B A G U L F U S

ehemaliger Eigentümer der Zelle Altrip (vor dem 13. August 762)

Am 13. August 762[1] lässt König Pippin in Trisgodros villa puplica[2] eine feierliche[3]  Urkunde zugunsten des von ihm mit seiner Frau Bertrada gegründeten[4] Kloster Prüm[5] ausstellen: Er überträgt ihm viele Güter in verschiedenen Gauen[6], bestätigt die vorausgegangenen Schenkungen, nimmt das Kloster unter seinen Schutz und verleiht ihm freie Abtswahl. Unter den geschenkten Gütern befindet sich die Medarduszelle in Altrip[7] im Speyergau, die Herlebaldus[8], Weolentio[9] und Bagulfus[10] ihm tradiert haben[11].


[1] Verlorenes Original. Überlieferung: Liber aureus Prumiensis, Das "Goldene Buch" von Prüm. Faksimile, Übersetzung der Urkunden. Einband, hg. im Auftrag des Geschichtsvereins "Prümer Land" e.V. von Nolden Reiner, Trier, 1997, fol. 2a-4a S. 15-19 (in dem zwischen 891 und 919/920 eingetragenen älteren Bestand, vgl. Kuchenbuch Ludolf, Bäuerliche Gesellschaft und Klosterherrschaft im 9. Jahrhundert. Studien zur Sozialstruktur der familia der Abtei Prüm, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft Nr. 66, Wiesbaden, 1978, S. 33). Drucke in Auswahl: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica - fortan MGH -, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 16 S. 21-25; Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien. Aus den Quellen hg. von Heinrich Beyer. Erster Band: Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1169, Coblenz, 1860, Neudruck: Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien, 1, Aalen, 1974, Nr. 16 S. 19-22; Übersetzung, Liber aureus, wie oben, Nr. 4 S. 254-257. Vgl. Oelsner Ludwig, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin, in: Jahrbücher der Deutschen Geschichte, Leipzig, 1871, S. 357-358; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 Nr. 95 S. 48-49. Zu dieser Urkunde, siehe die ausführliche Abhandlung von Isphording Bernd, Prüm. Studien zur Geschichte der Abtgei von ihrer Gründung bis zum Tod Kaiser Lothars I. (721-855), in: Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 116, Mainz, 2005, passim.
[2] Die Lokalisierung dieses änigmatischen Ortes hat schon lange die Forschung beschäftigt. Wegen gewisser Anklänge mit des ab 820 genannten pagus Trigorium, der im Rhein-Mosel-Dreieck lag (vgl. Karte bei: Pitz Martina/Puhl Roland, Trisgodros = Triguères /Loiret ? Pour une nouvelle localisation d'une villa publica énigmatique mentionnée dans une charte de Pépin le Bref, in: Nouvelle revue d'onomastique. Ononmastique galloromaine. Noms d'ailleurs et problèmes généraux, Lyon, n° 49-50, 2008, 55-81, hier S. 80, sowie S. 57-59; Heinzelmann Josef, Der Weg nach Trigorium… Grenzen, Straßen und Herrschaft zwischen Untermosel und Mittelrhein im Frühmittelalter, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 21, 1995, S. 9-132, hier S. 34-132, mit Karte S. 53; Halfer Manfred, Trigorium. Namenkontinuität im Rhein-Mosel-Dreieck, in: wie Heinzelmann, 133-151, S. 138-144), wurde diese unbekannte villa in dieser Gegend gesucht: Vorgeschlagen wurde letztens von Halfer, ebd., S. 144-148 der Ort Treis (heute Gemeinde Treis-Karden, Lkr. Cochem-Zell, mit Kritik von Pitz/Puhl, ebd., S. 61-62). Aber zieht man Pippins Itinerar im Jahr 762 hinzu - am 18. April war er noch in Quierzy, am 10. Juli urkundet er in Sinzig (oder Attigny), am 25. Dezember feiert er Weihnachten in Gentilly -, wäre sein Aquitanienfeldzug, der mit der Eroberung von Bourges und Thouars gipfelt, ein "Blitzfeldzug" gewesen, was dessen Darstellung in der Fredegar-Fortsetzung widerspricht (zu diesen Ereignissen und den entsprechenden Orten, s. Pitz/Puhl, ebd., S. 62-64; Isphording, wie Anm. 1, S. 100-113; Rouche Michel, L'Aquitaine des Wisigoths aux Arabes 418-781. Naissance d'une région, Paris, 1979, S. 123 und 125). Deswegen wird der Aquitanienfeldzug eher im Sommer/Herbst stattgefunden haben und Trisgodros "in Aquitanien oder auf dem Wege dorthin gesucht werden muss" (Sickel Theodor, Acta regum et imperatorum Karolinorum digesta et enarat. Die Urkunden der Karolinger, 2, Wien, 1867, S. 217). Pitz/Puhl siehen in Trisgodros den Ort Triguères (Loiret, arr. Montargis, cant. Châteaurenard), schließen dabei die Hypothese Trouy (Cher, arr. Bourges, cant. Levet)  von Isphording aus (Pitz/Puhl, ebd., S. 62-74; Isphording, ebd., S. 108-113). Kann wohl angenommen werden, dass Pippins Aquitanienfeldzug des Jahres 762 in der zweiten Hälfte des Jahres stattgefunden hat, so ist m. E. das Kapitel Trisgodros noch lange nicht geschlossen.
[3] Zahlreiche geistliche und weltliche Zeugen unterschreiben die Urkunde: Signa von Karl, Karlmann (Pippins Söhne), neun Bischöfen und zwölf Grafen: Droconi comitis, Chrodardi comitis, Warini …, Welanti …, Baugulfi …, Gerhardi …, Troanie …, Waltarii …, Herloini …, Gunberti …, Rachulfi …, Warini comitis.
[4] Das Kloster wurde schon 721 durch Bertrada und ihren Sohn Charibertus, zukünftiger Schwiegervater Pippins, gestiftet (Verlorenes Original. Liber aureus Prumiensis, wie Anm. 1, fol. 82a-83a, S. 177-179. Druck: Urkundenbuch, wie Anm. 1, Nr. 8 S. 10-11. Übersetzung: Nolden, ebd., Nr. 1 S. 252-253).
[5] Heute Stadt in der Eifel, Rheinland-Pfalz, Landkreis Eifelkreis Bitburg-Prüm.
[6] Karosgau, Moselgau, Bidgau, Eifelgau, Ribuarien, Speyergau, Lommegau.
[7] Altrip, Stadt in der Eifel, Rheinland-Pfalz, Rhein-Pfalz-Kreis. Die cella erscheint in dieser Urkunde erstmals in den Quellen. Laut Überlieferung wird seine Gründung dem König Dagobert I. zugeschrieben (Fesser Jörg, Namenskontinuität und Siedlungskontinuität am Beispiel Altrip, in: Beiträge zur Namenforschung, NF 47, 2012, S. 81-89). Sie "scheint mit ansehnlichem Grundbesitz ausgestattet gewesen zu sein" (Mayr Gottfried, Studien zum Adel im frühmittelalterlichen Bayern, in: Studien zur Verfassungs- und Sozialgeschichte , München 1974, S. 83). Zu Altrips Bedeutung, siehe Staab Franz, Speyer im Frankenreich (um 500-918), in: Geschichte der Stadt Speyer 1, Stuttgart, 1982, 163-248, hier S. 202.
[8] Als Mitbesitzer der Zelle Altrip ist er wohl mit Weolentio und Bagulfus verwandt. Siehe Alter Willi, Die klösterlichen Wohltäter der karolingischen Zeit in Deidesheim, Friedelsheim und Gönnheim, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 97, 1999, 237-351, hier S. 243-244 für die späteren Nachrichten zu Personen dieses Namens. Dass sie zum Verwandtschaftskreis der Widonen gehören, wie manchmal behauptet, ist nur eine schwach begründete Hypothese.
[9] Sollte Weolentio mit dem Grafen Welant, der als Zeuge genannt ist, identisch sein? Diese Hypothese wird des Öfteren angenommen (Gockel Michael, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein, in: Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 31, 1970, S. 194 Anm. 1175; Morlet Marie-Thérèse, Les noms de personne sur le territoire de l'ancienne Gaule du VIe au XIIe siècle. I: Les noms issus du germanique continental et les créations gallo-germaniques, Paris 1968, S. 220). Aber eine andere Möglichkeit kann nicht ausgeschlossen werden: die Personengleichheit mit Wegelenzo/Wegulantius, der als Vater des Grafen Warinus (im Lobdengau) bezeugt ist (Werle H., Der Hochadel des Westrich in der Spätkarolingerzeit, in: Niederschrift über die Verhandlungen des  Historischen Seminars der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Abt. III: Geschichtliche Landeskunde, in Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft für westdeutsche Landes- und Volksforschung vom 16. - 19. März 1958 in Meisenheim, Bonn 1958, 14-26, hier S. 21).
[10] Dieser Name ist unter dieser Form sehr selten (Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Neudruck München 1966, Sp. 231). Erst später bringt eine undatierte Notiz in dem im 12. Jahrhundert verfassten Codex Eberhardi ein Wilant comes mit seinem Bruder Bagolf, die Fulda Güter in Willanzheim (bei Kitzingen in Unterfranken), Kriftel (Hessen, Main-Taunus-Kreis), Gremsdorf (Mittelfranken, Lkr. Erlangen-Höchstadt) und wahrscheinlich im Maingau übertragen haben (Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, hg. von Meyer zu Ermgassen Heinrich, 2 in: Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 58, Marburg, 1996, Nr. 236 S. 216; Urkundenbuch des Klosters Fulda, bearb. von Stengel Edmund E., I, in: Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen und Waldeck X/1, Marburg 1958, Nr. 523 S. 503-504, setzt diese Schenkung in die Zeit von 780/802. Vgl. Störmer Wilhelm, Die Wohltäter des frühmittelalterlichen Klosters Brach an der fränkischen Saale, in: Würzburger Diözesan-Geschichtsblätter, 37/38. Kirche und Theologie in Franken. Festschrift für Theodor Kramer, Würzburg 1975, 469-479, hier S. 474-475). Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass dieser Bagulfus mit dem Grafen Baugulfus, der nach dem Grafen Welantus als Zeuge fungiert, identisch sei (Gockel, wie Anm. 9; Staab, wie Anm. 7, S. 189). Aber Förstemann, ebd. und Sp. 252 wie auch Geuenich Dieter, im Lemmatisierten Personennamenregister, in MGH Libri memoriales et Necrologia, NS I, hg. von Johanne Autenrieth, Dieter Geuenich und Karl Schmid, Hannover, 1979, S. 55 und 57 trennen deutlich beide Namen. Dazu auch der angelsächsische Namen Beagwulf. Die  Frage der Personengleichheit muss unbeantwortet bleiben.
[11] […] cellam iure proprietatis nostrae in loco qui dicitur Altrepio super fluvium Reni in pago Spirinse, qui est constructa in honore sancti Medardi, cum villis vel appenditiis suis, quem Herlebaldus et Weolentio nec non et Bagulfus mihi traditerunt, […].

27.12.2014