A U T G A R I U S

einer der Großen König Pippins, bezeugt 752

Am 01. März 752 in Verberie[1] beurkundet König Pippin, dass Abt Fulradus von St. Denis gegen Gislemarus Avezé und anderen Besitz vor ihm gerichtlich erstritten habe[2]. Die Rechtslage war folgende: Fulradus stellte dar[3], dass Gislemarus die von dessen Mutter Loba dem Kloster unter Abt Hugo[4] und vor König Chilperich[5] urkundlich geschenkte[6] villa Avezé[7] im Maine[8] sowie den geschenkten Teil von Civry[9] im Gau Madrie[10] widerrechtlich innehabe; nach Eingeständnis des Beklagten fällt Pippin das Urteil mit seinem königlichen Gericht[11], in welchem Autgarius mit anderen Großen als Beisitzer fungiert..
Anmerkung zu Autgarius:
Bis 774 überliefern uns die Quellen mehrere Zeugnisse über Personen der Namen Autgarius/Autcharius/Oggerius[12] mit Varianten auf[13]. Sie zusammenzufügen, um die Geschichte eines Großen, der unter Pippin und Karl der Große lebte[14], ist wegen der zweifelhaften und offenbleibenden Identifizierungsfragen abzulehnen[15]. Es können nur hier und dort auf Indizien beruhende Vermutungen ausgesprochen werden. Deswegen werden in dieser Prosopografie die verschiedenen Zeugnisse nach 752 getrennt behandelt[16].


[1] Vermeria: Verberie, Frankreich, département Oise, arrondissement Senlis, canton de Pont-Sainte-Maxence (Lambert Emile, Dictionnaire topographique du département de l'Oise, in: Collection de la Société de Linguistique Picarde 23, Amiens, 1982, S. 587-588 Nr. 3704).
[2] Original verloren. Überlieferung: Chartular des 13. Jahrhunderts, das sogenannte "Livre des privilèges", vermutlich zusammengestellt auf der Grundlage eines Chartulars des 12. Jahrhunderts (Rolf Grosse, Remarques sur les cartulaires de Saint-Denis aux XIIIe et XIVe siècles, in: Les cartulaires, actes de la table ronde …, Paris, 1993 [Mémoires et documents de l’École des chartes 39], S. 279-288, hier S. 282-284). Druck in Auswahl: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991 – fortan MGH DD Karol. 1-, Nr. 1 S. 3-4. Vgl. Sonzogni Daniel, Le chartrier de l'abbaye de Saint-Denis en France. Essai de reconstitution (Pecia. Ressources en médiévistique 3), 2003, Nr. 88 S. 109; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 -fortan BM²- Nr. 65 S. 33; Oelsner Ludwig, Jahrbücher des Fränkischen Reiches unter König Pippin (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Leipzig, 1871, S. 13-14.
[3] Zu Fulrads Eintreibung der verlorengegangenen Güter des Klosters, siehe Stoclet Alain J., Evindicatio et petitio. Le recouvrement de biens monastiques en Neustrie sous les premiers Carolingiens. L'exemple de Saint-Denis, in: Beihefte der Francia 16/2. La Neustrie. Les pays au nord de la Loire ..., 2, 1989, 125-149, hier S. 125-130. 
[4] Hugo, Sohn des Drogo, Herzog der Champagne und Enkel des 714 gestorbenen Pippins, war Bischof von Bayeux, Avranches, Rouen und Paris, Abt von Fontenelle (Saint-Wandrille), Jumièges und Saint-Denis. In letzterem Kloster kann sein Abbatiat mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zwischen 718 und 723 datiert werden (Joch Waltraud, Legitimität und Integration. Untersuchungen zu den Anfängen Karl Martells, in: Historische Studien 456, Husum, 1999, S. 105-106).
[5] Chilperich II. (715-721).
[6] […] villam sancti Dyonisii que dicitur Abaciacus in pago Cenomannico seu et Oximensi etiam et illam porcionem in Sibriaco in pago Matriacensi, […].
[7] Dépt. Sarthe, arr. Mamers, cant. La Ferté-Bernard.
[8] Diese villa ist genannt als im Maine (Gau von Le Mans) und im Gau Oxmois (oder Hiémois, früherer Gau, dessen Hauptstadt Exmes, dépt. Orne, arr. Argentan, ch.-l. cant., war) liegend.
[9] Civry-la-Forêt, dépt. Yvelines, arr. Mantes, cant. Houdan.
[10] Madrie (oder Mérésais), früherer Gau, dessen Name von Madriacus, heute Merey (dépt. Orne, arr. Evreux, cant. Pacy-sur-Eure) stammt.
[11] […] Proinde nos una cum proceribus vel fidelibus nostris, id est Milone, Rotgario, Cheimgaudo, Crothardo, Gerichardo, Autgario et Wiberto comite palatii nostri [...].
[12] Diese Namen mit ihren Varianten sind in den Quellen verbreitet (Aebischer Paul, Anthroponymie et toponymie dans la « Chevalerie Ogier». A propos d'un ouvrage récent , in: Revue belge de philologie et d'histoire 32, 1954, S. 1223-1228; Förstemann Ernst, Altdeutsches Namenbuch. I: Personennamen, Bonn 1900, Nachdruck München 1966, Sp. 193. Die Stämme der Namen Autgarius/Audegarius/Oggerius und Autcharius/Autharius sind aber verschieden (aut/gair und aut/hari). Nur für den Autcharius von 771-774 bringen einige Quellen auch die Orthografie Otgerius/Oggerius. Förstemann vermerkt , dass zu den Namen unter aud/gair sind auch die unter aud/hari und aud/wakar "wegen gefährlicher Nachbarschaft zu vergleichen".
[13] Auflistung bei: Voretzsch Carl, Über die Sage von Ogier dem Dänen und die Entstehung der Chevalerie Ogier, Halle, 1891, S. 12-16.
[14] Wie zum Beispiel Martinet Suzanne, Le grand duc Autcarius préfigure d'Ogier le Danois, in: Göppinger Arbeiten zur Germanistik 546: Histoire et littérature au Moyen Age. Actes du colloque du Centre d'Etudes Médiévales de l'université de Picardie (Amiens 20-24 mars 1985) publiés par les soins de Danielle Buschinger, 1991, S. 291-300; Dequin Horst F. E., Otakar, Gegenspieler und Getreuer Karls des Großen. Personengeschichtliche und genealogische Beiträge zur Reichsgeschichte von den Merowingern bis zu  den Ottonen, Westerhorn in Holstein 1996, S. 6-46.
[15] "Gleichnamige  und gleichzeitig auftretende Personen können so selten mit Sicherheit unterschieden werden, daß die Eingrenzung bestimmter Personen in der frühmittelalterlichen Überlieferung ein  - im ganzen gesehen - so gut wie unlösbares Problem darstellt" schreibt Karl Schmid 1967 und bringt als Beispiel die zahlreichen Autchar (Über das Verhältnis von Person und Gemeinschaft im früheren Mittelalter, in: Frühmittelalterliche Studien 1, 1967, 228-235, hier S. 229-231). Schon Carl Voretzsch (1891) war der Meinung, es sei nicht möglich, dass alle diese Zeugnisse ["der älteren geschichtsquellen über personen des namens Autcharius, Ogerius, etc."], "trotz der übereinstimmung im namen, sich auf eine und dieselbe person beziehen, und daher nicht gestattet, daraus eine geschichte des Autcharius zusammenzustellen" (Über die Sage von Ogier dem Dänen und die Entstehung der Chevalerie Ogier, Halle, 1891).
[16]Chronologisch:
-          Otgarius/Otkarius, Mitbegründer des Klosters Tegernsee in Bayern
-         Audegarius, vassus Karlmanns (770)
-         Autcharius/Otgarius, Großer Karlmanns (771-774)
-         Autcarius, Gemahl der Weta.
Den Oatakar, der 769 unter den zwischen den bayerischen optimates eine Urkunde des Herzogs Tassilo zugunsten Abt Atto von Scharnitz testiert (Die Traditionen des Hochstifts Freising, hg. von Bitterauf Theodor, in: Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte NF 4, München, 1905, Neudruck Aalen, 1967, Nr. 34 S. 61-62), wird hier nicht aufgeführt, da der Stamm seines Namens aud/wakar von aud/gair abweicht.

25.08.2014