A L B U I N U S [1]

Chorbischof von Büraburg (774/786)

Lupus von Ferrières berichtet in seiner Vita Wigberti[2], dass Albuino[3] presuli[4] eiusdem oppidi (= Büraburg) [5] eine wichtige Rolle[6] spielte in der Übertragung der Reliquien des Wigbertus[7] von Büraburg[8] nach Hersfeld[9] einige Zeit nach dem Sachseneinfall, der sicherlich im Jahr 774 stattfand[10].
Auch Lampertus von Hersfeld, im XI. Jahrhundert, erwähnt den Bischof Albuinus in seiner Vita sancti Lulli episcopi[11]. Er berichtet, dass Lullus[12] in Erwartung seines Todes sich ins Kloster Hersfeld[13] habe begehen wollen; damit er ihn auf dieser Reise begleite, habe er seinen Chorbischof Albuinus[14] zu sich nach Mainz gerufen, wo dieser aber gestorben sei. Lullus habe den Leichnam nach Hersfeld bringen und beisetzen lassen. Dort[15] sei Lullus kurz darauf selbst gestorben[16].
Lul eps. und Albuin eps.[17] wurden von gleicher Hand im Liber vitae von St. Peter in Salzburg[18] in der Spalte der verstorbenen Bischöfe nachgetragen [19].


[1] Albuin.
[2] Verfasst 836: MGH SS XV/1, S. 36-43, hier c.24 S. 42-43. Zu ihrer Zuverlässigkeit, siehe Harald Wunder, Die Wigberttradition in Hersfeld und Fritzlar, Diss. Erlangen-Nürnberg, 1969, S. 18-66.
[3] Trithemius, De Viris Illustribus Ordinis S. Benedicti Libri Quatuor, 1492, Druck 1575, und andere nach ihm (Norbert Wand, Die Büraburg bei Fritzlar. Burg – Oppidum – Bischofssitz in karolingischer Zeit [Kasseler Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, 4], Marburg, 1974, S. 71-72; ich konnte die angegebenen Texte nicht einsehen), haben anscheinend den Namen Albinus, die lateinische Form von Witta (siehe unten Anm. 5), mit Albuinus gleichgesetzt und so den früheren Bischof von Büraburg mit dem späteren Chorbischof als eine Person angesehen (so auch zum Beispiel Ernst Gierlich, Die Grabstätten der rheinischen Bischöfe vor 1200 [Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, 65], Mainz, 1990, S. 159-160 und Anm. 68; Sigurd Abel, Jahrbücher des Fränkischen Reiches unter Karl dem Großen. I: 768-788 [Jahrbücher der deutschen Geschichte], Berlin, 1866, S. 444-445; vgl. Wunder, wie Anm. 2, S. 93-94). Der Wert dieser Zeugnisse ist sowieso problematisch, da sie über eine Zeit berichten, zu der sie einen zu großen Abstand haben. Albuinus soll monachus Huensis insulae (=? Insel Hy [Iona], südwestlich von Schottland gelegen, auf der der Ire Columban ein Kloster im VI. Jahrhundert gründete), gewesen sein und aus Irland stammen (egressus de Hybernia = Irland). Es kann sich hier nicht um Witta handeln, der als Angelsachse nachgewiesen ist (vgl. Wand, S. 73).
[4] Zu seiner Stellung innerhalb der Diözese Mainz, siehe Wunder, wie Anm. 2, S. 100. Obwohl er als Untergegebener Lulls erscheint, hatte er offenbar einen festen Sitz und einen festen Sprengel (siehe folgende Anm.).
[5] 741 (oder 742) bestimmte Bonifatius Büraburg zum Sitz eines (Hessen-)Bistums und übertrug es Witta, von dem nach (? 746/747) nicht mehr die Rede ist. Dieses Bistum hatte aber keinen langen Bestand, wahrscheinlich wurde es noch von Bonifatius mit der Mainzer Diözese vereinigt. Immerhin behielt der Sprengel des ehemaligen Bistums als Bezirk unter einem Chorbischof mit Sitz in der Büraburg noch bis zum Tod des Chorbischofs Albuinus eine gewisse Selbstständigkeit (vgl. Wunder, wie Anm. 2, S. 95-102; Rainer Bach, Die Bistumsgründungen des Bonifatius, in: Würzburger Diözesan-Geschichtsblätter, 54, Würzburg, 1992, S. 43-44; Franz Staab, Die Gründung der Bistümer Erfurt, Büraburg und Würzburg durch Bonifatius im Rahmen der fränkischen und päpstlichen Politik, in: Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte, 40, Mainz, 1988, S. 39-41; Wand, wie Anm. 3, S. 54-55).
[6] Im Traum wird ihm durch himmlische Botschaft der Auftrag erteilt, dafür zu sorgen, dass die Wigbertreliquien ins Kloster Hersfeld übertragen werden. Er berichtet dies dem Mainzer Bischof Lullus, der ihn mit Einwilligung Karls des Großen beauftragt, die Reliquientranslation durchführen zu lassen. Hierzu Wunder, wie Anm. 2, S. 109-111.
[7] Allgemein wird angenommen, dass es sich um den "älteren" der zwei Wigberts, die mit Fritzlar (siehe nächste Anm.) in Verbindung standen, handelt. Aber sind es mit Sicherheit die Gebeine des Wigbertus, der als pater noster in einem Bonifatiusbrief bezeichnet wird (siehe Karl Schmid, Die Frage nach den Anfängen der Mönchsgemeinschaft in Fulda, in: Münstersche Mittelalter-Schriften, 8/1. Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, 1: Grundlegung und Edition der Fuldischen Gedenküberlieferung, München, 1978, S. 114-127)?
[8] Als die Sachsen 774 (siehe unten Anm. 10) in das hessische Gebiet einfielen, wurden die Reliquien von Fritzlar in das oppidum Büraburg übertragen (Vita Wigberti, MGH SS XV/1 c. 13-15 S. 41; vgl. Wunder, wie Anm. 2, S. 67-71).
[9] Der Mainzer Bischof Lull gründete dieses Kloster in den Jahren zwischen 769 und 774 (vgl. Johann Friedrich Böhmer, Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe von Bonifatius bis Uriel von Gemmingen 742? - 1514. I. Bd., bearb. und hg. Cornelius Will, Innsbruck, 1877, S. 38 Nr. 33).
[10] Ann. regni Franc. S. 36, 38; Ann. q. d. Einhardi S. 37, 39 (MGH Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum [6], Hannover, 1895); Annales Fuldenses, MGH SS I S. 348; Vita Wigberti, MGH SS XV,1 c. 13-23 S. 41-42. Dieser Sachseneinfall fand wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Jahres 774 statt (vgl. Wunder, wie Anm. 2, S. 43 Anm. 6, S. 44 Anm. 11; Abel, wie Anm. 3, S. 150-152).
[11] MGH SS XV,1 S. 132-148, hier c. 21 S. 146-147. In der hagiografischen Literatur wurde es wohl seit jeher mit der Wahrheit nicht so genau genommen (vgl. Adolf Schmidt [neu übersetzt von], erläutert von Fritz Wolfgang Dietrich, Lampert von Hersfeld, Annalen (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, hg. von Rudolf Buchner, Band XIII), Berlin, 1957, S. XIII-XIV), aber die Zuverlässigkeit dieser Quelle ist äußerst stark bezweifelt worden (vgl. Oswald Holder-Egger, Studien zu Lambert von Hersfeld. III, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 19, 3. Heft, Hannover und Leipzig, 1894, S. 513-514; Gierlich, wie Anm. 3, S. 159-160; Wilhelm Wattenbach, Robert Holtzmann [Neuausgabe, besorgt von Franz-Josef Schmale], Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter II/2:. Das Zeitalter des Investiturstreits (1050-1125), Darmstadt, 1967, S. 459-460). Nach der Darstellung Lamperts (c. 17 S. 145) erfolgte die Translation der Wigbertreliquien (siehe oben Anm. 6) allein auf Lulls Veranlassung.
[12] Bischof von Mainz, später Erzbischof (754-786). 
[13] Dass Lullus seine Grabstätte im Kloster Hersfeld schon bei Lebzeiten bestimmt hat, ist glaubhaft (vgl. Gierlich, wie Anm. 3, S. 160).
[14] …, sanctitatis virum nomine Albuinum, episcopalis officii negocia, post episcopum obire solitum, quem appellatione vulgata corepiscopum vocant, eoque in divinis rebus et privatim et publice adiutore ac sufraganeo utebatur. Die beiden Viten meinen offensichtlich dieselbe Person: Albuinus erweist sich also als Lulls Untergebener, hatte offenbar aber seinen festen Sitz in Büraburg und einen festen Sprengel (siehe Wunder, wie Anm. 2, S. 100; oben Anm. 5).
[15] Dass Lull in Hersfeld bestattet wurde, ist unbestritten; für Albuinus hat man nur Lamperts Aussage (vgl. Gierlich, wie Anm. 3, S. 159-160).
[16] Am 16. Oktober 786 (hierzu Böhmer/Will, wie Anm. 9, S. 44-45 Nr. 82).
[17] Es kann sich nur um den von Lupus und Lampert erwähnten Bischof handeln (vgl. Wunder, wie Anm. 2, S. 94-95).
[18] MGH Necr. Germ. II, S. 26 Sp. 23.
[19] Der Eintrag stammt sicherlich aus den ersten Jahren des Bischofs Arn von Salzburg (785-821) (vgl. Wunder, wie Anm. 2, S. 94 Anm. 16; S. Herzberg-Fränkel, Über das älteste Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 12, Hannover, 1887, S. 84).

28.07.2009