V U L F R A M N U S

Bischof von Meaux, bezeugt von 757 bis 769
(Abt) von Sainte-Croix in Meaux>

Vulfrannus[1] vocatus episcopus testiert die im Mai 757[2] in Compiègne[3] zugunsten des Klosters Gorze[4] ausgestellte Urkunde des Metzer Bischofs Chrodegangus[5].
Die Gebetsverbrüderung, die zwischen den anwesenden Bischöfen und Äbten des synodalis conventus von Attigny[6] mutmaßlich im Jahr 762[7] vereinbart wurde, wird auch von Vulframnus episcopus civitas Meldis[8] unterschrieben.
Neun Bischöfe[9], darunter Vulframnus[10] episcopus, bezeugen mit zahlreichen Grafen[11] das wichtige Diplom, mit welchem König Pippin mit seiner Frau Bertrada am 13. August 762[12] in Trisgodros[13] villa puplica dem Kloster Prüm[14], das sie auf der Grenze des Bid- und Ardennengaus[15] durch Entsendung einer Ordensgemeinschaft aus der Kongregation der Bischöfe Romanus[16] und Vulframnus[17] gegründet haben, etliche Güter in verschiedenen pagi[18] überträgt; außerdem bestätigt Pippin frühere Schenkungen, stellt das Kloster unter seinen Schutz und erteilt ihm die freie Abtswahl[19].
Vulframnus episcopus civitate Meltensis gehört zu den fränkischen[20] Bischöfen[21], die von den jungen Königen Karl und Karlmann nach Rom abgeordnet wurden, um an einer von Papst Stephan III. einberufenen Kirchenversammlung, die über den Usurpator Constantin zu Gericht sitzen sollte, teilzunehmen. Diese Synode tagte vom 12. bis 14. April 769in der Lateranbasilika[22].
Im ältesten Teil[23] des Liber confraternitatum der Reichenau[24] führt Wolframno epo. eine Liste[25] von 53 Namen des Klosters Sainte-Croix in Meaux[26].
Die Gallia Christiana[27] bringt Wlfrannus zwischen dem 748 belegten Romanus[28] und einem sonst unbekannten Brumerus, Vorgänger eines Hildricus, von welchem kaum etwas bekannt ist[29].


[1] Auch Vulfrannus, Uulframnus, Bulferamus, Wolframnus, Wlfrannus. Dieser Name kommt in den Quellen des Öfteren vor (Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn, 1900, Neudruck München 1966, Sp. 1654).
[2] Original verloren. Überlieferung: Chartular, Ende des 12. Jahrhunderts, das 1944 verbrannt ist. Drucke in Auswahl: Herbomez (d') A., Cartulaire de l'abbaye de Gorze, in: Mettensia 2. Mémoires et documents publiés par la Société Nationale des Antiquaires de France, Paris, 1898, Nr. 4 S. 9-13; Monumenta Germaniae historica –fortab MGH-, Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906, S. 59-63.
[3] Vulfrannus hat also am Konzil, das in dieser Stadt tagte, teilgenommen (Hartmann Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, in: Konziliengeschichte, hg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen, Paderborn, 1989, S. 76-79; Carlos de Clercq, La législation religieuse franque de Clovis à Charlemagne 507-814, Louvain-Paris, 1936, S. 137-142).
[4] Frankreich, département de la Moselle, arrondissement de Metz-Campagne, canton d'Ars-sur-Moselle. Die Anfänge des Klosters Gorze werden durch zwei Urkunden bestimmt, die im Chartular überliefert sind. Am 20. Mai 748 stattete Bischof Chrodegangus von Metz das von ihm als bischöfliches Eigenkloster gegründete Gorze mit Gütern der Metzer Kirche aus (Nr. 1 S. 1-4. Interpoliert. Da die Urkunde im 6. Herrscherjahr Childerichs datiert ist, muss das vom Herausgeber angegebene Jahr 745 in 748 emendiert werden). Am 18. Mai 757 verkündete er auf der Synode von Compiègne die Gründung des Klosters. Chrodegangus scheint es in den ersten Jahren selbst geleitet zu haben. Die Urkunde von 757 spricht wohl von einem Abt, aber nennt keinen Namen. Erst in einer Urkunde des Jahres 760 erscheint einmalig Abt Gundelandus (Nr. 6 S. 15-16. Hier muss das Datum auch emendiert werden, nicht 759 sondern 760), bevor dieser die Leitung des Klosters Lorsch übernahm. Es folgte Abt Theumarus. Im Jahr 1572 wurde das Kloster säkularisiert. Zur Geschichte des Klosters, siehe J. Schneider, Artikel "Gorze", in: Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques 21, Paris, 1986, Sp. 811-817).
[5] Bischof von Metz 742 oder 747, ernannt Erzbischof im Jahr 754, stirbt 766. Das Weihedatum ist unsicher (Schieffer Theodor, Bonifatius und Chrodegang, in: Wege der Forschung, 312. Mönchtum und Gesellschaft im Frühmittelalter, hg. von Friedrich Prinz, Darmstadt, 1976, 112-150 [= Angelsachsen und Franken. Zwei Studien des 8. Jahrhunderts. Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse. Jahrgang 1950, 20, 1431-1463], hier S. 144 Anm. 84).    
[6] MGH Conc. II/1 (wie Anm. 2), S. 72-73. Von diesem Konzil besitzen wir heute nur noch eine noch im 8. Jahrhundert angefertigte Abschrift des Textes der Gebetsverbrüderung, die zwischen den anwesenden Bischöfen und Äbten mit Namen und Sitz abgeschlossen wurde. Die Reihenfolge der Namen stimmt wahrscheinlich nicht mit dem Original überein. Dazu Hartmann, wie Anm. 4, S. 79-81; Fichtenau Heinrich, Die Reihen der Zeugen und Konsentienten, in: Ders., Beiträge zur Mediävistik. Ausgewählte Aufsätze, 3: Lebensordnungen - Urkundenforschung - Mittellatein, Stuttgart, 1986 (= Palaeographica, diplomatica et archivistica. Studi in onore du Giulio Battelli - Storia e letteratura 140/2, Roma, 1979), S. 176-177; Ewig Eugen, Saint Chrodegang et la réforme de l'église franque, in: Beihefte der Francia 3/2, 1979. Spätantikes und Fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften (1952-1973), hg. von Atsma Hartmut, 2. Band 232-253 (= Saint Chrodegang. Communications présentées au colloque tenu à Metz à l'occasion du XIIe centenaire de sa mort, 1967, 25-53), S. 240-242; de Clercq, wie Anm. 3, S. 143; Oelsner Ludwig, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Leipzig, 1871, S. 361-363, 366; Werminghoff Albert, Verzeichnis der Akten fränkischer Synoden, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 24, 1899, 457-462, hier S. 469.
[7] Der Text ist nicht datiert, aber seit Oelsner, wie Anm. 6, Exkurs II S. 474-477, ist das Jahr 762 von der Forschung als wahrscheinlich übernommen worden. Siehe dazu Schmid Karl, Oexle Otto Gerhard, Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, in: Francia 2, 1974, 71-122, hier S. 107 Anm. 50.    
[8] Meaux, département de Seine-et-Marne, chef-lieu d'arrondissement. Karte der Diözese: Atlas de la France de l'an mil. Etat de nos connaissances, sous la direction de Michel Parisse avec l'aide technique de Jacqueline Leuridan, Paris, 1994, S. 43.
[9] Genebaudus (von Laon), Gauzlenus (Le Mans), Fulcharius (Tongern/Lüttich), Adalfredus (Noyon), Vulframnus (Meaux), Megingaudus (Würzburg), Berethelmus (Köln), Basinus (Speyer), Wiemadus (Trier).
[10] Unter der Voraussetzung, dass die Liste der Bischöfe nach ihrem Weihealter ausgestellt wurde (Wolfram Herwig, Salzburg – Bayern - Österreich. Die Conversio Bagaoriorum et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit, in: Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung, Ergänzungsband 31, 1995, S. 258 ff.; Hartmann Wilfried, Unterschriftslisten karolingischer Synoden, in: Annuarium Historiae Conciliorum 14, 1982, 124-137, hier S. 127; Marilier Jean, Quelques aspects du diocèse de Langres au VIIIe s., in: Société historique et archéologique de Langres, 1965, 17-29, hier S. 25; Prinz Friedrich, Frühes Mönchtum im Frankenreich. Kultur und Gesellschaft in Gallien, den Rheinlanden und Bayern am Beispiel der monastischen Entwicklung, 4. bis 8. Jahrhundert, München-Wien, 1965, S. 436 Anm. 385), wäre Vulframnus, der vor Megingaudus von Würzburg steht, zwischen 748 - Erwähnung seines Vorgängers Romanus - und 754 (siehe Artikel Megingaudus) Bischof von Meaux geworden.
[11] Signa von Karl, Karlmann (Pippins Söhne), von neun Bischöfen und zwölf Grafen.    
[12] Verlorenes Original. Überlieferung: Abschrift des 10. Jahrhunderts im Liber aureus Prumiensis fol. 2a-4a (Faksimile S. 15-19 in: Das "Goldene Buch" von Prüm. Faksimile, Übersetzung der Urkunden, Einband, hg. im Auftrag des Geschichtsvereins "Prümer Land" e. V., Nolden Reiner, Trier, 1997). Drucke in Auswahl: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: MGH Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 16 S. 21-25; Beyer Heinrich, Urkundenbuch der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien, Coblenz, 1860, Neudruck Aalen, 1974, Nr. 16 S. 19-22; deutsche Übersetzung: Nolden, ebd., Nr. 4 S. 254-257. Vgl. Wampach Camille, Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, 1, Luxemburg, 1935, Nr. 26 S. 29; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966, Nr. 95 S. 48-49; Oelsner, wie Anm. 6, S. 357-358.
[13] Es könnte sich um das heutige Treis (Gem. Treis-Karden, Rheinland-Pfalz, Lkr. Cochem-Zell) handeln (Heinzelmann Josef, Der Weg nach Trigorium… Grenzen, Straßen und Herrschaft zwischen Untermosel und Mittelrhein im Frühmittelalter sowie Halfer Manfred, Trigorium. Namenkontinuität im Rhein-Mosel-Dreieck, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 21, 1995, 9-132 und 133-151).
[14] Rheinland-Pfalz, Lkr. Bitburg-Prüm.
[15] […] infra terminos Bidense atque  Ardinne […].
[16] Romanus, Bischof von Meaux, sicherlich im Jahr 748 bezeugt (MGH Conc. II/1, S. 48-50).
[17] […] de congregatione domni Romani et Vulframni episcoporum […]: auch Äbte vom dortigen Kloster Saint-Faron (siehe unten Anm. 24).    
[18] Karosgau, pagus Muslinse, Bidgau, Eifelgau, Ribuarien, Speyergau, Lommegau.
[19] Die manchmal vertretene Deutung des Textes, wonach die zukünftigen Äbte aus der Kongregation von Romanus und Vulframnus von Meaux gewählt werden sollen, ist widerlegt worden (vgl. Wagner Wolfgang Eric, Zum Abtswahlprivileg König Pippins für das Kloster Prüm von 762, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 57, 2001, 149-156).
[20] … ut aliquandos episcopos gnaros et in omnibus divinis Scripturis atque sanctorum canonum institutionibus eruditos ac peritissimos…
[21] Vita Stephani III, Le Liber pontificalis, I, in: Bibliothèque des Ecoles françaises d'Athènes et de Rome, Paris, 1955, hg. von Louis Duchesne, S. 473 ff.; MGH Conc. II/1, S. 74 ff. Eine Ende des 9. Jahrhunderts verfasste Handschrift ist die Einzige, die auch die Namen der Teilnehmer wiedergibt (Duchesne, ebd., S. CLXXVIII Nr. 22 und CCXXIX Nr. 21. Vgl. Schmale Franz-Josef, Das Bistum Würzburg und seine Bischöfe im früheren Mittelalter, in: Zeitschrift für die bayerische Landesgeschichte 29, 1966, 616-661, hier S. 627 ff.). Diese Liste befand sich auch auf einer Handschrift, die Gajetani Cenni im 18. Jahrhundert edierte, aber mit Bulferamo Episcopo Meltensi (Concilium Lateranse Stephani III, Roma, 1735, S. 2). Eine heute verlorene dritte Liste wurde von Sirmond Jacques, Concilia antiqua Galliae, cum epistolis pontificum, principum constitutionibus et aliis Gallicanae Rei Ecclesiasticae Monumentis, 2, Paris, 1629, Neudruck Aalen 1970, S. 66 herausgegeben; sie kennt aber unseren Bischof von Meaux nicht.
[22] Vgl. Abel Sigurd, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen, I, 2. Auflage bearb. von Bernhard Simson, Leipzig, 1888, S. 63-64.
[23] Vor November 829 eingetragen: MGH Libri memoriales et Necrologia, NS I, hg. von Johanne Autenrieth, Dieter Geuenich und Karl Schmid, Hannover, 1979, S. LXV-LXVIII; Rappmann Roland und Zettler Alfons, Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter, in: Archäologie und Geschichte 5, Sigmaringen, 1998, S. 42.
[24] MGH ebd., pag. LXIX = MGH Libri confraternitatum Sancti Galli, Augiensis, Fabariensis, hg. von Paul Piper, Berlin, 1894, S. 237 Sp. 273-274.
[25] Diese Liste ist vermutlich in Zusammenhang mit dem Konzil von Attigny zu sehen (dazu Schmid/Oexle, wie Anm. 7, S. 97 ff.).
[26] Nomina fratrum de monasterio quod Crux Sancta nominatur: Das Kloster wurde im 7. Jahrhundert gegründet, später nach dem Namen seines Gründers Saint-Faron genannt und 1790 aufgehoben.
[27] Gallia Christiana 8, Paris, 1744, Sp. 1603; vgl. Duchesne L., Fastes épiscopaux de l'ancienne Gaule, II: l'Aquitaine et les Lyonnaises, Paris, 1910, S. 476-477 der meint, dass die Gallia Christiana ihr Verzeichnis der Bischöfe von Meaux wahrscheinlich einer Liste, die Ende des 9. Jahrhunderts im Besitz dieser Kirche war, entnommen hat.
[28] Wie Anm. 17.
[29] Duchesne, wie Anm. 27, S. 478.

29.02.2012, überarbeitet 12.08.2013