C H A R D O B A C H I U S

sonst unbekannter Bischof, bezeugt 757

Chardobachius[1] quamvis peccator episcopus unterschreibt die in Compiègne[2] im Mai 757[3] ausgestellte Urkunde des Bischofs Chrodegangus von Metz[4] zugunsten des Klosters Gorze[5]. Es ist die einzige Erwähnung dieses Bischofs, der auf keiner bekannten Bischofsliste[6] aufgeführt wird und dessen Namen wahrscheinlich emendiert werden muss.


[1] Die Überlieferung der Bischofsliste steckt voller Abschreibefehler (s. unten Anm. 3). Deshalb ist es nicht unmöglich, dass der Kopist den Namen Chardobachius verlesen hat. Schon Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. 1: Personennamen, 2. Auflage, Bonn 1900, Neudruck Hildesheim 1966, Sp. 752-753 hat bemerkt, dass dieser Name, der sonst nicht vorkommt, wahrscheinlich verderbt ist und eine Emendation in -banius, -bannus vorgeschlagen. Heinrich Wagner, Bonifatiusstudien, in: Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 60, 2003, S. 154-155 hebt hervor, dass in einem Brief des Papstes Zacharias an Bonifatius vom 05. Januar 747 ein Gesandter des Hausmeiers Pippin namens Ardobanius religiosus presbiterus genannt wird (Monumenta Germaniae historica - fortan MGH -, Epistolae selectae I: Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, hg. von Tangl Michael, Berlin 1916, Nachdruck München 1989, Nr. 77 S. 159-161). Dieser Ardobanius könnte in der Zwischenzeit Bischof geworden sein und dann mit dem Chardobachius identifiziert werden.
[2] Diese Urkunde wurde wohl auf der Synode von Compiègne ausgestellt (Hartmann Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, in: Konziliengeschichte, hg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen, 1989, S. 76-70; Carlo de Clercq, La législation religieuse franque de Clovis à Charlemagne 507-814, Louvain-Paris 1936, S. 137-142).
[3] Original verloren. Sehr schlechte Abschrift der Urkunden von vermutlich Ende des 12. Jahrhunderts. Druck: A. d'Herbomez, Cartulaire de l'abbaye de Gorze, in: Mettensia 2. Mémoires et documents publiés par la Société Nationale des Antiquaires de France, 1898, Nr. 4 S. 9-13, vgl. auch S. IV, VIII-XI; MGH, Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906, S. 59-63. Zum Tag, wahrscheinlich der 18. Mai, vgl. Reumont H.,  Zur Chronologie der Gorzer Urkunden aus karolingischer Zeit, in: Annuaire de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine, 14, 1902, 270-289, hier S. 275.
[4] Bischof von Metz 742 oder 747, ernannt Erzbischof im Jahr 754, stirbt 766. Das Weihedatum ist unsicher (Schieffer Theodor, Bonifatius und Chrodegang, in: Wege der Forschung, 312. Mönchtum und Gesellschaft im Frühmittelalter, hg. von Friedrich Prinz, Darmstadt 1976, 112-150 [= Angelsachsen und Franken. Zwei Studien des 8. Jahrhunderts. Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse. Jahrgang 1950, 20, 1431-1463], hier S. 144 Anm. 84).
[5] Frankreich, département de la Moselle, arrondissement de Metz-Campagne, canton d'Ars-sur-Moselle. Die Anfänge des Klosters Gorze werden durch zwei Urkunden bestimmt, die im Chartular überliefert sind. Am 20. Mai 748 stattete Bischof Chrodegangus von Metz das von ihm als bischöfliches Eigenkloster gegründete Gorze mit Gütern der Metzer Kirche aus (Nr. 1 S. 1-4. Interpoliert. Da die Urkunde im 6. Herrscherjahr Childerichs datiert ist, muss das vom Herausgeber angegebene Jahr 745 in 748 emendiert werden). Am 18. Mai 757 verkündete er auf der Synode von Compiègne die Gründung des Klosters. Chrodegangus scheint es in den ersten Jahren selbst geleitet zu haben. Die Urkunde von 757 spricht wohl von einem Abt, aber nennt keinen Namen. Erst in einer Urkunde des Jahres 760 erscheint einmalig Abt Gundelandus (Nr. 6 S. 15-16. Hier muss das Datum auch emendiert werden), bevor dieser die Leitung des Klosters Lorsch übernahm. Es folgte Abt Theumarus. Im Jahr 1572 wurde das Kloster säkularisiert. Zur Geschichte des Klosters, siehe J. Schneider, Artikel "Gorze", in: Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques 21, Paris 1986, Sp. 811-817.
[6] Duchesne L., Fastes épiscopaux de l'ancienne Gaule, 3, Paris 1915, S. 230-259. Es könnte sich natürlich auch um einen Chorbischof gehandelt haben.

12.06.2009, überarbeitet 22.06.2015