A U D E G A R I U S

König Karlmanns vassus, erwähnt 771

König Karlmann schenkt im Dezember 771[1] in Samoussy[2] dem Kloster Saint-Denis für sein und seines Vaters Pippin Seelenheil, "um sich auf das göttliche gericht vorzubereiten"[3], die von seinem Vater durch ihn selbst einst übertragenen villae Faverolles[4] im Gau Madrie[5] und Néron[6] im Gau von Chartres[7], wie sie sein Vasall[8] Audegarius[9] besessen hatte[10].


[1] Original verloren. Überlieferung: J. Mabillon ex autographo, De re diplomatica libri VI, Paris, 1709, S. 645. Druck in Auswahl: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991 – fortan MGH DD Karol. 1-,  Nr. 53 S. 74. Vgl. Schneider Olaf, Erzbischof Hinkmar und die Folgen. Der vierhundertjährige Weg historischer Erinnerungsbilder von Reims nach Trier, in: Millennium-Studien 22, Berlin/New York 2010, S. 61-62.
[2] Königspfalz: Frankreich, département Aisne, arrondissement Laon, canton Laon Sud.
[3] Vgl. BM² 129 S. 59. Karlmann starb am 4. Dezember (BM² 130a S. 60).
[4] Eure-et-Loir, arr. Dreux, cant. Nogent-le-Roi.
[5] Madrie (oder Mérésais), früherer Gau, dessen Name von Madriacus, heute Merey (dépt. Orne, arr. Evreux, cant. Pacy-sur-Eure) stammt.
[6] Wie Faverolles.
[7] Hauptstadt des Départements Eure-et-Loir.
[8] Zum Begriff vassus zunächst, s. Niermeyer Jan Frederik, Mediae Latinitatis lexicon minus. Lexique latin médiéval français/anglais = a medieval Latin-French/English dictionary, Leiden 1993, S. 1063-1065; Kienast Walther, Die fränkische Vasallität. Von den Hausmeiern bis zu Ludwig dem Kind und Karl dem Einfältigen, in: Frankfurter wissenschaftliche Beiträge: Kulturwissenschaftliche Reihe 18, 1990, passim; Bullough Donald, Albuinus deliciosus Karoli regis. Alcuin of York and the Shaping of the Early Carolingian Court, in: Institutionen, Kultur und Gesellschaft im Mittelalter. Festschrift für Josef Fleckenstein zu seinem 65. Geburtstag, Sigmaringen, 1984, 73-92, hier S. 86, 91; Hlawitschka, Eduard, Studien zur Genealogie und Geschichte der Merowinger und der frühen Karolinger, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 43, 1979, 1- 99, hier S. 35-36 Anm. 140.
[9] Kienast (ebd., S. 169-170) sieht in ihm "so gut wie sicher" den gleichnamigen Gerichtsbeisitzer von 752. Diese Gleichsetzung kann aber nur eine Mutmaßung darstellen. Eine Identifizierung mit dem Autcharius, der nach Karlmanns Tod mit dessen Witwe und Kindern 771 zum langobardischen König Desiderius flüchtete - wie sie Schneider, wie Anm. 1, S. 61 noch annimmt - und in welchem die Annales Lobienses Anfang des 9. Jahrhunderts einen marchio sahen, ist problematisch: der Rang eines vassus regis ist kaum mit dem eines hohen Adeligen, wie Autcharius es sicher war (siehe den entsprechenden Artikel), zu vergleichen; Abel Sigurd, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen 1, bearb. von Bernhard Simson, Leipzig 1888, S. 104 Anm. 2 gibt zu bedenken, dass der vassus Audegarius damals vielleicht schon tot war. Die Wiederholung Karlmanns Schenkung durch Karl den Großen - natürlich unter Auslassung prekärer Passagen -  übernimmt mechanisch einen Teil der Vorlage mit der Erwähnung des Audegarius (MGH DD Karol. 1, Nr. 87 S. 125-127). Es handelt sich aber wahrscheinlich um eine Konstruktion des 10. oder 11. Jahrhunderts (vgl. Schneider, wie Anm. 1, S. 62-63) und muss als Beweismittel ausscheiden. Beim dux Autcharius, der 753 und 760 im diplomatischen Auftrag in Italien war, ist auch der Rangunterschied zum vassus Audegarius zu beachten.
[10] [...] hoc est villas, quod ipse genitor noster per manus nostras ad ipsa casa dei dudum delegaverat, nuncupantes Faberolas, qui ponitur in pago Madriacense, et Noronte in pago Carnotino ..., sicut a vasso nostro Audegario possessas fuerunt [...].

24.08.2014