W I L C H A R I U S[1]
Bischof von Sens, bezeugt vielleicht seit 762/763, noch 769
archiepiscopus provintiae Galliarum, belegt 769 – (um 785)
vermutlich identisch mit dem gleichnamigen Bischof von Nomentum/Mentana,
bezeugt von 753 bis vielleicht Ende 760
Eine Reihe von Aspekten seiner Biographie sind auf Grund
der Quellenlage unklar und umstritten. Gesichert scheint, dass der archiepiscopus
provintiae Galliarum Bischof von Mentana/Nomentum in Italien war. Auch seine
Identität mit dem gleichnamigen Bischof von Sens dürfte feststehen. Ob er auch
gleichzusetzen ist mit einem ebenfalls gleichnamigen Abtbischof von Saint-Maurice,
früher Bischof von Vienne, ist dagegen unwahrscheinlich[2].
Vulcarius[3]
archiepiscopus provintiae Galliarum[4]
civitate Senense[5]
führt die Deputation fränkischer Bischöfe, die auf Ersuchen des Papstes Stephan
III.[6] von den jungen Königen Karl und Karlmann nach
Rom abgeordnet wurde, um an einer von Stephan einberufenen Kirchenversammlung
teilzunehmen: Diese Synode, die vom 12. bis 14. April 769 in der Lateranbasilika
tagte, sollte über den "Usurpator" Konstantin[7
zu Gericht sitzen[8].
Die wahrscheinlich Ende des 10. Jahrhunters[9]
verfasste Beschreibung einer Reliquie[10] berichtet, dass
aus mündlicher Tradition bekannt ist, der Bischof des Ortes Uuiliarius habe
der Kirche (de Sens) den Körper des Hl. Viktor mitgebracht[11].
Die im 12. Jahrhundert niedergeschriebene Chronik von Saint-Pierre-le-Vif de Sens,
dite de Clarius erwähnt auch[12], dass Erzbischof
Wiliarius von Sens ehemals die Gebeine des Hl. Viktor von Agaune[13] mit dem Einverständnis des Abtes[14] und dieser Gemeinschaft[15] nach Sens in die Bischofskirche[16] überführt habe.
Das Schreiben, in dem Papst Paul I. König Pippin darum bittet, Wilchario
episcopo[17]
zu erlauben, Marinus presbiter nostra vice[18]
zum Bischof eines fränkischen Bistums[19] weihen zu dürfen,
ist vermutlich 762/763 zu datieren[20].
Die ältesten Bischofslisten von Sens[21]
bringen Vuilarius/Wiliarius nach Lupus, der
noch vermutlich 762 bezeugt ist, und vor einer Serie Namen[22], deren Funktion
nicht klar ist[23].
Sonst ist von Vulcarius/Williarius als Bischof von Sens nichts Sicheres
bekannt. Es bleiben zwei Texte, deren Quellenlage unklar und umstritten ist.
Die im 12. Jahrhundert verfasste Chronik von Lorsch[24] berichtet, dass, als der Metzer
Bischof Chrodegangus von Papst Paul I.[25]
Leiber von heiligen Märtyrern für die von ihm erbauten Klosterkirchen erbitten
ließ, übersandte ihm dieser durch Williharius sedun(en)sem episcopum[26] die Reliquien der Heiligen Nazarius, Nabor und
Gorgonius, die dann am 15. Mai 765 nach Gorze[27]
übertragen wurden[28].
Anfang Dezember 771[29],
als nach König Karlmanns Tod die Großen seines Reichsteils zu Karl dem Großen
nach Corbeny[30]
kommen, um ihm umgehend zu huldigen[31], nennt eine überarbeitete Fassung
der Reichsannalen[32]
Wilharius episcopus Sedunensem[33]
an der Spitze dieser Großen. Aber "die Nennung eines Sittener Bischofs Wilchar
hat sich … als Irrtum in die Annalenstelle von 771 eingeschlichen" und man
wird in ihm den erwähnten gleichnamigen archiepiscopus provintiae Galliarum
erkennen können[34].
An der Spitze des fränkischen Episkopats ist Wilcharius außerdem bis 784/785
bezeugt, aber über sein Wirken ist nur wenig bekannt.
Wilcharius … archiepiscopus und Abt Dodo[35] sind als Gesandte
Karls des Großen in einem Brief des Papstes Hadrian I. von vermutlich 775[36] erwähnt[37].
Im Jahr 777[38] nahm er[39]
an der Reichsversammlung in Paderborn[40] Sachsen teil[41], wo es zur Aufteilung des scheinbar eroberten
Landes in Missionsbezirke ging. Die Synode verleiht mit Zustimmung des Metzer
Bischof Angalramnus[42]
und des Erzbischofs Uuilharius[43] dem von Abt Foleradus
von St. Denis erbaute Kloster Salonnes[44]
das Privileg der Exemtion von der geistlichen Gewalt der Metzer Kirche.
Auch scheint Wilcharius archiepiscopus von Hadrian I. als Bauexperte
geschätzt worden zu sein. In einem an Karl den Großen gerichteten Brief um 779/780[45], wird er vom Papst erwähnt,
als es um die Reparatur der Peterskirche ging[46].
Im selben Schreiben schlägt er die Bitte des Diakons Addo[47]
um eine Reliquie ab, verweist ihn stattdessen an Erzbischof Wilcharius:
Dieser habe nämlich den Leib des Hl. Candidus[48], der damals von
Papst Paul I. [49]
dem Priester Aciulfus gewährt worden sei, in Verwahrung.
"In den 780er Jahren war er an dem Versuch beteiligt, den Einfluss der fränkischen
Kirche auf spanisches Gebiet südlich der Pyrenäen auszudehnen und bestimmte dort
verbreitete abweichende Lehrmeinungen zu bekämpfen. Zu diesem Zweck erlaubte Papst
Hadrian I. Wilchar einen Kleriker mit Namen Egila zum Bischof zu weihen. Diesem
wurde kein Bischofssitz zugewiesen, so dass er als Wander- oder Missionsbischof
gelten muss"[50]. Papst Hadrian, in einem Schreiben um 784/785[51]
an Bischof Egila[52]
und an den Priester Iohannes, erwähnt die Weihe des Ersteren durch Wilcharius,
archiepiscopus provinciae Galliarum, den er zur Predikt des orthodoxen Glaubens
in partibus Spaniensis provinciae geschickt hat, bevor er die damals kursierenden
verschiedenen häretischen Lehren schildert. Vermutlich zur selben Zeit[53] schreibt der Papst den spanischen Bischöfen,
dass er Egila als Wanderbischof für Spanien durch Wilcharius
archiepiscopus Galliarum[54]
hat weihen lassen[55].
Die Forschung sieht als gesichert an, dass der Bischof vom römisch-suburbikarischen
Nomentum[56],
der mehrmals in der Umgebung der Päpste Stephan II.[57]
und Paul I.[58] von 753 bis vermutlich 759 anzutreffen ist, und
der gleichnamige Bischof von Sens und Primat von Gallien, der etwas später begegnet,
identisch sind[59].
Wilcharius episcopus Numentano ist einer der Geistlichen, die Papst
Stephan II. begleiten, als dieser Pavia am 15. November 753[60] verläßt, um sich
zu König Pippin in die Francia zu begeben.
In einem Brief an die Könige Pippin, Karl und Karlmann vermutlich von 755[61], den er durch Wilharius
… coepiscopus noster[62]
übersendet und auf dessen mündliche Auseinandersetzungen er verweist, berichtet
der Papst über die Feindseligkeiten des langobardischen König Haistolfus
gegen römisches Gebiet[63].
Wahrscheinlich März/April 757[64], im Brief mit welchem Papst Stephan II. dem König
Pippin die Wahl des Desiderius nach König Haistulfus' Tod, bittet
er ihn coepiscopum nostrum Wicharium[65]
zurückzuschicken.
In einem Schreiben an Pippin von vermutlich Anfang 758[66] empfielt ihm Papst Paul I. coepiscopum nostrum
Wilcharium.
Ein anderer Brief des Papstes an König Pippin[67], der vielleicht 759 geschrieben
wurde[68], erwähnt, dass
die von Wilchario … coepiscopo nostro geleitete königliche Gesandtschaft
ihn kürzlich verlassen hat. Vielleicht Ende 760[69]
bringen Wilharius … coepiscopus noster sowie zwei andere Gesandte
des Königs dem Papst die Botschaft, dass Pippin unentwegt an seinem Stephan II.
gegebenen Versprechen festhalten werde; sie hatten auch den Auftrag festzustellen,
ob dem Papst von Seiten der Langobarden endlich sein volles Recht erhalten habe.
Die des Öfteren vorgeschlagene Gleichsetzung[70]
des Bischofs von Sens/fränkischen Erzbischofes mit dem Abt-Bischof von Saint-Maurice
d'Agaune, der frühere Bischof von Vienne, kann wohl nicht aufrechterhalten werden[71].