A G I L O L F U S[1]

Bischof von Köln, bezeugt vermutlich im Jahr 748 (747)

In einem undatierten Brief[2], der vielleicht am 01. Mai 748 oder schon 747[3] geschrieben wurde, bedankt sich Papst Zacharias bei dreizehn fränkischen genannten Bischöfen[4], darunter Agilolfo Colonensi episcopo, für ihre Glaubensbekenntnis und Verbundenheit mit dem römischen Stuhl und legt ihnen die Unterstützung seines Legaten Bonifatius nahe. Dieses Schreiben bezieht sich zweifelslos auf eine Synode, die sicherlich im Frühjahr 747 im Teilreich des Hausmeiers Karlmann stattgefunden hat[5].
Die verschiedenen Bischofslisten von Köln[6], deren ältesten Teil Ende um die Jahre 870/886 geschrieben wurde[7], bringen Agilolfus vor Reginfridus[8], was aber sicherlich als irrtümliche Umkehrung dieser zwei Namen zu erklären ist[9].
Sein Todestag ist unsicher[10].
Verschiedene im 11. Jahrhundert verfasste Schriften[11] bringen Ailulfus/Agilulfus in Verbindung mit dem Kloster Malmedy[12], bevor er (Erz)Bischof von Köln wurde[13]. Er soll in diesem Kloster bestattet worden sein. Dass er als Nachfolger von Anglinus Abt von Malmedy oder Stablo war, bevor er die Cathedra von Köln bestieg, ist zeitlich unmöglich[14]. In dem in Malmedy bestatteten Agilolfus wird es sich wohl um eine andere Person gehandelt haben[15].


[1] Agilolphus, Ailulfus, Agilulfus. Der Kölner Bischof gehörte möglicherweise zu der Sippe der rheinischen Agilolfinger. Zu diesem Adelsgeschlecht, das bis zur Mitte des 7. Jahrhunderts eine bedeutende Herrschaftsposition in den Mittelrhein- und Moselgebieten hatte, siehe Jahn Joachim, Ducatus Baiuvariorum, in: Monographien zur Geschichte des Mittelalters 35, Stuttgart, 1991, S. 20-23.
[2] Briefe des Bonifatius. Willibalds Leben des Bonifatius, nebst einigen zeitgenössischen Dokumenten, unter Benützung der Übersetzungen von M. Tangl und Ph. H. Külb neu bearb. von Reinhold Rau, in: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe IVb, Darmstadt, 1968, S. 272-276 (lat. /dt.); Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, hg. von Michael Tangl, in: Monumenta Germaniae historica –fortan MGH-, Epistolae selectae I, Berlin, 1916, Neudruck München, 1989, Nr. 82 S. 182-184; MGH Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906, S. 48-50. Vgl. Jakobs Hermann/Büttner Heinrich, Provincia Maguntinensis, pars IV: S. Bonifatius, archidioecesis Maguntinensis, abbatia Fuldensis, in: Germania Pontificia. Regesta pontificum Romanorum 4, Göttingen, 1978, Nr. 82 S. 33; Jaffé Philippe, Regesta Pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Editionem secundam correctam et auctam auspiciis Gulielmi Wattenbach curaverunt Samuel Löwenfeld – Ferdinand Kaltenbrunner – Paul Ewald, 1: a S. Petro ad a. MCXLIII, Leipzig, 1885, Neudruck Graz, 1956, Nr. 2287 S. 267 hg. von Paul Ewald).
[3] In einem auf den 01. Mai 748 datierten Brief an Bonifatius teilt der Papst diesem mit, dass er den fränkischen Bischöfen dankend schon geschrieben habe: [...] Quia et nos dilectioni eorum gratias agentes apostolicas misimus litteras [...] (Briefe, wie Anm. 6, Nr. 80 S. 256-271; MGH Ep. sel. I, wie Anm. 3, S. 172-180. Die im Perfekt formulierte Absendung bedeutet nicht unbedingt, dass dieser Brief früher abgeschickt wurde). Dieses Schreiben bezieht sich hier mit Sicherheit auf Brief Nr. 82 (Tangl Michael, Studien zur Neuausgabe der Briefe des hl. Bonifatius und Lullus, I [= Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 40, 1916, 639-790], wiederabgedruckt in: Ders., Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte 12: Das Mittelalter in Quellen und Diplomatik 1, Graz, 1966, 60-177, hier S. 172-174. Wagner Henrich, Bonifatiusstudien, in: Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 60, 2003, S. 156-164 will die Gruppe der drei Briefe (Nr. 80, 82, 83) mit ansprechenden Erwägungen in das Jahr 747, vielleicht auch zum 01. Mai, setzen, hat aber Schwierigkeiten die genaue Datierung von Brief Nr. 80 zu erklären.
[4] Dilectissimis nobis Reginfrido Rodomagensi (Rouen) episcopo, Deodato Belbocanensi (Beauvais) episcopo, Rimberhto Ambianensi (Amiens) episcopo, Heleseo Novianensi (Noyon)  episcopo, Fulcrico Tungriensi (Tongern-Lüttich) episcopo, David Spironensi (Speyer) episcopo, Aethereo Toroanensi (Thérouanne) episcopo, Trewardo Camorocanensi (Cambrai) episcopo, Burhardo Wirzaburcnensi (Würzburg) episcopo, Genebaudo Laudensi (Laon) episcopo, Romano Meldensi (Meaux) episcopo, Agilolfo Colonensi (Köln) episcopo, Heddo Stratburgensi (Strasbourg/Straßburg) episcopo et ceteris amantissimis chorepiscopis […].
[5] Wir besitzen kein direktes Zeugnis über diese Synode. Aber in einem Brief des Bonifatius an Erzbischof Cudbehrt (von Canterbury), der vor dem Clofeshoer Konzil von Anfang September 747 datiert wird, teilt er ihm mit, was  […] in  nostro sinodali conventu […] beschlossen worden sei (Briefe, Nr. 78 S. 238-255; MGH Epist. sel. I, S. 161-170. Siehe dazu Glatthaar Michael, Bonifatius und das Sakrileg. Zur politischen Dimension eines Rechtsbegriffs, in: Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 17, 2004, S. 325-331; Hartmann Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, in: Konziliengeschichte, hg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen. Paderborn, 1989, S. 60-61. In der Forschung wird angenommen, dass die Erklärung, für die sich Papst Zacharias bedankt (Brief Nr. 82), auf dieser Synode bekundet wurde. Demnach sind die angeschriebenen Bischöfe eine gewisse Zeit vor September 747, vermutlich im ersten Halbjahr, bei einer Synode zusammengekommen. Nach Lage der erwähnten Sitze wird sie in Karlmanns Teilreich stattgefunden haben (Glatthaar, ebd., S. 326-331; Wagner, wie Anm. 7, S. 160; Schipperges Stefan, Bonifatius ac socii eius. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung des Winfrid-Bonifatius und seines Umfeldes, in: Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 79, 1996, S. 32 Anm. 179; Heidrich Ingrid, Synode und Hoftag in Düren im August 747, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 50, 1994, 415-440, hier S. 421-422 Anm. 23).
[6] MGH Scriptorum XIII, Hannover 1881, Nachdruck 1963, ed. O. Holder-Egger, S. 282-286; MGH SS XXIV, Hannover 1879, Nachdruck 1964, ed. H. Cardauns, S. 332-367; Duchesne L., Fastes épiscopaux de l'ancienne Gaule. 3: Les provinces du Nord et de l'Est, Paris, 1915, S. 175-178. Vgl. Oediger Friedrich W., Die Regesten der Erzbischöfe von Köln, 1 (313-1099), in: Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 21, 1954-1961, S. 34 Nr. 76; Engels Odilo et Weinfurter Stefan, Series episcoporum Ecclesiae catholicae occidentalis ab initio usque ad annum MCXCVIII. Series V: Germania. T. I: Archiepiscopatus Coloniensis, Stuttgart, 1982, S. 12.
[7] Ewig Eugen, Beobachtungen zur Frühgeschichte des Bistums Köln, in: Beihefte der Francia 3/2, München, 1979: Spätantikes und Fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften (1952-1973), hg. Atsma Hartmut, 2. Band, 126-153 (Geschichte und Kunst im Erzbistum Köln. Festschrift Wilhelm Neuss, Düsseldorf, 1960, 13-39), hier S. 127-129; Duchesne, wie Anm. 6, S. 177-178.
[8] Gestorben vor dem 31. Oktober 745 (Oediger, wie Anm. 6, S. 30 Nr. 65).
[9] Der Katalog muss ursprünglich Reginfridus vor Agilolfus gesetzt haben, wie es die Königssynchronismen richtig angeben: Agilolfus episcopus, sub Hilderico (König Childerich III., 743-751), Reginfridus episcopus, sub Theoderico (Theuderich IV., 721-737), Hildiger episcopus, sub Pippino. Letzterer kam 753 ums Leben.
[10] Seit dem 12. Jahrhundert feiert die Kirche von Köln den Tag seiner Translatio am 09. Juli. Verschiedene spätere Eintragungen haben als Todestag den 19. Juli oder den 31 März (Oediger, wie Anm. 6, S. 32 Nr. 71).
[11] Zu dem historischen Rahmen dieses Schrifttums siehe das Resümee von Philippe George, A Liège, le 9 mai 1071, le triomphe de saint Remacle, in: Liège. Autour de l'an mil, la naissance d'une principauté (Xe-XIIe siècle)", Liège, 2000 (online: http://www.europaethesauri.eu/ArtGeorgeRem.htm). Zur Agilolf-Forschung siehe Piront Emil, Die "Passio Agilolfi im Kreuzfeuer der Kritik", in: Zwischen Venn und Schneifel 27, 1991, S. 151-154, 167-171; Jenal Georg, Erzbischof Anno II. von Köln (1056-75) und sein politisches Wirken. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichs- und Territorialpolitik im 11. Jahrhundert, 1. Teil, in: Monographien zur Geschichte des Mittelalters 8, I, Stuttgart, 1974, S. 56-109.
[12] Die Gründung der Doppelabtei Stavelot (Stablo)-Malmedy (Belgien, Provinz Lüttich, Bezirk Verviers) geht auf die Jahre 647-650 zurück. Diese besteht aus zwei einige Kilometer voneinander entfernten Klöstern: Stavelot auf der Amel (französisch: Amblève, ein Nebenfluss zur Ourthe in Ostbelgien), das zur Diözese Tongern-Maastrich-Lüttich gehörte, und Malmedy, auf der Warchenne (Nebenfluss der Warche), das in Kölns Zuständigkeitsbereich fiel. Die Geschichte der zwei Klöster, die in Personalunion von einem Abt geleitet wurden, ist geprägt von dem fast ständigen Zwist um Vorherrschaft oder Unabhängigkeit. Dieser endet erst mit der Aufhebung beider Klöster im Jahr 1796.
[13] Laut Passio Agilolfi, Acta Sanctorum Iulii II, 1721, p. 720-726, hier S. 722 c. 7 et 8, soll er Mönch in Malmedy gewesen sein, bevor er Bischof von Köln wurde; in dem Kloster soll er auch bestattet worden sein. In der Translatio Malmundarium et Miracula sancti Quirini,  AA. SS. octobris V, 1786, S. 550-559, hier S. 557 c. 38 ist Agilulfus ehemaliger Abt von Malmedy als Nachfolger von Anglinus und dann Erzbischof von Köln. In der Schrift Triumphus s. Remacli de Malmumdariensi coenobio , hg. von W. Wattenbach, MGH SS XI , Hannover, 1854, Nachdruck 1963, 433-461, hier S. 438-439 c. 2 war Ailulfus, dessen Körper in Malmedy lag (und später nach Köln übertragen wurde), ein ehemaliger Erzbischof von Köln.
[14] Anglinus ist von 746/747 bis 755 urkundlich belegt.
[15] Dazu auch Gierlich Ernst, Die Grabstätten der rheinischen Bischöfe vor 1200, in: Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 65, Mainz, 1990, S. 265-267; U. Berlière, Artikel "Agilolphe" in: Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques 1, Paris, 1912, Sp. 959-960; Ders., Monasticon belge II: province de Liège, Maredsous 1928, repr. anst. 1962, S. 72..

11.09.2013, 20.06.2015