C H I L D E B R A N D U S

Graf, dux, verstorben vor 753

Die von 736 bis 751 reichende zweite Fortsetzung der sogenannten Fredegar-chronik[1] wurde nach ausdrücklichem Zeugnis vom inluster vir Childebrandus comes[2], avunculus praedicto rege Pippino[3] betreut.
Dieser "hatte maßgeblichen Anteil an der Eingliederung Burgunds in den karolingischen Herrschaftsraum"[4]. Als die Sarazenen Avignon erorberten, entsandte Karl Martell seinen Halbbruder, den dux Childebrando, mit  anderen duces und comites mit Heeresaufgebot in jene Gegend; als Karl nachfolgte, eroberten sie gemeinsam die Stadt (737)[5]. Abermals (738) schickte Karl seinen Halbbruder ins Gebiet der Provence, wobei es ihm diesmal gelang, die ganze Gegend zu unterwerfen[6]. Nach Karl Martells Herrschaftsteilung von 740/741[7] zog Pippin mit seinem Onkel Childebrandus[8] nach Burgund, um sein Reichsteil zu übernehmen[9].
Am 14. August 791[10] erstatten die missi dominici Acbertus und Godebertus dem Kloster Saint-Germain-des-Prés den Wald von Monte Adraldo[11] bei Marolles[12] im Gau von Melun[13] zurück: Graf Autbertus hielt ihn zu Unrecht zurück unter dem Vorwand, dass Graf Childebrandus und sein Sohn Nevelongus im Besitz der villa Marolles waren[14].
Childebrand wird vor 753 gestorben sein, da ab diesem Jahr die Fortsetzung der Fredegarchronik unter der Leitung seines Sohnes Nibelungus[15] geschrieben wurde[16].


[1] a) Chronicarum quae dicitur Fredegarii continuationes (Die Fortsetzungen der Chroniken des sogenannten Fredegar), in: Ausgewählte Quellen zur deutsschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe IVa, unter der Leitung von Wolfram Herwig neu übertragen von Kusternig Andreas, Darmstadt 1982, S. 288-301 (lat./dt.); b) Chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici continuationes, Monumenta Germaniae historica, Scriptorum rerum Merovingicarum, ed. Krusch Bruno, Hannover 1888, c. 17-34 S. 176-193 (nachfolgend nach  a) angegeben).
[2] Childebrand wird in den Continuationes auch als dux bezeichnet. Hier wird dieser Titel als Heerführer zu verstehen sein (vgl. weiter unten). Wo seine Grafschaft lag, ist nicht bekannt. Zum Namen, vgl. Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Nachdruck München 1966, Sp. 825-826.
[3] Ebd. c. 34 s. 300/301. An anderen Stellen der Continuationes wird Childebrand als germanus von Karl Martell bezeichnet (c. 20 S. 288/289, c. 21 S. 292/293). Er war demgemäß höchstwahrscheinlich ein außerehelicher Sohn Pippins des Mittleren, verstorben 714. Vgl. die Literaturangaben von Joch Waltraud, Legitimität und Integration. Untersuchungen zu den Anfängen Karl Martells, in: Historische Studien 456, Husum 1999, S. 21-22; Settipani Christian, avec la collaboration de Patrick Van Kerrebrouck, La préhistoire des Capétiens (481-987), Première partie: Mérovingiens, Carolingiens et Robertiens (Nouvelle histoire généalogique de l'auguste maison de France), Villeneuve d'Ascq 1993, S. 159-161; Kasten Brigitte, Erbrechtliche Verfügungen des 8. und 9. Jahrhunderts. Zugleich ein Beitrag zur Organisation und Schriftlichkeit bei der Verwaltung adeliger Grundherrschaften am Beispiel des Grafen Heccard aus Burgund, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 107, Germanistische Abteilung, Wien-Köln 1990, 236-338, hier S. 300.
[4] Kasten, ebd., S. 301.
[5] Chronicarum, c. 20 S. 288/291; Monumenta Germaniae historica, Scriptorum 1, hg. von Pertz G. H., Hannover 1826, Nachdruck 1963, S. 8-9 und S. 26-27.
[6] Chronicarum, c. 21 S. 292/293; Pertz, ebd., S. 26-27 zum Jahr 739. Vgl. die ausführlichen Literaturangaben bei Kasten, ebd., S. 301 Anm. 216.
[7] Chronicarum, c. 23 S. 292/293.
[8] Eo anno Pippinus dux, commoto exercito, cum avunculo suo Childebrando duce […]: Chronicarum, c. 24, S. 292/293.
[9] "Da Childebrand stets im Zusammmenhang burgundischer Angelegenheiten erwähnt wird, ist es möglich, daß Burgund zu seinem politisch-militärischen Aufgabenbereich gehörte. Er könnte zu jenen erprobten und sehr vertrauenswürdigen Gefolgsleuten gezählt haben, die Karl Martell 733 in Burgund zur Befriedung der Rebellen und Ungetreuen einsetzte" (Kasten, wie Anm. 3, S. 301-302).
[10] Chartae latinae antiquiores. Facsimile-Edition of the latin charters prior to the ninth century, ed. by Albert Bruckner (†) and Robert Marichal, Part XVI: France IV, publ. by Hartmut Atsma + Jean Vezin, Dietikon-Zürich 1986, Nr. 633 S. 78-81; Poupardin René, Recueil des chartes de l'abbaye de Saint-Germain-des-Prés des origines au début du XIIIe siècle, 1, Paris 1909, Nr. 22 S. 36.
[11] Unsichere Lokalisierung: vgl. ChLA, ebd., S. 78 Anm. 8.
[12] Madriolas: Marolles-sur-Seine, Département Seine-et-Marne, Arrondissement Provins, Canton Montereau-faut-Yonne.
[13] Präfektur des Dépts. Seine-et-Marne.
[14] Am 05. November 786 schenkt der König dem Kloster Saint-Germain-des-Prés die villa Marolles, wie Graf Autbertus sie als beneficium besaß (Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 154 S. 208-210. Die Urkunde wurde interpoliert).  
[15] Siehe hier Artikel "Nibelungus".
[16] Chronicarum, c. 24, 25 S. 300/301.

26.04.2017