W A R N H A R I U S[1]

Stifter des Klosters Hornbach, vielleicht 741 oder kurz vorher

Die älteste[2] Vita s. Pirminii[3] schildert wie folgt die Entstehung des Klosters Hornbach[4]:  Der vir nobilis nomine Wernharius[5], aus hohem fränkischen Geschlecht[6] stammend, rief Bischof Pirminius[7] zu sich und ließ ihn einen zur Gründung eines Klosters geeigneten Platz in seinem Machtbereich auswählen. Pirminius ließ sich am Zusammenfluß zweier Gewässer, der den Namen Gamundium trug[8], nieder und baute der Gottesmutter ein Kloster. Wernharius unterstützte Pirminius eifrig; seine Nachkommen und viele andere beschenkten das Kloster mit Gütern zu beiden Seiten der Vogesen.
Die verfälschte Gründungsurkunde[9] des Klosters Hornbach, die von Doll rekonstruiert wurde, berichtet, dass Warnharius comis[10] vir inluster dem Bischof Perminius und seinen Mönchen[11] den Ort Gamundias zwischen Horn und Schwalb[12]  zur Gründung eines Klosters. Die Urkunde trägt die signa seiner Söhne Nantharius[13], Herloinus[14] und Rotharius sowie seines Bruders Adalhardus.


[1] Varianten: Uuernharius, Uuerinharius, Vuernharius, Uuarinharius, Werinharus.
[2] Der älteste noch erhaltene Text der Vita findet sich in einem Codex, der im 9. und 10. Jahrhundert abgeschriebene Viten enthält (Antoni Richard, Leben und Taten des Bischofs Pirmin. Die karolingische Vita, in: Reichenauer Texte und Bilder 9, Stuttgart 2002, S. 16-18). Die Vita nennt weder ihren Verfasser noch den Ort und die Zeit ihrer Entstehung (? zwischen 815 und 870/880, eher im 3. Viertel des 9. Jahrhunderts). Obwohl der Hagiograph "ein hohes Maß an Wahrhaftigkeit zeigt", enthält die Vita eine Anzahl legendäre Elemente (Angenendt Arnold, Monachi peregrini. Studien zu Pirmin und den monastischen Vorstellungen des frühen mittelalters, in: Münstersche Mittelalter-Schriften 6, 1972, S. 24-54, hier S. 42; Antoni, ebd., S. 11-16). Um das Jahr 1000 wurde eine zweite Vita verfasst, dann später eine Vita metrica. Vgl. Fell Hans, Artikel: "Hornbach", in: Die Männer- und Frauenklöster der Benediktiner in Rheinland-Pfalz und Saarland (Germania Benedictina 9), St. Ottilien 1999, S. 177 Anm. 2.
[3] Antoni, ebd., 54-105, hier c. VI (9) S. 80-83, c. VIII (11) S. 88-91 und c. IX (14) S. 100-103 (lat./dt.); Monumenta Germaniae historica Scriptorum 15/1, ed. Holder-Egger Oswald, Hannover 1887, Nachdruck 1963, S. 21-31; Acta Sanctorum Novembris 2, Brüssel 1894, ed. C. de Smedt, S. 2-54.
[4] Rheinland-Pfalz, Lkr. Pirmasens (Bliesgau, Diözese von Metz). Vgl. Fell, wie Anm. 2, S. 177-229.
[5] Zum Namen, vgl. Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Nachdruck München 1966, Sp. 1544-1545. Die Zeugenliste mit dem S. Uuarnarii comitis der im Juni 715 verfasste Urkunde, mit welcher Hugo sacerdos (Pippins "des Mittleren" Enkel), Arnulfus dux, Pippinus et Godefridus (dessen Brüder), der St. Apostelkirche bei Metz eine Schenkung machen, ist interpoliert (Die Urkunden der Arnulfinger, hg. von Heidrich Ingrid , in: Monumenta Germania historica - fortan MGH -, Diplomata maiorum domus regiae e stirpe Arnulforum, Hannover 2011, Nr. 8 S. 19-22; zu dieser Liste, vgl. Semmler Josef, Zur pippinidisch-karolingischen Sukzessionskrise 714-723, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 33, Köln-Wien 1977, S. 19-20). Die späteren Zeugnisse des Namen Warnherius, der einmal als Sohn eines Nantherius erscheint (am 02. April 767 schenkt er dem Kloster Lorsch Besitz im Lobdengau: Glöckner Karl, Codex Laureshamensis II/1, in: Arbeiten der historischen Kommission für den Volksstaat Hessen, Darmstadt 1933, Nr. 801 S. 234; dazu Alter Willi, Die klösterlichen Wohltäter der karolingischen Zeit in Deidesheim, Friedelsheim und Gönnheim, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 97, Speyer 1999, S. 249-250) können Belege für Nachkommen des Gründers von Hornbach sein (Stoclet Alain, Autour de Fulrad de Saint-Denis, v. 710-784, in: Ecole Pratique des Hautes Etudes. Sciences historiques et philologiques 5. Hautes Etudes médiévales et modernes 72, Genève-Paris 1993, S. 136-137).
[6] [...] quod quidam vir nobilis nomine Uuernharius alta prosapia Francorum ortus [...]. Die Vita s. Pirminii (ebd., S. 100-103 lat./dt.) erzählt von dem Verbringen einer Glocke aus Hornbach nach Lochwiller (Elsass, Dépt. Bas-Rhin, bei Marmoutier) durch den Klosterherrn Wido unus de stirpe praedicti Uuernharii. Dieser Wido gehört zum Geschlecht der Widonen, Ahnen des salischen Geschlechts, in deren Besitz das Kloster Hornbach sich noch lange befindet. Er wird von der Forschung mit dem späteren mächtigen Grafen von Nantes und Markgraf der Bretagne identifiziert (s. Artikel "Wido, 765"). Aber Warnharius muss einer Seitenlinie der Widonen zugeordnet werden (Stoclet, wie Anm. 5, genealogische Tafel Nr. 3 S. 598), was Pöhlmann Carl, Die älteste Geschichte des Bliesgaues. II: Die christliche Kirche im Bliesgau, in: Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 31, Speier 1953, S. 27-36 nicht sah und deshalb die Gestalt von Warnharius als Gründer von Hornbach strich. Dazu Metz Wolfgang, Miszellen zur Geschichte der Widonen und Salier, in: Historisches Jahrbuch 85, München-Freiburg 1965, S. 3-4, 18-19.
[7] Bischof Pirminius gründete viele Klöster, zuletzt Gamundias/Hornbach, wo er am 03. November eines unbestimmten Jahres (vielleicht 753, vgl. Angenendt, wie Anm. 2, S. 36-40) starb. Zahlreiche Literatur, u. a. Frank Hieronymus, Die Klosterbischöfe des Frankenreiches, in: Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinerordens 17, Münster in Westfalen 1932, S. 113-119), online auf Wikipedia und im Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon VII, 1994, Sp. 634-637 (Autor: Adriaan Breukelaar) auf www.bautz.de.
[8] […] Est locus hic superius prope senior dilecte quem ob confluentiam aquarum duarum vocant Gamundium […]: heute Hornbach (s. oben Anm. 4) am Zusammenfluss der Schwalb und der Horn, Letztere auch bekannt unter dem Namen Trualb Hornbach (vgl. unten Anm. 13). Der Name Gamundias wurde bis in die Mitte des 9. Jahrhunderts verwendet (MGH DD Karol. 3, Die Urkunden Lothars I. und Lothars II., bearb. von Theodor Schieffer, Berlin - Zürich, 1966, Nr. 24 S. 421-422: ex monasterio quod dicitur Gamundias seu Horumbach; vgl. Fell, wie Anm. 2, S. 177).
[9] Rekonstruktion der Urkunde von Doll Anton, Das Pirminskloster Hornbach. Gründung und Verfassungsentwicklung bis Anfang des 12. Jahrhunderts, in: Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte 5, Speyer 1953, S. 141-142. Vgl. Neubauer A., Regesten des ehemaligen Benediktiner-Klosters Hornbach, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 27, Speier 1904, Nr. 1 S. 1; Pöhlmann Carl, Nachträge und Berichtigungen zu Anton Neubauers Regesten des ehemaligen Benediktinerklosters zu Hornbach, in: Abhandlungen zur Saarpfälzischen Landes- und Volksforschung 1, Kaiserslautern 1937, S. 50. Die Datierung sub die pridie kalendas augustas (= 31 juillet) regnante sub Carolo maiore in domo Theuderigo rege anno XX kann nicht echt sein: Theuderich hat nur 17 Jahre geherrscht (721 bis 737) und die Zahl XX wurde nachträglich eingefügt (vgl. Doll, ebd., S. 111). Der Text erwähnt den Hausmeier Karl (Martell) als lebend und wäre deshalb vor dessen Tod am 22. Oktober 741 verfasst worden. Akzeptiert man das Testat des Metzer Bischofs Sigibaldus am Ende der Urkunde, da dieser am 26. Oktober vielleicht im Jahr 741 verstorben ist (vgl. Gauthier Nancy, L'évangélisation des pays de la Moselle, Paris 1980, S. 397), würde dies den Zeitraum bestätigen. Aber einige Historiker nehmen die Gründung erst für 742 an (Doll, ebd., S. 120 Anm. 92; Angenendt, wie Anm. 2, S. 102 bezeichnet diese Überlegungen als "Vermutung, die nur schwer abgesichert werden kann").
[10] Diese Bezeichnung könnte eine Interpolation sein: Das Signum + ipsius Uarnharii am Ende der Urkunde erwähnt sie nicht, genau so wenig wie die Vita s. Pirminii (vgl. oben).
[11] […] atque eius peregrinis monachis […]. Zur Wendung monachi peregrini, vgl. Angenendt, wie Anm. 2, S. 101.
[12] […] inter duos fluuiolos nomen uni Trobalba et alter Suabalba […]: am Zusammenfluss der Schwalb und der Horn (oder Trualb Hornbach), die im Schwarzbach, ein Nebenfluss der Blies, mündet (Pöhlmann, wie Anm. 6, S. 44).  
[13] Der Name Nantharius erscheint wieder in Zusammenhang mit Orombach (Hornbach) zur Zeit Kaisers Karl des Großen: Er soll Güter des Klosters widerrechtlich an sich gerissen haben (Urkunde Ludwigs des Frommen vom 08. Januar 823: Stoclet, wie Anm. 5, S. 510-512 mit Analyse; vgl. auch S. 136-137). Er findet sich auch mehrmals in Lorscher Urkunden für den Wormsgau und den Lobdengau ab 766, ohne dass man diese Nennungen zuweisen könnte (vgl. Alter, wie Anm. 5, S. 247-249).   
[14] Mit einer Urkunde vom 12. Mai 796 (Stoclet, wie Anm. 5, S. 512-513) schenkt Graf Wido eine villa den Reliquien, die Erluinus ihm seinerzeit übergeben hat: Stoclet, ebd. S. 135-136 und Anm. 4 vermutet, dass unter den Reliquien wohl das Kloster Gamundias, quod a nostris progenitoribus … novimus esse constructum zu verstehen sei.  Die Gründe dieser Übertragung sind nicht bekannt (Metz, wie Anm. 6, S. 18). Ein Graf Herloinus ist Zeuge der feierlichen Urkunde Pippins zugunsten Gorze am 13. August 762 (Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: MGH Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991, Nr. 16 S. 21-25).

16.09.2015