T H R O A N D U S[1]

vir magnificus, bezeugt vermutlich im Jahr 748 (oder 747),
wahrscheinlich identisch mit dem 744 (?) und 753 (?) genannten praefectus
sowie mit dem 775 erwähnten Stifter des Klosters Holzkirchen

In einem undatierten Brief[2], der wohl am 01. Mai 748 (oder 747)[3] geschrieben wurde, wendet sich Papst Zacharias an dreizehn[4] viris magnificis[5], darunter Throandus, der als Erster genannt wird[6], um ihnen mitzuteilen, wie erfreut er ist über ihre Liebe zur Kirche Gottes und um ihnen kirchliche Vorschriften für die von ihnen gegründeten Kirchen und Klöster einzuschärfen[7]. Dieses Schreiben dürfte an die weltlichen Teilnehmer des Konzils, das sicherlich im Frühjahr 747 im Teilreich des Hausmeiers Karlmann stattgefunden hat[8], gerichtet sein.
Die Verfälschung[9] der Grenzbeschreibung des von dem Hausmeier Karlmann dem Bonifatius zwecks Gründung des Klosters Fulda übertragenen Gebietes[10] trägt das signum dreier[11] prefecti[12], darunter Throandus.
Das angebliche Original[13], das auf den Namen König Pippins in Attigny durch den Notar Baddilo im Juni 753[14] ausgestellt sein soll[15], bestätigt dem Erzbischof und päpstlichen Legaten Bonifatius das Exemtionsprivileg des Papstes Zacharias[16] für das Kloster Fulda. In der vermutlich echten[17] Zeugenreihe finden sich nach den geistlichen Zeugen vier genannte Große mit dem Titel praefecti[18], darunter auch wieder als erster Throandus.
Mit einer im November vermutlich des Jahres 775[19] in Düren[20] ausgestellten Urkunde schenkt Karl der Große dem Kloster Fulda das Klösterlein[21] Holzkirchen[22] im Waldsassengau[23], das ihm der Klostergründer[24] Troandus[25] übertragen hatte[26].
Eine Notiz des Codex Eberhardi von Fulda[27] des 12. Jahrhunderts berichtet, dass[28] Graf[29] Trunt der Propstei von Holzkirchen gegründet hat.


[1] Troant, Troandus, Trount, Trunt.
[2] Original verschollen. Überlieferung: Handschrift der Mitte des 9. Jahrhunderts in Mainz geschrieben. Online: Digitale Sammlung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. S. Bonifatii aliorum epistolae - Rastatt 22, fol. 41v-42r; Anfang des Briefes: Monumenta Germaniae historica –fortan MGH-, Epistolae selectae I: Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, hg. von Michael Tangl, Berlin, 1916, Neudruck München, 1989, Tafel 2 nach S. XL. Drucke in Auswahl: Willibalds Leben des Bonifatius, nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten. Unter Benützung der Übersetzungen von M. Tangl und Ph. H. Külb, neu bearb. von Rau Reinhold, in: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe IVb, Darmstadt, 1968, S. 276-282 (lat./dt.); MGH Epistolae selectae 1, ebd., Nr. 83 S. 184-187, auch S. VIII-XI. Vgl. Jakobs Hermann/Büttner Heinrich, Provincia Maguntinensis, pars IV: S. Bonifatius, archidioecesis Maguntinensis, abbatia Fuldensis, in: Germania Pontificia. Regesta pontificum Romanorum 4, Göttingen, 1978, Nr. 83 S. 33-34; Jaffé Philippe, Regesta Pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum MCXCVIII, 2e édition, 1 (a S. Petro ad a. MCXLIII), Leipzig, 1885, Neudruck Graz, 1956, Nr. 2288 S. 267.
[3] Seit der Beweisführung von Michael Tangl galt dieser undatierte Brief als im Jahr 748 geschrieben, wohl gleichzeitig mit den Briefen Nr. 82 auch undatiert und Nr. 80, der auf den 01. Mai 748 datiert ist (siehe die Literaturangaben bei: Gockel Michael, Zur Verwandtschaft der Äbtissin Emhilt von Milz, in: Mitteldeutsche Forschungen 74/II. Festschrift für Walter Schlesinger II, hrsg. von Helmut Beumann, 1974, 1-70), S. 50-51 und Anm. 207). Nun will Wagner Henrich, Bonifatiusstudien, in: Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 60, 2003, S. 156-164 die Gruppe der drei Briefe (Nr. 80, 82, 83) in das Jahr 747, vielleicht auch zum 01. Mai, setzen. Seine Argumente haben einiges für sich. Doch er hat Schwierigkeiten die genaue Datierung von Nr. 80 zu erklären.   
[4] Viris magnificis filiis Throando, Sandrado, Nantherio, Liutfrido, Sterfrido, Gundperto, Agno, Haaldo, Rantulfo, Rotperto, Brunicho(ni), Rothardo, Rocgoni […]. Die Anordnung der Namen folgt einem nicht mehr feststellbaren Prinzip..
[5] Die möglicherweise zeitgenössische Überschrift, die dem Brief gegeben wurde, spiegelt die höhere soziale Stellung der Angeschriebenen: epistola zachariae papę ad principes francorum missa. Es ist nicht auszuschließen, dass diese dreizehn Laien dem Adel der Diözese Würzburg angehörten (dazu. Gockel, wie Anm. 3, S. 51-52; Störmer Wilhelm, Klosterplanung und Spielregeln der Klostergründung im 8. und frühen 9. Jahrhundert. Ein Vergleich zwischen Franken und Bayern, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 59, 1999, 1-21, hier S. 11; Schulze Hans Kurt, Die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins, in: Schriften zur Verfassungsgeschichte 19, S. 259). In einer Fassung der unten aufgeführten Urkunde Karls des Großen (unten Anm. 19) wird Troandus sogar princeps regni nostri genannt, "möglicherweise zwar eine spätere Zutat, aber durchaus der Wirklichkeit entsprechend" (Störmer Wilhelm, Eine Adelsgruppe um die Fuldaer Äbte Sturmi und Eigil und den Holzkirchener Klostergründer Troand. Beobachtungen zum bayrisch-alemannisch-ostfränkischen Adel des 8./9. Jahrhunderts, in: Gesellschaft und Herrschaft. Forschungen zu sozial- und landesgeschichtlichen Problemen vornehmlich in Bayern. Eine Festgabe für Karl Bosl zum 60. Geburtstag, München, 1969, 1-34, hier S. 14).
[6] Zu den Erwähnungen dieses Namens mit seinen Varianten in den Quellen, siehe Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. 1: Personennamen, 2. Auflage, Bonn, 1900, Neudruck Hildesheim, 1966, Sp. 1465. Siehe unten Anm. 26.
[7] Dazu Schieffer Theodor, Winfrid-Bonifatius und die christliche Grundlegung Europas, 1954, Neudruck Darmstadt, 1972, S. 254; Wagner, wie Anm. 3, S. 159-160. Throandus ist sicherlich Gründer des Klosters Holzkirchen im Waldsassengau (siehe unten Anm. 19).
[8] Von dieser Versammlung sind die Akten verschollen; sie wird aber aus der Ergebenheitserklärung der angeführten Bischöfe im wohl gleichzeitig geschriebenen Brief (Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, wie Anm. 2, Nr. 82) vorausgesetzt. Zu diesem Konzil und seiner Datierung wahrscheinlich im März/April, siehe Glatthaar Michael, Bonifatius und das Sakrileg. Zur politischen Dimension eines Rechtsbegriffs, in: Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 17, 2004, S. 328; Wagner, wie Anm. 3, S. 160, 247; Schüssler Heinz Joachim, Die fränkische Reichsteilung von Vieux-Poitiers -742- und die Reform der Kirche in den Teilreichen Karlmanns und Pippins. Zu den Grenzen der Wirksamkeit des Bonifatius, in: Francia 13, 1985, 47-112, hier S. 78-79; Hartmann Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, in: Konziliengeschichte, hg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen. Paderborn, 1989, S. 60-63. 
[9] Stengel Edmund E., Urkundenbuch des Klosters Fulda, I, in: Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen und Waldeck, X, 1 - nachfolgend FUB -, Marburg, 1958, Nr. 6† S. 7-11 mit dem Datum 12. März 747. Die Verfälschung ist vermutlich in zwei Stufen entstanden (vgl. Wagner, wie Anm. 3, S. 166-172).
[10] Wagner (ebd.) ist der Meinung, dass die echte Grenzbeschreibung am 12. März 744 ausgestellt wurde und dass die Zeugenreihe echt ist.
[11] […] signum Throandi prefecti†. signum Liutfridi prefecti†. signum Runtulfi prefecti† […] .
[12] Die ungewöhnliche Bezeichnung praefectus statt comes begegnet zu dieser Zeit sonst nicht im urkundlichen aber manchmal im erzählenden und brieflichen Bereich im Umkreis des Bonifatius (J. F. Niermeyer, Mediae Latinitatis Lexicon minus, Leiden-New York-Köln, 1993, S. 831 Nr. 6; Gockel, wie Anm. 3, S. 55 Anm. 223). Die Vita Sturmi des Eigil (c. 12, Engelbert Pius, Die Vita Sturmi des Eigil von Fulda. Literarkritisch-historische Untersuchung und Edition, in: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck 29, 1968, S. 143, auch S. 87-89) berichtet, dass nicht mit Namen genannte nuntii des Hausmeiers die viri nobiles, qui in regione Graffelt commorassent zur freiwilligen Übertragung ihrer Güter und Rechte innerhalb der zukünftigen Klostermark an das zu gründende Kloster zu veranlassen und die Vestition vorzunehmen hatten. Es könnte sich ohne Weiteres um die drei prefecti handeln, wovon einer vielleicht sogar für das Grabfeld - der größte ostfränkische Gau, s. Niemeyer Wilhelm, Der Pagus des frühen Mittelalters in Hessen, in: Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 30, 1968, S. 130-132 - zuständig war.
[13] FUB 20 S. 39-43, 517-518; MGH DD Karol. 1, Nr. 32 S. 44-45. Faksimile bei Stengel Edmund E., Fuldensia, in: Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen und Waldeck 26. Abhandlungen und Untersuchungen zur hessischen Geschichte, 1960, Tafel 7 (nach S. 80); siehe ders., Fuldensia, in: Archiv für Urkundenforschung 5, 1914, 41-152, hier S. 150-151 und S. 103-141; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 – fortan BM² -, Nr. 72 S. 34-35.
[14] Ohne Angabe des Tages.
[15] Als Entstehungszeit dieser Fälschung wird die Mitte des 9. Jahrhunderts angenommen. Für die Zeugenreihe diente dem Fälscher wahrscheinlich eine Fuldaer Privaturkunde aus der Mitte des 8. Jahrhunderts (dazu Gockel, wie Anm. 3, S. 53-57 und Anm. 218, 221-224; Wagner, wie Anm. 3, S. 173).
[16] FUB 15-16 S. 25-32, 515-516; Stengel 1914, wie Anm. 13, S. 86-102.
[17] Vgl. Wagner, wie Anm. 3, S. 173-177.
[18] […] † signum Throandi praefecti. † signum Liutfridi praefecti. † signum Hrunzolfi praefecti. † Hroggonis praefecti. […].
[19] Original verloren. Überlieferung: zwei unechte Urkunden im Codex Eberhardi von Fulda aus den 12. Jahrhundert. Drucke in Auswahl mit Rekonstruktionsversuch der Originalurkunde: FUB Nr. 73 S. 130-137 (s. auch Nr. 100 S. 175-16; Dronke Ernst Friedrich Johannes, Traditiones et Antiquitates Fuldenses, Fulda, 1844, cap. 28 S. 61); MGH DD Karol. 1, Nr. 106 S. 150-151 nach einem unechten Rekonstruktionsversuch. Vgl. BM² 195 S. 83.
[20] Dura : Nordrhein-Westfalen, Kreisstadt.
[21] Im Text zuerst monasterium, dann monasteriolum genannt.
[22] […] hoc est monasterium cognominante Holzkiricha in pago Uualtsaze super fluviolum Albaha, quem Troandus in honore beate Marie semper virginis a novo fundamine […]: Zu diesem Kloster Holzkirchen (heute Bayern, Unterfranken, Lkr. Markt-Heidenfeld) im Waldsassengau am Aalbach (Mainnebenfluss), vgl. Büll Franziskus, Die Klöster Frankens bis zum neunten Jahrhundert, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 104, 1993, 9-40, hier S. 20.
[23] Im Frühmittelalter ein ostfränkischer Gau, der Teile des südöstlichen Spessarts und das Gebiet zwischen Mainviereck und Maindreieck umfasste (Stein Friedrich, Geschichte Frankens, Band 1: Das Mittelalter, Schweinfurt, 1885, Nachdruck Aalen, 1966, Karte und S. 44 ).
[24] Nach der Notiz (s. unten Anm. 28) steht eine Liste der Güter der prepositura (Propstei, s. Niermeyer J. F., Mediae latinitatis lexicon minus, Leiden, 1993, S. 835) von Holzkirchen, unter denen sich vermutlich auch diejenigen von Troandus befinden.
[25] "Da der Brief die Gründung und Besetzung von Eigenklöstern nach kanonischem Recht zum Inhalt hat, ist der "Reichsaristokrat" T(roandus) zu Recht mit dem Holzkirchener Klosterherren gleichgesetzt worden" (Schmid Karl, Gesamtverzeichnis, in: Münstersche Mittelalter-Schriften, 8/3. Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, 3: Vergleichendes Gesamtverzeichnis der Fuldischen Personennamen, 1978, S. 477). Über die Frühentwicklung Holzkirchens gibt es leider keine Quellen. Aber die Gründung des Klosters hat sicherlich in Pippins Zeit stattgefunden (wie Wagner, wie Anm. 3, S. 166; Brandmüller Walter, Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte. I: Von den Anfängen bis zur Schwelle der Neuzeit. 1. Kirche, Staat und Gesellschaft, in Verbindung mit Günter Bernt, … St. Ottilien, 1998, S. 84; Büll, wie Anm. 22, S. 20).
[26] Die Gründe für diese Übergabe sind nicht bekannt. Schmid (wie Anm. 25, S. 477-478) verweist auf einen Mönch Trhuant, der im Sturmi-Konvent (Fulda) gelebt hat und dort gestorben ist (Schmid, Fuldaer Mönchslisten, in: Münstersche Mittelalter-Schriften, 8/1. Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, 1, 1978, S. 218). Er ist der Meinung, dass "die Übergabe des Eigenklosters an den König und ein etwaiger Rückzug aus der Welt offenbar in Zusammenhang miteinander (stehen)". Troandus mag zur Zeit der Übertragung bereits verstorben gewesen sein, aber in dieser Frage ist keine Sicherheit zu erreichen, da im Diplom mit keinem Wort Bezug auf den Tod des Stifters genommen wird. Sowieso ist der Name Troandus in dieser und späterer Zeit viel zu verbreitet - Urkundenbücher von Fulda, Lorsch, Wissembourg -, um aus ihm irgendwelche Schlüsse ziehen zu können. Störmer (wie. Anm. 5, S. 15ff.) denkt an engen verwandtschaftlichen Kontakt des Holzkirchener Stifters zur Familie des bayerischen comes namens Droant, der 806 oder früher verstarb. Das Signum Troanie (= Troandi?, zweifelhaft) comitis steht unter deren der Zeugen des wichtigen Diploms, das König Pippin am 13. August 762 zugunsten des Klosters Prüm ausstellen ließ (MGH DD Karol. 1, Nr. 16 S. 21-25; siehe Artikel "Troanie").
[27] Meyer zu Ermgassen Heinrich, Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, I , in: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 58, Marburg, 1995, S. 336; Dronke, wie Anm. 19, cap. 28 S. 61.
[28] […] quam videlicet preposituram (= Holzkirchen) primum fundavit quidam nobilissimus comes nomine Trunt cum bonis et prediis suis.
[29] Obwohl Trunt (= Troandus) keinen Titel in dem Karlsdiplom trägt (s. oben Anm. 19), ist nicht auszuschließen, "dass … der comes-Titel auf einer glaubwürdigen lokalen Überlieferung beruht" (Gockel, wie Anm. 3, S. 57 Anm. 227 Ende; Artikel "Troanie").

20.08.2009, überarbeitet 23.02.2014