsten des Klosters.
Mit einer im 3. Herrscherjahr[11] in Vermeria in palatio[12] ausgestellten Urkunde bestätigt König Pippin auf übersandte Bitte des Abtes Fulradus[13] dem Kloster  Saint-Denis die villa Taberniacus[14] im Pariser Gau, wie sie nun[15] sein gasindus[16] Teudbertus[17] von ihm zu Lehen hatte[18].


[1] Teudbertus.
[2] in loco qui dicitur Marolio: Mareil(-Marly), Frankreich, département des Yvelines, arrondissement Saint-Germain-en-Laye, canton Le Pecq. Vgl. Stoclet Alain, Autour de Fulrad de Saint-Denis, v. 710-784, in: Ecole Pratique des Hautes Etudes. Sciences historiques et philologiques 5. Hautes Etudes médiévales et modernes 72, Genève-Paris, 1993, S. 366; Longnon Auguste, Monumenta Germaniae historica. Diplomatum imperii t.  I, in: Revue critique d'histoire et de littérature 7, Paris, 1873, 74-82, 89-97, 107-118, 121-132, hier S. 117; Jacobs A., Etude sur la géographie des diplômes mérovingiens, in: Revue des sociétés savantes des départements, 2e série 7, 1862, 52-67, 162-168, 232-251, hier S. 234.
[3] Dépt. Seine-Saint-Denis, chef-lieu d'arrondissement. Die Basilika war Grabstätte merowingischer Könige, sowie von Karl Martell und seinem Sohn Pippin. Von da an ist die Geschichte dieser Gedächtnisstätte untrennbar mit der Geschichte der französischen Königen verbunden, besonders ab Ende des 10. Jahrhunderts. Das Kloster wurde 1790 aufgehoben. Heute ist die Basilika Kathedralkirche der Diözese Saint-Denis.
[4] Der Vogt Hrotgarius kann eine Urkunde, die als echt erkannt wird, über die Schenkung der betroffenen Güter durch Uuitgaudius an Saint-Denis vorweisen. Es ist die erste bekannte Erwähnung eines Vogtes für Saint-Denis (Peters Ralf, Die Entwicklung des Grundbesitzes der Abtei Saint-Denis in merowingischer und karolingischer Zeit, Diss. Univ. Düsseldorf, Aachen, 1993, S. 144).
[5] Dieser Abt, der nur kurz dieses Amt bekleidet haben muss, ist sonst nicht belegt (siehe Artikel "Amalbertus, Abt von St. Denis"). Ihm folgt der berühmte Fulradus, der erstmals am 17. August 750 urkundlich genannt ist (Die Urkunden der Arnulfinger, hg. von Heidrich Ingrid, in: Monumenta Germaniae historica – fortab MGH -, Diplomata maiorum domus regiae e stirpe Arnulforum, Hannover, 2011, Nr. 21 S. 45-48). Vor Amalbertus soll der Abt Godobaldus dem Kloster 25 Jahre vorgestanden haben (vgl. www.prosopographie.eu/Exkurs 1).
[6] Die Bezeichung fidelis noster (fidelis regis) wurde vermutlich "nur dem verliehen, der in einem besonderen Verhältnis zum König [hier zum Hausmeier] in seiner Eigenschaft als Herrscher gestanden hatte" (Dietrich von Gladiss, Fidelis regis, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germ. Abt. 57, 1937, 441-451, hier S. 451.
[7] Häufig belegter Name (Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Neudruck München 1966, Sp. 1422-1424). Deswegen ist eine Identifizierung mit Pippins gasindus von 753/754 nicht gesichert (siehe unten).
[8] […] cum fidelibus nostris, id est Haginone, Theudeberto, Remedio, Garehardo, Fulcario, Bovilone, Uualcherio, Rauchingo et Ermenaldo, comite palatii nostro, vel reliquis quam pluribus visi fuimus iudicasse […].
[9] Verlorenes Original. Überlieferung: Chartular des 13. Jahrhunderts, genannt "Livre des privilèges", vermutlich zusammengestellt auf der Grundlage eines Chartulars des 12. Jahrhunderts (Rolf Grosse, Remarques sur les cartulaires de Saint-Denis aux XIIIe et XIVe siècles, in: Les cartulaires, actes de la table ronde …, Paris, 1993, in: Mémoires et documents de l'Ecole des chartes 39, 279-288, hier S. 282-284); Mabillon Jean, De re diplomatica libri VI, Paris, 1681, 2. Ed., Paris, 1709, liber sextus, S. 489. Drucke in Auswahl: Heidrich, wie Anm. 5, Nr.18 S. 41-42; Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica. Diplomata maiorum domus regiae. Diplomata spuria, hg. von Karl A. F. Pertz, in: MGH Diplomatum Imperii I, Hannover, 1872, Neudruck Stuttgart, 1981, Nr. 18 S. 104-105. Vgl. Sonzogni Daniel, Le chartrier de l'abbaye de Saint-Denis en France. Essai de reconstitution, in:  Pecia. Ressources en médiévistique 3, 2003, Nr. 83 S. 104-105; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 – fortab BM²-, Nr. 57 S. 29; Hahn Heinrich, Jahrbücher des fränkischen Reichs 741-752 (Jahrbücher der deutschen Geschichte), Berlin, 1863, S. 103-104. Abzulehnen ist der Beitrag von Wolf Günther, Grifos Erbe, die Einsetzung König Childerichs III. und der Kampf um die Macht – zugleich Bemerkungen zur karolingischen "Hofhistoriographie", in: Archiv für Diplomatik. Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 38, 1992, 1-16, hier S. 5, der die Urkunde in das Jahr 747 setzt (Glatthaar Michael, Bonifatius und das Sakrileg. Zur politischen Dimension eines Rechtsbegriffs, in: Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 17, 2004 S. 145 und Anm. 264).
[10] Vermutlich Ver-sur-Launette, Oise, arr. Senlis, cant. Nanteuil-le-Haudouin (Lambert Emile, Dictionnaire topographique du département de l'Oise, in:  Collection de la Société de Linguistique Picarde 23, 1982, S. 592 Nr. 3716; Remmler Bernd, Spurensuche, die Karolinger: die verschwundenen Paläste Karls des Grossen, Pro Business, 2010, S. 369-370).
[11] Original verloren. Überlieferung: Chartular des 13. Jahrhunderts, wie Anm. 9, fol. 20; Mabillon, wie Anm. 9, Nr. 43 S. 493. Druck in Auswahl: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: MGH Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 7 S. 11-12. Vgl. Sonzogni, wie Anm. 9, Nr. 90 S. 109-110; BM² 76 S. 38. Die nur mit  Jahresangabe - anno tertio regni nostro - versehene Urkunde gehört in den Zeitraum zwischen November 753 und November 754. Ist diese Bestätigung vielleicht eine Folge der Salbung Pippins, seiner Söhne und seiner Ehefrau durch den Papst  am 28. Juli 754? (vgl. Levillain Léon, L'avènement de la dynastie carolingienne et les origines de l'état pontifical, in: Bibliothèque de l'Ecole des Chartes 94, 1933, 225-295, hier S. 269). Diese Urkunde wird üblicherweise in die Zeit zwischen Januar und Juli 754 datiert, als Pippin in der Begleitung von Fulrad nach Italien, wo er bis 755 bleibt, aufbricht. Aber diese Annahme beruht auf der Voraussetzung, dass Pippins Feldzug 754 stattfand. Andere setzen diese Herrfahrt in das Jahr 755. Dazu die kurze Zusammenfassung von Stoclet, wie Anm. 2, S. 62 Anm. 1 mit Literatur.    
[12] Verberie, dépt. Oise, arr. Senlis, cant. Pont-Sainte-Maxence (Lambert, wie Anm. 10, S. 587 Nr. 3704).
[13] Vgl. oben Anm. 5.
[14] Taverny, dépt. Val-d'Oise, arr. Pontoise, chef-lieu cant.
[15] Die Urkunde schildert den Werdegang dieses Besitzes: Der verstorbene illuster vir Guntaldus hatte die villa St. Denis geschenkt; später wurde sie auf Bitten des Hausmeiers Ebroinus dem Johannes als Prekarie verliehen. Auch Frodoinus und Geruntus erhielten sie als Prekarie laut Urkunden König Childeberts (III.) und seines Onkels, des Hausmeiers Grimoald (ca. 700-711). Nachdem die villa dem Kloster entrissen und verkleinert wurde, bestätigt nun König Pippin, auf Bitte des Abtes Fulradus dem Kloster Saint-Denis den Besitz der villa, wie sie Pippins gasindus zu Lehen hatte. Vgl. Stoclet Alain J., Evindicatio et petitio. Le recouvrement de biens monastiques en Neustrie sous les premiers Carolingiens. L'exemple de Saint-Denis, in: Beihefte der Francia 16/2. La Neustrie. Les pays au nord de la Loire ..., 2, 1989, 125-149, hier S. 128.
[16] Bewaffneter Gefolgsmann, Vasall. Dazu Gabriel von Olberg, Freie, Nachbarn und Gefolgsleute. Volkssprachige Bezeichnungen aus dem sozialen Bereich in den frühmittelalterlichen Leges, in: Europäische Hochschulschriften. I: Deutsche Sprache und Literatur, Serie 1, Bd. 627, Frankurt am M., Bern, New York, 1983, S. 244-260; Niermeyer J. F., Mediae latinitatis lexicon minus, Leiden, 1993, S. 462-463.
[17] Siehe oben Anm. 7. Semmler Josef, Der Dynastiewechsel von 751 und die fränkischen Königssalbung, in: Studia humaniora. Series minor 6, Düsseldorf, 2003, S. 61-62 möchte ihn in dem Dietbreht erkennen, der später eine Reihe von Zeugen aus dem Lobdengau, die die Grenzbeschreibung der villa Heppenheim im Rheingau testieren, anführt (Codex Laureshamensis 1, bearb. und neu hg. von Karl Glöckner, in: Arbeiten der historischen Kommission für den Volksstaat Hessen, Darmstadt, 1929, Nr. 6a S. 281. Der Codex entstand im 12. Jahrhundert).
[18] Vermutlich wurden diese Güter dem Kloster Saint-Denis zurückerstattet entweder beim Tode des Lehnsmann oder dieser bekam im Ausgleich anderen Besitz. Dazu Stoclet, wie Anm. 2, S. 128; Wolfram Herwig, Karl Martell und das fränkische Lehenswesen. Aufnahme eines Nichtbestandes, in: Beihefte der Francia 37: Karl Martell in seiner Zeit, hg. von Jörg Jarnut, Ulrich Nonn und Michael Richter, unter Mitarbeit von Matthias Becher und Waltraud Reinsch, 1994, 61-78, hier S. 68-69; Brunterc'h Jean-Pierre, Le Moyen Age (Ve-XIe siècle), in:  Archives de la France 1, 1984, S. 196.

07.12.2011, überarbeitet 15.06.2012, 23.11.2012, 04.06.2013