D I D O

möglicher Abt von Anisola (= Saint-Calais), erwähnt im einer Urkunde von (743/751)

Eine Urkunde[1] des Königs Chilpericus[2] ohne Datierung[3], die aus einer interpolierten Kombination zweier Urkunden besteht[4], kommt vor in Form einer dem Bischof Gauziolenus von Le Mans[5] für sein Kloster Anisola[6] gewährte Immunitätsbestätigung sowie der Bestätigung einer über dieses Kloster ausgestellten Prekarie des Bischofs[7] zugunsten des pontifex abbas Dido[8].


[1] Überlieferung: Actus pontificum Cenomannis in urbe degentium, um 857/863 entstanden, erhalten hier in einer Handschrift des 12. Jahrhunderts (Weidemann Margarete, Geschichte des Bistums Le Mans von der Spätantike bis zur Karolingerzeit. Actus pontificum Cenomannis in urbe degentium und Gesta Aldrici, in: Römisch-germanisches Zentralmuseum. Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte. Monographien 56/1: Die erzählenden Texte, Mainz, 2002, S. 1-20). Drucke in Auswahl: Weidemann ebd., 56/2, Nr. 27A und 27B S. 254-259 mit vorgeschlagenen Rekonstruktionen der zwei Urkunden S. 258-259; Die Urkunden der Merowinger, nach Vorarbeiten von Carlrichard Brühl †, hg. v. Theo Kölzer unter Mitwirkung v. Martina Hartmann und Andrea Steildorf, in: Monumenta Germaniar historica –fortab MGH-,  Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica, I, Hannover, 2001, Nr. 193 S. 480-482; Busson G. et Ledru A., Actus pontificum in urbe degentium, in:  Archives historiques du Maine 2, 1901, S. 246-248; Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica. Diplomata maiorum domus regiae. Diplomata spuria, hg. von Karl A. F. Pertz, in: MGH Diplomatum Imperii I, Hannover, 1872, ND Stuttgart, 1981, Spurium Nr. 94 S. 207-208.
[2] Die Urkunde ist irrtümlich auf König Chilpericus gesetzt. Wegen der Erwähnung des Bischofs Gauziolenus (wie Anm. 5), muss es sich um eine Verschreibung für Childericus handeln (vgl. Weidemann, ebd., S. 255 Anm. 1).
[3] Da das Schlussprotokoll der Urkunde fehlt, wird man sie nur in Childerichs III. Herrscherzeit (743/751) datieren können. Zu bemerken ist aber, dass der Abt Sicbaldus von St. Calais vielleicht schon im Jahr 749 bezeugt ist (siehe hier Artikel "Sicbaldus").
[4] Die Fälschung ist durch die interpolierte Kombination eines Immunitätsprivileg und einer Prekarienbestätigung entstanden. Dazu ausführlich Weidemann, ebd., S. 255-258; Le Maître Philippe, Le corpus carolingien du Mans, vol. 2: Pièces justificatives et annexes. Thèse pour le doctorat de troisième cycle, Faculté des Lettres et Sciences humaines de Paris X – Nanterre. U.E.R. d'histoire, Paris, 1980, S. 219 Nr. 47; Goffart Walter, The Le Mans Forgeries. A chapter from the history of church property in the ninth century, in: Harvard Historical Studies 76, 1966, S. 306-307 Nr. 40; Havet Julien, Questions mérovingiennes (Oeuvres, 1), Paris, 1896, S. 392-393. Die Immunitätsurkunde könnte März 743 ausgestellt worden sein (Weidemann Margarete, Bischofsherrschaft und Königtum in Neustrien  vom 7. bis zum 9. Jahrhundert am Beispiel des Bistums Le Mans, in: Beihefte der Francia 16/1. La Neustrie. Les pays au nord de la Loire de 650 à 850, hg. von Hartmut Atsma, 1,  1989, 161-193, hier S. 175-176 und Anm. 62), die Prekarienbestätigung vor dem 15. März 749 (Weidemann, wie Anm. 1, 56/2, S. 257)..
[5] Gauziolenus ist urkundlich bezeugt von 743/744 bis 762.
[6] Frankreich, Saint-Calais, département Sarthe, arrondissement Le Mans, chef-lieu de canton.
[7] Deperditum (Weidemann, wie Anm. 1, 56/2, S. 259).
[8] Ein Abt von St. Calais dieses Namens ist sonst nicht bezeugt, aber nicht unmöglich, da für die Zeit von 712/715 bis 752 kein Abt bekannt ist. Weidemann, wie Anm. 1, 56/1 S. 99 und 56/2 S. 256, dies., wie Anm. 4, S. 176 Anm. 62 möchte ihn mit dem Desideratus, der von den Actus (Weidemann, wie Anm. 1, 56/1 S. 92; Busson-Ledru, wie Anm. 1, S. 259) als zweiten Chorbischof von Le Mans zur Zeit Bischofs Gauziolenus identifizieren, da Dido eine Kurzform von Desiderius/Desideratus ist; die Ende des 7. Jahrhunderts verfasste Passio Leudegarii episcopi Augustodunensis I  kennt auch einen Desideratus cognomine Diddo (MGH Scriptores rerum Merovingicarum 5, S. 301 und 307). Dies würde den pontifex-Titel erklären. Siehe hier im Anhang Artikel "Desideratus".

05.01.2012, überarbeitet 13.04.2013