H E R I V E U S[1]

Bischof von Besançon, bezeugt 757 und vermutlich 762

Heriveus[2] episcopus testiert die im Mai 757[3] in Compiègne[4] zugunsten des Klosters Gorze[5] ausgestellte Urkunde[6]  des Metzer Bischofs Chrodegangus[7].
Harifeus episcopus civitas Bisentionis[8] zählt zu den anwesenden Bischöfen und Äbten, die auf der Synode[9] von Attigny[10], die vermutlich im Jahr 762[11] zusammentrat, einen Gebetsbund unterzeichneten[12].
Die bisontiner Bischofskataloge[13] bringen Arveus/Erveus nach dem sonst unbekannten Euroldus[14] und vor Gedeon[15], der in einer Fälschung zum Jahr 790 belegt ist[16].


[1] Varianten: Arveus, Erveus, Harifeus.
[2] Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. 1: Personennamen, 2. Auflage, Bonn 1900, Nachdruck Hildesheim 1966, Sp. 781-782 sowie Morlet Marie-Thérèse, Les noms de personne sur le territoire de  l'ancienne Gaule du VIe au XIIe siècle, 1, 1968, S. 127 und Altdeutsche Personennamen. Ergänzungsband verfaßt von Kaufmann Henning, München-Hildesheim 1968, S. 401-402 sehen in Heriveus einen germanischen Namen (hari/wig). Dieter Geuenich (E-Mail vom 26. Juni 2008) weist einen keltischen Ursprung nicht zurück (Variante von Hervé, eine bretonischer Heiliger).
[3] 18. oder 23. Mai 757. Vgl. Reumont H.,  Zur Chronologie der Gorzer Urkunden aus karolingischer Zeit, in: Annuaire de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine 14, 1902, S. 275.
[4] Heriveus hat also am Konzil, das in dieser Stadt tagte, teilgenommen (Hartmann Wilfried, Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich und in Italien, in: Konziliengeschichte, hg. von Walter Brandmüller, Reihe A: Darstellungen, Paderborn, 1989, S. 76-79; Carlos de Clercq, La législation religieuse franque de Clovis à Charlemagne 507-814, Louvain-Paris, 1936, S. 137-142).
[5] Frankreich, département de la Moselle, arrondissement de Metz-Campagne, canton d'Ars-sur-Moselle. Die Anfänge des Klosters Gorze werden durch zwei Urkunden bestimmt, die im Chartular überliefert sind. Am 20. Mai 748 stattete Bischof Chrodegangus von Metz das von ihm als bischöfliches Eigenkloster gegründete Gorze mit Gütern der Metzer Kirche aus (Nr. 1 S. 1-4. Interpoliert. Da die Urkunde im 6. Herrscherjahr Childerichs datiert ist, muss das vom Herausgeber angegebene Jahr 745 in 748 emendiert werden). Im Mai 757 verkündete er auf der Synode von Compiègne die Gründung des Klosters. Chrodegangus scheint es in den ersten Jahren selbst geleitet zu haben. Die Urkunde von 757 spricht wohl von einem Abt, aber nennt keinen Namen. Erst in einer Urkunde des Jahres 760 erscheint einmalig Abt Gundelandus (Nr. 6 S. 15-16. Hier muss das Datum auch emendiert werden, nicht 759 sondern 760), bevor dieser die Leitung des Klosters Lorsch übernahm. Es folgte Abt Theumarus. Im Jahr 1572 wurde das Kloster säkularisiert. Zur Geschichte des Klosters, siehe J. Schneider, Artikel "Gorze", in: Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques 21, Paris, 1986, Sp. 811-817).
[6] Original verloren. Überlieferung: Chartular, Ende des 12. Jahrhunderts, das 1944 verbrannt ist. Drucke in Auswahl: A. d'Herbomez, Cartulaire de l'abbaye de Gorze, in: Mettensia 2. Mémoires et documents publiés par la Société Nationale des Antiquaires de France, Paris, 1898, Nr. 4 S. 9-13; Monumenta Germaniae historica, Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906 -nachfolgend MGH Conc.II/1- , S. 59-63.
[7] Bischof von Metz 742 oder 747, ernannt Erzbischof im Jahr 754, stirbt 766. Das Weihedatum ist unsicher (Schieffer Theodor, Bonifatius und Chrodegang, in: Wege der Forschung, 312. Mönchtum und Gesellschaft im Frühmittelalter, hg. von Friedrich Prinz, Darmstadt, 1976, 112-150 [= Angelsachsen und Franken. Zwei Studien des 8. Jahrhunderts. Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse. Jahrgang 1950, 20, 1431-1463], hier S. 144 Anm. 84).   
[8] Besançon, Frankreich, Präfektur der Région Bourgogne-Franche Comté, Département Doubs. Zum Bistum, siehe Karte in: Atlas de la France de l'an mil. Etat de nos connaissances, sous la direction de Michel Parisse avec l'aide technique de Jacqueline Leuridan, Paris 1994, S. 75.
[9] […] synodus conventus […]. Diese Synode wurde von Bischof Chrodegang von Metz zusammengerufen. Original verloren. Codex aus dem 8. Jahrhundert: MGH Conc. II/1, S. 72-73. Von diesem Konzil besitzen wir heute nur eine noch im 8. Jahrhundert angefertigte Abschrift des Textes der Gebetsverbrüderung, die zwischen den anwesenden Bischöfen und Äbten mit Namen und Sitz abgeschlossen wurde. Dazu Hartmann, wie Anm. 4, S. 79-81; Carlos de Clercq, wie Anm. 4, S. 143; Ewig Eugen, Saint Chrodegang et la réforme de l'église franque, in: Beihefte der Francia 3/2. Spätantikes und Fränkisches Gallien. Gesammelte Schriften 1952-1973, hg. von Atsma Hartmut, 1979, 232-253 (= Saint Chrodegang. Communications présentées au colloque tenu à Metz à l'occasion du XIIe centenaire de sa mort, 1967, 25-53), hier S. 240-242.
[10] Die Königspfalz Attigny war im 8. und 9. Jahrhundert eine der wichtigen Residenzen der Karolinger. Entgegen ihrem Namen stand sie nicht in Attigny am Ufer der Aisne (Frankreich, Département Ardennes, Arrondissement Vouziers, Canton Attigny), sondern in einem höher gelegenen und damit vor Hochwasser geschützten Nachbarort, der heute Sainte-Vaubourg heißt (Wikipedia, Artikel: Königspfalz Attigny, mit Literatur; Remmler Bernd, Spurensuche, die Karolinger: die verschwundenen Paläste Karls des Grossen, Pro Business, 2010, S. 115-140; Barbier Josiane: Palais et fisc à l’époque carolingienne: Attigny, in: Bibliothèque de l’école des chartes 140, 1982, S. 133-162).
[11] Der Gebetsbund ist nicht datiert, aber Oelsner Ludwig, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Leipzig 1871, S. 474-477, hat das Jahr 762 als wahrscheinlich dargestellt. Die Schlussfolgerungen von Schmid Karl und Oexle Otto Gerhard, Voraussetzungen und Wirkung des Gebetsbundes von Attigny, in: Francia 2, 1974, 71-122, hier S. 107 Anm. 50 scheinen dieses Datum zu bestätigen. Siehe auch Heidrich Ingrid, Synode und Hoftag in Düren im August 747, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 50, 1994, 415-440, hier S. 440. Isphording Bernd, Prüm. Studien zur Geschichte der Abtei von ihrer Gründung bis zum Tod Kaiser Lothars I. (721-855), in: Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 116, Mainz 2005, S. 100-106 kommt in seinen Überlegungen zum Actum-Ort der Urkunde Pippins vom 10. Juli 762 (Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 15 S. 20-21) zum Ergebnis, dass, hält man an der Datierung der Synode von Attigny auf 762 fest, diese in der ersten Julihälfte "recht wahrscheinlich" stattgefunden habe. 
[12] Aus der Reihenfolge der Namen dürfen keine Schlüsse gezogen werden (Hartmann, wie Anm. 4, S. 80 und Anm. 47; Fichtenau Heinrich, Die Reihen der Zeugen und Konsentienten, Ders., Beiträge zur Mediävistik. Ausgewählte Aufsätze, 3: Lebensordnungen - Urkundenforschung - Mittellatein, Stuttgart 1986, 167-185 = Palaeographica, diplomatica et archivistica. Studi in onore du Giulio Battelli - Storia e letteratura, 140/2, 1979, 41 ff.], hier S. 176-177; Werminghoff Albert, Verzeichnis der Akten fränkischer Synoden, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 24, 1899, 457-502, hier S. 469).
[13] Verschieden Listen, vermutlich alle vom 11. Jahrhundert, erhalten in Abschriften des 17. und 18 Jahrhunderts: Duchesne L., Fastes épiscopaux de l'ancienne Gaule. 3: Les provinces du Nord et de l'Est, Paris 1915, S. 198-203; Kundert Werner, in: Helvetia sacra I/1, Bern 1972, S. 442-449, hier S. 443; MGH Scriptorum 13, Hannover 1881, Nachdruck 1963, ed. Holder-Egger O., S. 370-373.
[14] Euroldus folgte einem Wandelbertus, von welchem auch nichts bekannt ist. Chifflet Jean-Jacques, Vesontio. Traduction (de l'ouvrage de 1618) et notes de Jean Girardot, Besançon 1988, S. 491 schreibt ihm eine Amtszeit von 12 Jahren zu. Manche Listen bringen zwischen Euroldus und Erveus einen Bischof Aruleus/Arnulphus, dessen Name scheint hier doppelt für Arueus (= Heriveus) zu stehen (cf. Duchesne, supra n. 8, p. 206; Kundert, supra n. 8, p. 443).
[15] Das Episkopat des Gedeon ist durch eine Urkunde des Königs Lothar II. vom 22. Januar 869 zugunsten der Kirche von Besançon belegt (MGH Diplomatum Karolinorum 3: Lotharii I. et Lotharii II. Diplomata, 1966, Nr. 33 S. 438-440).
[16] Pseudo-Original: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991,  Nr.  302 S. 453-455; Benoît P., Histoire de l'abbaye et de la terre de Saint-Claude, 1, Montreuil-sur-Mer 1890, S. 634-635, französische Übersetzung S. 299-300. Vgl. Moyse Gérard, Les origines du monachisme dans le diocèse de Besançon (Ve-Xe siècles), in: Bibliothèque de l'Ecole des Chartes 131, 1973, 21-104; 132, 1973, 369-485, hier S. 35 Nr. 49; Cf. Dunod de Charnage François-Ignace, Histoire de l'Eglise, ville et diocèse de Besançon, 1, Besançon, 1750, S. 73-75. Die Angaben der Fälschung sind nicht von der Hand zu weisen (Poupardin R., Etude sur les deux diplômes de Charlemagne pour l'abbaye de Saint-Claude, in: Le Moyen Age 16, 1903, 345-376, hier S. 347-359; Gallia Christiana in provincias ecclesiasticas distributa 15, Paris 1860, Sp. 20).

17.12.2016