R U O P E R T U S[1]

Graf, verstorben spätestens 764

Die im 12. Jahrhundert verfasste Lorscher Chronik[2] berichtet, dass Cancor illustris rhenensis pagi[3] comes[4], cum matre sua religiosa et deo acceptabili Williswinda, uida Ruoperti[5] comes[6], 764 das Kloster Lorsch gründen[7] und es Erzbischof Ruotgangus von Metz[8], tamquam consanguineo[9], übergeben.
Thurinbertus[10], bezeugt in den Jahren 767 und 770, war Cancors Bruder[11].


[1] Rupertus.
[2] Glöckner, Karl, Codex Laureshamensis (Arbeiten der historischen Kommission für den Volksstaat Hessen), Darmstadt, 1929, I, c. 1 S. 265-266 (übersetzt ins Deutsche von traduction Minst, Karl Josef, Lorscher Codex. Deutsch, nach dem lateinischen Text der Urschrift, wiedergegeben von Lamey [1768-1770] und Glöckner [1929-1936], I, Lorsch, 1966, S. 49). Die Chronik wurde in den Jahren 1170/1175 verfasst (vgl. Glöckner, ebd., S. 18).
[3] Dieser pagus wurde später Oberrheingau genannt. Er liegt auf dem rechten Rheinufer und bildet heute den südlichen Teil des Landes Hessen mit den Städten Heppenheim und Bürstadt (Friedrich Knöpp, Der Oberrheingau [Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764, Darmstadt, 1973, 367-424], S. 369 ff.., Karten S. 370 und 374).
[4] Ruopertus wird manchmal als Graf im Rheingau angesehen, weil Cancor, der bisher in Thurgau/Zürichgau und Breisgau tätig war, plötzlich 764 als Graf im Rheingau erscheint, wo er die Nachfolge seines Vaters angetreten habe. Aber dies bleibt nur eine Hypothese, die durch keine andere Quelle bestätigt wird (Hans Kurt Schulze, Die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins [Schriften zur Verfassungsgeschichte, 19], Berlin, 1973, S. 196-197; Werner, wie Anm. 5, S. 211 Anm. 65).
[5] Es ist oft vorgeschlagen oder sogar angenomment worden, dass dieser Graf mit dem königlichen missus in Italien Rodbertus (757-758) personengleich ist (Codex Carolinus n° 16 et 17, MGH Epist. III p. 513-517; dazu u. a. Stoclet, Alain, Autour de Fulrad de Saint-Denis [v. 710-784] [Ecole Pratique des Hautes Etudes. Sciences historiques et philologiques. 5. Hautes Etudes médiévales et modernes, 72], Genève-Paris, 1993, S. 367-368; Werner, Matthias, Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 62], Göttingen, 1980, S. 221 Anm. 69; Gockel, Michael, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 31], Göttingen, 1970, S. 298-301; Tellenbach, Gerd, Der großfränkische Adel und die Regierung Italiens in der Blütezeit des Karolingerreiches [Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, 3, Stuttgart, 1988, 795-825 [= Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte, 4, 1957, 40-70], S. 799). Eine Identifizierung mit Chrodebertus, Graf (im Haspengau), ist eher unwahrscheinlich wegen der Lage der zwei Regionen (dazu den entsprechenden Artikel in dieser Prosopografie). Ohne hier in die Debatte über die Herkunft der Robertiner/Kapetinger eingehen zu wollen, siehe Werner, K. F., Les premiers Robertiens et les premiers Anjou, [IXe siècle - début Xe siècle] (Instrumenta, 14. Karl Ferdinand Werner, Enquêtes sur les premiers temps du principat français [IXe-Xe siècles], Ostfildern, 2004, 251-309), S. 258-260, 291-292 Anm. 51-56, welcher der Sippe der "Roberts" Lütticher Wurzeln - im weitesten Sinne - zuschreibt und die von Gockel angenommene rheinische Herkunft (Mittelrhein) zurückweist. Borgolte, Michael, Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie (Archäologie und Geschichte, 2), Sigmaringen, 1986, S. 93 bringt beide Meinungen.
[6] Der Lorscher Nekrolog bringt zum 18. Februar: Ruperti comitis. Hic fuit maritus dominæ Williswindæ  (Joannis Friderici Schannat, Necrologium Laureshamense [Vindemiae Literariae. Hoc est veterum Monumentorum ad germaniam sacram praecipue spectantium. Collectio prima. Fulda-Leipzig, 1723, 23-40], S. 27; vgl. Werner, wie Anm. 5, S. 204-205 Anm. 39-40).
[7] Liegt auf der Weschnitz in pago rhenense (Glöckner, wie Anm. 2, S. 267): Hessen, Lkr. Bergstraße. Dazu zum Beispiel Semmler, Josef, Die Geschichte der Abtei Lorsch von der Gründung bis zum Ende der Salierzeit (764-1125) (Die Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken ihrer Stiftung 764, I, Darmstadt, 1973, 75-174), S. 75-76.
[8] Er wird das Kloster bis 765 leiten (Semmler, ebd., S. 141 Anm. 45).
[9] Werner, wie Anm. 5, S. 202-212 ist der Meinung, dass diese Bezeichnung, die nur in der Chronik des 12. Jahrhunderts steht, nicht als ein Verwandschaftsverhältnis betrachtet werden kann.
[10] Thurinbertus ist Vater eines Růtpertus (Codex Laureshamensis, II, wie Anm. 2, Nr. 168 und Nr. 3789 S. 4-5; Minst, wie Anm. 2, II, S. 11 und  V, S. 301), der im Allgemeinen als personengleich mit dem Grafen, den die Rheingau-Urkunden zwischen 795 und 807 erwähnen, betrachtet wird (ebd., I, Nr. 6a S. 282; II, Nr. 222 und 224 S. 28-29). Dazu Glöckner, K., Lorsch und Lothringen. Robertiner und Capetinger (Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 50, Karlsruhe, 1937, 301-354), S. 305-307.
[11] Codex Laureshamensis, I, Nr. 10 S. 286-287;  II, Nr. 167 und 3788 S. 3-4;  Nr. 168 und 3789 S. 4-5; III, Nr. 3780 S. 257.

17.07.2010