E R L O L F U S[1]

Bischof von Langres, belegt im Jahr 769

Zur Deputation fränkischer Bischöfe[2], die von den Königen Karl (de Große) und Karlmann nach Rom gesandt wurde, um an dem von Papst Stefan (III.) einberufenen Konzil teilzunehmen, gehörte auch Erlolfos episcopus civitate Linguionensis[3]. Die Synodalen, die vom 12. bis 14. April 769 in der Lateranbasilika zusammentrafen, erklärten die Amtshandlungen des unkanonisch ernannten Papstes Konstantin II.[4] für ungültig und erließen Vorschriften für künftige Papstwahlen; danach befassten sie sich mit dem Problem der Bilderverehrung[5]. Papst Hadrian I.[6] wird später in einem Brief an Karl den Großen[7] die Wortmeldung des Herulfus episcopus provintiae Galliarum civitatisque Linguinis während dieses Konzils hervorheben.
Es ist nicht möglich herauszufinden, wann jener Bischof die cathedra von Langres bestieg. Die Bischofslisten[8] bringen Erlulfus/Arlulfus nach einem Wandrerius, der sonst nicht belegt ist[9].
Nur die Vita Hariolfi[10] bietet einige Anhaltspunkte zu seinem Pontifikat. Sie berichtet, dass Hariolfus[11] mit Hilfe seines Bruders[12], des Bischofs von Langres[13] Erlolfus, auf Patrimonialgüter[14] das Kloster Ellwangen[15] errichtet hat, welches er dem König Pippin schenkt[16].
Die Weihe der ersten Klosterkirche hat vermutlich am 03. Oktober 773 stattgefunden[17]. Dafür hatte Bischof Erlolfus von Papst Hadrian I.[18] die notwendigen Reliquien erhalten[19]. Zudem hat Erlolfus aus dem Schatz seiner Diözese etliche Reliquien nach Ellwangen überführt[20].
Hariolfus soll seinem Bruder als Bischof von Langres gefolgt sein[21], aber für diese Zeit herrscht Ungewissheit[22].
Im Ellwanger Nekrolog ist Erlolfus episcopus zum 29. November eingetragen[23].


[1] Arlulfus, Erlolf, Erlolfos, Erlulfus, Herulfus.
[2] ... nimis divinus scripturis et sanctorum canonum ceremoniis doctos ac probatissimos viros,...: Liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire, L. Duchesne, I (Bibliothèque des Ecoles françaises d'Athènes & de Rome), Paris, 1955, Vita Stephani III, S. 473; MGH Conc. II/1, S. 75.
[3] Liber pontificalis, S. 473 ff.; MGH Conc. II/1, S. 74 ff. Die einzige Handschrift des Liber pontificalis, welche die Namen der Teilnehmer dieses Konzils mitteilt, ist die aus Auxerre stammende und Ende des 9. Jahrhunderts verfasste Handschrift Leydensis Vossianus 41 (Duchesne, S. CLXXVIII Nr. 22, CCXXIX Nr. 21, 482 Anm. 28). Eine andere Liste, mit leichten Abweichungen, ist nach einer Handschrift, die im 10. Jahrhundert in Verona angelegt wurde (s. Letha Böhringer, Zwei Fragmente der römischen Synode von 769 [Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte, 3: Aus Archiven und Bibliotheken. Festschrift für Raymund Kottje zum 65. Geburtstag, hrsg. von Hubert Mordek, Frankfurt am Main u. a., 1992, 93-106], S. 98 Anm. 25) im 18. Jahrhundert ediert worden (Gaetano Cenni, Concilium Lateranense Stephani III A. 769 [1735]; MGH Conc. II/1, S. 80-81). Die erste Liste bringt Erlolfos episcopus civitate Linguionensis, die zweite Erlulfo episcopi Lingonicensi. Eine dritte Liste, deren Quelle heute verloren ist, wurde von Jacques Sirmond, Concilia antiqua Galliae, Paris, 1629, ND Aalen, 1970, S. 66, gedruckt. Hier heißt es: Herulfus Lingonensis.
[4] Konstantin wurde als Laie im Juni/Juli 768 zum Papst ernannt und konnte sich fast ein Jahr lang halten (dazu Harald Zimmermann, Papstabsetzungen des Mittelalters. I: Die Zeit der Karolinger [Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 69, Graz-Köln, 1961, 1-84], S. 14-17.
[5] Dazu Wilfried Hartmann, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien (Konziliengeschichte, hrsg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen), Paderborn, 1989, S. 84-86.
[6] 772-795.
[7] MGH Epist. V, S. 20; MGH Conc. II/1, S. 89-90.
[8] Marilier, Jean, Quelques aspects du diocèse de Langres au VIIIe siècle: le diocèse, les cathédrales, les évêques, (Bulletin de la Société Historique et Archéologique de Langres, 14, 1965/69, 17-29), Langres, 1965, S. 17-18; Duchesne, L., Fastes épiscopaux de l'ancienne Gaule, II, Paris, 1910, S. 183-185. 
[9] Es ist sogar nicht klar, ob Wandrerius vor oder nach Remigius (oder sogar vielleicht während dessen Zeit) das Bistum leitete. Dieser hatte von seinem Halbbruder Pippin mehrere burgundische Güter erhalten, darunter jene der Kirche von Langres: Pippinus igitur rex habuit quendam fratrem, nomine Remigium, cui in Burgundia plurima loca concessit. Inter quae etiam res ad Episcopatum Ecclesiae Lingonensis pertinentes, quas sicut sibi visum est, suis asseclis dimisit (E. Bougaud, et J. Garnier, Chronique de Saint-Pierre de Bèze [Analecta Divionensia, V, Dijon, 1875], S. 248. Dass Remigius auch den Bischofsstuhl von Langres besetzte, ist nicht wahrscheinlich, obwohl die genannte Chronik ihn als illegitimer Bischof gesehen haben scheint: Postquam autem remoto Remigio Episcopatus Lingonensis Episcopis legitimus cessit, hoc monasterium ab episcopo receptum est (Übersetzung: Nachdem er [= Pippin] aber, nachdem Remigius entfernt worden war, das Bischofsamt von Langres den rechtmäßigen Bischöfen überlassen hatte, wurde dieses Kloster vom Bischof in Empfang genommen [freundliche Mitteilung von Walter Kettemann, Trier]), S. 249. Remigius, den die Bischofslisten ignorieren, wurde 755 Bischof von Rouen. Es ist aber nicht bekannt, bis wann er die genannten Güter zurückbehielt. Die Gallia Christiana, IV, Paris, 1876, Sp. 525, bringt Vandrarius nach Remigius mit einem Fragezeichen. Siehe Marilier, wie Anm. 8, S. 18, 21-22. Zur um 1120 verfassten Chronik von Bèze, s. Dahlmann, Charlotte, Untersuchungen zur Chronik von Saint-Bénigne in Dijon [Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 49, Berlin, 1932, 281-331], S. 283. Unter Pippins Regierung versinkt die Geschichte des fränkischen Burgunds in die Dunkelheit (dazu Chaume, Maurice, Les origines du duché de Bourgogne, I, Dijon, 1925, S. 95 ff.). Es ist aber sicher, dass Pippin das wieder errichtete Bistum Langres einem Mann seines Vertrauens überließ (s. unten Anm. 11).
[10] Verfasst um 850 vom Mönch und Hagiograf Ermenricus, scheint diese Vita zu den vorgebrachten Zeugnissen glaubwürdig zu sein (Viktor Burr, Vita Hariolfi [Ellwangen 764-1964. Beiträge und Untersuchungen zur Zwölfhundertjahrfeier, hrsg. von Viktor Burr, Ellwangen, 1964, 9-49, lat./dt.] mit Kommentar und Anmerkungen).
[11] Viele Abhandlungen haben versucht, die Abstammung dieser Sippe zu erkunden. Öfters wurde eine bayerische Herkunft, vielleicht sogar in Verbindung mit der herzöglichen Familie, vorgeschlagen. So z. B. Karl Schmid, unten Anm. 12, und Karl Ferdinand Werner, Bedeutende Adelsfamilien im Reich Karls des Großen (Karl der Grosse, I, Persönlichkeit und Geschichte, hrsg. von Helmut Beumann, Düsseldorf, 1965, 83-142), S. 113-115. Diese Hypothese passt gut zu Pippins Politik. Der König stattete sechs bayerische principes mit Besitz der Kirche von Auxerre aus (MGH SS XIII, S. 395 Nr. 32; dazu Chaume, wie Anm. 9, S. 96 und Anm. 2). Vom 756 verstorbenen Abt von Saint-Martin (in Tours), Wicterbus, heißt es, fuit autem Baugoarius genere Heilolvingus (MGH SS I, S. 18 und MGH SS III, S. 170; s. Schmid, ebda., S. 111 Anm. 11). Waldricus und Betto, Äbte von Schäftlarn in Bayern, werden die Nachfolger von Erlolfus (und Hariolfus) als Bischöfe von Langres (dazu Joachim Jahn, Ducatus Baiuvariorum [Monographien zur Geschichte des Mittelalters, 35], Stuttgart, 1991, S. 360 ff.). Siehe auch Josef Fleckenstein, Fulrad von Saint-Denis und der fränkische Ausgriff in den süddeutschen Raum (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte, IV. Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des großfränkischen und frühdeutschen Adels), Freiburg i. Br., 1957, S. 9-39. Aber es gibt auch andere Herkunftsvorschläge: Das Rheinmoselgebiet (Karl Fik, Zur Geschichte der Leitung der Abtei Ellwangen [Ellwangen 764-1964, Beiträge und Untersuchungen zur Zwölfhundertjahrfeier, hrsg. von Burr Viktor, Ellwangen, 1964, 107-152], S. 114) oder das Elsass (Winfried Böhne, Zur mittelalterlichen Geschichte Ellwangens nach Fuldaer Quellen [ibid., 73-83], S. 82.
[12] S. 14-15, 16-17, 22-23. Die Vita erwähnt noch einen anderer Bruder namens Franco: ...apud curiam Pippini mare quod Podomus (= Bodensee) dicitur ... Fuit in eodem loco germanus domini Hariolfi et Erlolfi nomine Franco, ... (S. 22-25). Wilhelm Schwarz, Studien zur ältesten Geschichte des Benediktinerklosters Ellwangen (Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, 11, Stuttgart, 1952, 7-33), S. 17 ff. möchte in Hariolfus und Erlolfus nur eine Person sehen. Diese Hypothese ist aber widerlegt worden. S. Viktor Burr, Ermenrich von Ellwangen (Ellwanger Jahrbuch, 16, 1954-1955, 19-31), S. 24-25 mit Anm. 28 und 29; Karl Schmid, Bischof Wikterp in Epfach (Münchener Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, VII. Veröffentlichungen der Kommission zur archäologischen Erforschung des spätrömischen Raetien, 1 [Studien zu Abodiacum-Epfach], München, 1964, 99-139), S. 120-121; Marilier, wie Anm. 8, S. 22 ff.; Karl Fik, Beiträge und Bemerkungen zur Ellwanger Geschichte (Ellwanger Jahrbuch, 19, 1960-1961, 18-21), S. 21; Hansmartin Schwarzmaier, Sozialgeschichtliche Untersuchungen zur Geschichte der Abtei Ellwangen in der Karolingerzeit (Ellwangen, wie Anm. 11, 50-72), S. 58 ff.; Josef Semmler, Zu den bayrisch-westfränkischen Beziehungen (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, 29/2, München, 1966, 344-424), S. 377.
[13]germano Erlolfo Lingonice civitatis episcopo ... (S. 14-15).
[14] S. 14-15.
[15] … ex illa venatione nomen Elehenfanc sortitus est (S. 16-17): Ellwangen, Baden-Württemberg, Ostalbskreis.
[16] S. 14-15. Pippin stirbt im Jahr 768. Die Translation der Tergemini nach Ellwangen, die sich vor jener der patroni primarii, tempore regis Pippini, ereignete, bestätigt, dass die Klostergründung vor 768 stattgefunden hat (Vita, S. 40). Spätere Quellen setzen diese in das Jahr 764 (Annales Elwangenses, MGH SS X, S. 18; Chronicon Elwacense, MGH SS X, S. 35, oder: J. A. Giefel, Die Ellwanger und Neresheimer Geschichtsquelle [Württembergische Geschichtsquellen, II], Stuttgart, 1888, S. 13 und 34).
[17] Dazu Böhne, wie Anm. 11, S. 78 ff.
[18] 772-795.
[19] Vita S. 22-23; s. Semmler, wie Anm. 12, S. 381.
[20] Siehe Viktor Burr, Die kappadokischen Tergemini in Langres und Ellwangen (Ellwanger Jahrbuch 1960-1961, S. 7-13).
[21] Vita S. 14-15.
[22] Marilier, wie Anm. 8, S. 24-28. Schon 775 ist der Bischof Waldricus bezeugt (Georges Chevrier et Maurice Chaume, Chartes et documents de Saint-Bénigne de Dijon, I [Analecta Burgundica], Dijon, 1986, Nr. 27 S. 64-65).
[23] Erlolfus episcopus obiit huius loci fundator: Karl-Heinz Mistele, Necrologium Elvacense (Ellwangen 764-1964, S. 165). Siehe R. Aubert, Artikel "Herulfe", in: Dictionnaire d'histoire  et de géographie ecclésiastiques, 24, Paris, 1993, Sp. 225-226; Gallia Christiana, IV, Paris, 1876, Sp. 526-527.

29. Mai 2010