L I U T F R I D U S[1]

bezeugt 742 und wahrscheinlich 747

Liutfridus[2] und seine Gemahlin Theutila schenken [3] am 15. Juni 742[4] in monasterio Uuizenburc[5] diesem von Abt Uuielandus geleiteten Kloster auf beider Todesfall ihren gesamten Besitz in Cincionesuuilare[6] sowie Güter in Heconheim[7], Modenesheim[8] und Hohenheim [9]. Hildifridus filius eius[10] bezeugt als Erster die Urkunde. Als zweiter Zeuge steht Ruadhartus[11].
Vermutlich derselbe Liutfrid ist erster Zeuge einer Urkunde zugunsten des Klosters vom 15. Februar 747[12], mit welcher ein gewisser Humbertus Besitz in Zinzinuilare[13] schenkt.


[1] Leutfridus, Liutfrid, Lutfridus.
[2] Die Frage, ob dieser Liutfridus personengleich ist mit dem 739 das letzte Mal bezeugten elsässischen Herzog desselben Namens (wie in: Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des Klosters Weissenburg 661-864, eingeleitet und aus dem Nachlass von Karl Glöckner, hg. von Anton Doll [Arbeiten der Hessischen historischen Kommission], Darmstadt, 1979, Nr. 2 S. 171-172), ist wahrscheinlich nicht haltbar.
Dagegen spricht,
- dass Liutfridus hier ohne Titel genannt ist und auch so in der Zeugenreihe steht.
- Seine coniunx heißt in diesem Dokument Theutila. In mehreren Urkunden, zuletzt noch 739, ist aber Hiltrudis als Gemahlin des Herzogs genannt ist (Glöckner/Doll, Nr. 10-12 S. 185-188). Es könnte sich natürlich auch um eine zweite Ehe handeln.
- Vermutlich derselbe Liutfrid begegnet noch in einer Urkunde von 747 als erster Zeuge (s. unten Anm. 12).
- Ein im 15. Jahrhundert verfasstes Kopialbuch des Klosters Honau im Elsass, genannt "Bisthumb Honaw", enthält eine genealogia filiorum Adalrici ducis vel alio nomine Hettichonis (Wilsdorf Christian, Le 'monasterium Scottorum' Honau et la famille des ducs d'Alsace au VIIIe siècle. Vestiges d'un cartulaire perdu, in: Francia, 3, 1975, München, 1976, S. 3, 17-18). Diese genealogia, die vertrauenswürdig zu sein scheint (Wilsdorf, S. 21-22, 28-29), kennt keine Nachkommen weder des (Herzogs) Lutfridus noch seines Bruders Ebrohardus. Dass Letzterer keine lebenden Kinder hinterließ, ist belegt (Wilsdorf, S. 59-68). Es kann also auch für Lutfridus/Liutfridus gelten.
Dafür spricht
- erstens der Name des in der Urkunde genannten Sohnes, Hildifridus, der als Erbe der Eltern Liutfridus und Hilt(t)rudis erkannt werden kann,
- zweitens, dass dieser Hildifridus als filius eius, nicht eorum, unterzeichnet, also als Sohn Liutfrids und nicht Theutilas.
Obwohl noch in neueren Abhandlungen (wie z. B. Weber Karl, Zwischen Austrien und Burgund - Die Formierung des Elsaß im Reich der Merowinger, in: Freiburger Universitätsblätter, 159, 2003, S. 162) diese Gleichsetzung als selbstverständlich angesehen wird, scheinen aber summa summarum die Argumente gegen eine solche Identifizierung zu sprechen. Die bejahenden Punkte sind nicht schwerwiegend, da die Namen Liutfridus und Hildifridus in dieser Zeit nicht selten sind. Ebling Horst, Prosopographie der Amtsträger des Merowingerreiches von Chlothar II. (613) bis Karl Martell (741) (Beihefte der Francia, 2), München, 1974, S. 184 Anm. 1 lehnt die Identität ab, "eine Zugehörigkeit zum Haus der Etichonen kann daraus in keinem Fall abgeleitet werden", aber ohne diese Ablehnung zu begründen. Wilsdorf Christian, Rezension zu Glöckner/Doll, Traditiones, in: Francia, 8, 1980, S. 784, hegt auch Zweifel an dieser Gleichsetzung. Zum Name Liutfrid muss noch hinzugefügt werden, dass laut einem Eintrag im Reichenauer Verbrüderungsbuch (MGH Libri memoriales et Necrologia, NS I, Hannover, 1979, pag. 115 B1) der Alamannenherzog Gotefrid (gest. 709) einen Sohn dieses Namens gehabt haben könnte (Jarnut Jörg, Genealogie und politische Bedeutung der agilolfingischen Herzöge, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 99, 1991, S. 3-4). Derselbe Eintrag bringt den Namen Hiltrud, die als die Gattin des bayerischen Herzogs Odilo (gest. 748) angesehen wird, Name, der wiederum von Liutfrids Gemahlin getragen wird (s. Ebling, Nr. 229 S. 182-184).
Eine neue Betrachtung der fränkisch-alemannischen Kämpfe zwischen 741 und 746 (Geuenich Dieter, … noluerunt obtempare ducibus Franchorum. Zur bayerisch-alemannischen Opposition gegen die karolingischen Hausmeier, in: Der Dynastiewechsel von 751. Vorgeschichte, Legitimationsstrategien und Erinnerung, hg. von Matthias Becher und Jörg Jarnut, Münster, 2004, S. 139-143; ders., Castra und Höhensiedlungen in der schriftlichen Überlieferung von der Spätantike bis zur frühen Karolingerzeit, in: Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 58, Berlin, 2008, S. 819-820; ders., Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 35, Berlin, 2007, Artikel "Theudebald (alem. Hz.) S. 115-116) weist darauf hin, dass 741 und 744 (oder 745) das Elsass "die bevorzugte Bühne für Auftritte des letzten Alemannenherzogs (Theudebald) bot …Es erscheint nicht völlig abwegig, sich vorzustellen, dass Theudebald versucht hatte, … die Gewalt über das Elsaß in die Hand zu bekommen …". Diese Hypothese setzt voraus, dass der letzte elsässische Herzog nicht mehr am Leben war. Es müsste untersucht werden, ob Theudebald nicht eventuell mit Liutfrid verwandt war und so dachte, auf das Elsass Anspruch erheben zu können (s. weiter oben zu den Namen Liutfrid und Hiltrud).
[3] Glöckner/Doll, w. o. Anm. 2, Nr. 2 S. 171-174; s. Bruckner Albert, Regesta Alsatiae aevi Merovingici et Karolini (496-918), I. Quellenband, Strasbourg-Zürich, 1949, Nr. 147 S. 85.
[4]anno primo regnante domno Carlomanno duce post obitum Carlo principe maiorem domus palacio regis.
[5] Wissembourg/Weißenburg, Bas-Rhin.
[6] Zinswiller, Bas-Rhin, arr. Haguenau, cant. Niederbronn-les-Bains.
[7] Hegeney, Bas-Rhin, arr. Wissembourg, cant. Woerth (Gloeckner Karl, Les Vosges septentrionales à l'époque franque, in: Revue d'Alsace, 93, 1954, S. 27-28).
[8] Mietesheim, wie Zinswiller.
[9] Hoenheim, Bas-Rhin, arr. Strasbourg-Campagne, cant. Bischheim.
[10] w. o. Anm. 2.
[11] Laut Glöckner/Doll, w. o. Anm. 2, S. 174 Anm. 1, ist dieser Ruadhartus "gewiß der bekannte fränkische Graf, ..., begütert als Vertreter fränkischer Interessen auch im Unterelsaß". Borgolte Michael, Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit (Archäologie und Geschichte, 2), Sigmaringen, 1986, in seinem prosopografischen Artikel über Ruthard S. 229-236 (und derselbe, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß von Dagobert I. bis Otto dem Großen, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 131, Stuttgart, 1983, S. 16-18), erwähnt diese Gleichsetzung nicht.
[12] Glöckner/Doll, w. o.Anm. 2, Nr. 146 S. 348-349; s. Bruckner, w. o. Anm. 3, Nr. 158 S. 90.
[13] S. oben Anm. 6.

27.02.2009