T I L P I N U S

Bischof, dann Erzbischof von Reims, bezeugt ab 769, verstorben vermutlich im Jahr 794

Die einzige zeitgenössische Quelle, die zu Tilpin überliefert ist, weist ihn auf der Römischen Synode von 769 nach: Tilpinus[1] episcopus civitate Remensis gehörte zu den fränkischen Bischöfen, die auf Ersuchen des Papstes Stephan III.[2] von den jungen Königen Karl und Karlmann nach Rom abgeordnet wurden, um an einer von Stephan einberufenen Kirchenversammlung teilzunehmen: Diese Synode, die vom 12. bis 14. April 769 in der Lateranbasilika tagte, sollte über den "Usurpator" Konstantin[3] zu Gericht sitzen[4].
Ein angeblicher Brief[5] des Papstes Hadrian[6] stellt in seinem echten Anfangs- und Schlussteil[7] ein mandatum für Tilpinus von Reims dar: Auf Antrag von König Karl (dem Großen) und nach Gutachten zur Lebensführung durch Abt Fulrado, Franciae archipresbytero[8], habe der Papst ihm das Pallium[9] verliehen und die Reimser Metropolitanrechte bestärkt[10]. Er beauftragt ihn mit den Bischöfen Viomagus[11] und Possessor[12], missi König Karls (des Großen), die Orthodoxie und Eignung Bischof Luls von Mainz für das erzbischöfliche Amt zu prüfen.
In seinem Glaubensbekenntnis[13], das er 779/780 schrieb[14], nennt er Viemadus, Tilpinus und Possessor pontifices[15] und missi Karls des Großen.
In seiner zwischen 948 und 954 verfassten Historia Remensis ecclesiae[16] berichtet Flodoard, dass Tilpinus die Restitution zahlreicher Kirchengüter in Francia quam etiam trans Ligerim (die Loire) erwirkte. Dabei beschäftigte er hauptsächlich Achabbus[17]. Er vermehrt die Einnahmen seiner Kirche und ordnet mehrere villae, wo er Koloniste ansässig macht[18].
Flodoard bezeugt aus Tilpinus' Zeit codices der Heiligen Schrift[19] und berichtet, dass er in St. Rémi[20] Mönche einsetzte[21].
Alle Urkunden zugunsten der Reimser Kirche unter Tilpin sind nicht im Original, sondern nur bei Flodoard überliefert[22].
Zunächst bestätigte König Karlmann in seinem ersten Herrscherjahr[23] die Immunitätsprivilege[24], die seine Vorgänger Reims erteilt haben[25].
Ferner erließ er Zollfreiheit[26], im Besonderen für die Brücke von Binson[27].
Karlmann verleiht auch einen appennis[28], befreit die milites der Reimser Kirche[29] in Juvigny[30], Crugny[31], Courvillle[32] und im Tardenois [33] von ihren militärischen Verpflichtungen[34].
Und zuletzt schenkt Karlmann der Reimser Kirche und dem Kloster Saint-Rémi für seine Seele sowie für seine Grablege[35] die villa Neuilly-en-Ourceois[36] samt allen Gütern[37].
Flodoard kommt dann zu den Urkunden, die Tilpinus von Karl dem Großen erhalten hat[38]. Der König bestätigt die Immunität, das Privileg seines Bruders hinsichtlich der militibus im Tardenois wie jenes der cartis concrematis und die Schenkung Karlmanns zugunsten der Kirche Saint-Rémi von Neuilly[39] und Bibriliacum[40].
Sonst verfügen wir als Quellen zu Tilpin neben Flodoard fast ausschließlich nur über Texte Hincmars von Reims[41].
In seiner Schrift De villa Noviliaco berichtet Hincmar, dass Tilpinus 23 Jahre nach Karlmanns Schenkung von Neuilly[42] der Reimser Kirche starb: Todesjahr wäre dann 794[43]. Das Epitaph an Tilpins Grab, das Hincmar verfasste[44], nennt als Todestag den 02. September und eine Amtszeit von 40 und mehr Jahren ohne das Todesjahr zu nennen[45]; Flodoard dagegen gibt 47 Jahre an[46], bevor er Hincmars Epitaph bringt[47].
Auf der Basis Hincmars Schrift[48] Gesta de villa Noviliaco[49], die angibt, Tilpin sei 23 Jahre nach der für 771 angenommenen Schenkung Karlmanns[50] gestorben, hat man seinen Tod ins Jahr 794 gesetzt[51]. Hincmar wie Flodoard berichten außerdem, dass Tilpinus aus dem Kloster Saint-Denis kam[52], aber von dem Beginn seines Pontifikats in Reims ist nichts bekannt[53].


[1] Die Sage hat aus ihm als Turpin einen Paladin Karls des Großen gemacht (Chanson de Roland, verfasst im 11. Jahrhundert). Unter seinem Namen entstand im 12. Jahrhundert die Historia Caroli Magni oder Historia Karoli Magni et Rotholandi (Pseudo-Turpin), bestehend aus Legenden über den Spanienfeldzug Karls des Großen. Siehe auch die gefälschten Karlsurkunden und anderen späteren Texte, die Turpin/Thilpin erwähnen, bei: Tischler Matthias, Tatmensch oder Heidenapostel: Die Bilder Karls des Großen bei Einhart und im Pseudo-Turpin, in: Jakobus und Karl der Große. Von Einhards Karlsvita zum Pseudo-Turpin, hg. von Herbers Klaus (Jakobus-Studien 14), Tübingen 2003, S. 29 Anm. 118. Vgl. zu Tilpin allgemein Sot Michel, Un historien et son église au Xe siècle: Flodoard de Reims, Paris 1993, S. 463-467; Schenk zu Schweinsberg Guntram, Reims in merowingischer Zeit. Stadt, Civitas, Bistum. Anhang: Die Geschichte der Reimser Bischöfe in karolingischer Zeit bis zur Bischofserhebung Hinkmars (845), Diss. Bonn 1971, S. 172-176; Herbers Klaus, Artikel "Turpin (Tilpin)", in: Lexikon für Theologie und Kirche 10, 2009, Sp. 316-317 und in: Lexikon des Mittelalters VIII, München 1999, Sp. 1119-1120; Bauer Thomas, Artikel "Turpin = Tilpin", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 12, 1997, Sp. 727-733.
[2] Das Original des Briefes ist nicht überliefert, aber eine Kurzfassung ist uns erhalten im Liber Pontificalis (Vita Stephani III, Le Liber Pontificalis, I, in: Bibliothèque des Ecoles françaises d'Athènes et de Rome, Paris, 1955, hg. von Louis Duchesne, S. 473; Jaffé Philippe, Regesta Pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Editionem secundam correctam et auctam auspiciis Gulielmi Wattenbach curaverunt Samuel Löwenfeld – Ferdinand Kaltenbrunner – Paul Ewald, 1: a S. Petro ad a. MCXLIII, Leipzig, 1885, Neudruck Graz, 1956, Nr. 2376 S. 285 hg. von Paul Ewald).
[3] Nach dem Tod des Papstes Paul I. (767) wurde Konstantin als Laie durch seinen Bruder, den Herzog Toto von Nepi, eingesetzt. Mit langobardischer Hilfe wurde er Mitte 768 abgesetzt, nach der Wahl des Papstes Stephan III. geblendet und zu Klosterhaft verurteilt.
[4] Le Liber Pontificalis, ebd., S. 473 ff.; Monumenta Germaniae historica - fortan MGH -, Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906, S. 74 ff.. Eine Ende des 9. Jahrhunderts verfasste Handschrift ist die einzige, die auch die Namen der Teilnehmer wiedergibt (Duchesne, ebd., S. CLXXVIII Nr. 22 und CCXXIX Nr. 21; vgl. Schmale Franz-Josef, Das Bistum Würzburg und seine Bischöfe im früheren Mittelalter, in: Zeitschrift für die bayerische Landesgeschichte 29, 1966, 616-661, hier S. 627 ff.). Diese Liste befand sich auch auf einer Handschrift, die Gajetani Cenni im 18. Jahrhundert edierte (Concilium Lateranse Stephani III, Roma, 1735, S. 2). Eine heute verlorene dritte Liste wurde von Sirmond Jacques, Concilia antiqua Galliae, cum epistolis pontificum, principum constitutionibus et aliis Gallicanae Rei Ecclesiasticae Monumentis, 2, Paris, 1629, Neudruck Aalen 1970, S. 66 herausgegeben.
[5] Der Brief findet sich zum Teil in der zwischen 888 und 894 verfassten Vita Rigoberti episcopi Remensis, ed. Levison Wilhelm, in: MGH Scriptores rerum Merovingicarum 7. Passiones vitaeque sanctorum aevi Merovingici cum supplemento et appendice, Hannover 1920, S. 54-80, hier c. 14 S. 70-71, vollständig aber in einzelne Fragmente verlegt bei Flodoard von Reims, Stratmann, wie Anm. 5, c. 13, 16, 17 S. 162-163, 167-169, zusammenhängend bei Lesne Emile, La lettre interpolée d'Hadrian Ier à Tilpin et à l'église de Reims au IXe siècle, in:.Le Moyen Age 26 (2e série 17), Paris 1913, 325-351, 389-413, hier S. 349-351 unter Bezeichnung der echten und gefälschten Teile; auch ediert in Migne J.-P., Patrologia latina 96, 1851, Sp. 1212-1215, und in: Histoire de l'Eglise de Reims par Flodoard, éd. et trad. M. Lejeune, Reims 1854, in: Revue du Moyen Age latin 37-41, Strasbourg 1981-1985 (lat.fr.)., hier Bd. 38, S. 315-321. Vgl. Jaffé Philippe, Regesta Pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Editionem secundam correctam et auctam auspiciis Gulielmi Wattenbach curaverunt Samuel Löwenfeld – Ferdinand Kaltenbrunner – Paul Ewald, 1 (a S. Petro ad a. MCXLIII), Leipzig, 1885, Neudruck Graz, 1956, Nr. 2411 S. 293. Der echte Teil dieses nicht datierten Briefes ist vor Lulls Glaubensbescheinigung von vermutlich 779/780 (vgl. unten Anm. 16) geschrieben worden.
[6] 772-795.
[7] "Die wohl tatsächlich echte Vorlage des Hadrian-Briefes dient als Anfang und Ende des Textes, dessen Mitte das lange Insert bildet" (Schneider Olaf, Erzbischof Hinkmar und die Folgen. Der vierhundertjährige Weg historischer Erinnerungsbilder von Reims nach Trier, in: Millennium-Studien 22, Berlin/New York 2010, S. 80-81). Dieses Papstschreiben wurde dann vom Reimser Erzbischof Hinkmar wohl 852 manipuliert, um "ein Gegenbild zu seiner eigenen Zeit" zu entwerfen (Schneider, ebd., S. 85). Dazu u. a. Lesne, wie Anm. 5, S. 325-348; Schmidt Hermann, Trier und Reims in ihrer verfassungsrechtlichen Entwicklung bis zum Primatialstreit des 9. Jahrhunderts, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 49, Kanonistische Abteilung 18, Weimar 1929, 1-111, hier S. 38-39; Schieffer Theodor, Angelsachsen und Franken. Zwei Studien zur Kirchengeschichte des 8. Jahrhunderts, in: Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse Jahrgang 1950 - Nr. 20. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Wiesbaden 1950, 1427-1539, hier S. 1522-1523). Zu Hinkmars "Werken", vgl. unten Anm. 41.
[8] Vielleicht hat Fulradus, Abt von St. Denis, Karls des Großen Antrag während seiner Reise nach Rom vor 779/780 überbracht, Reise, die der Papst in einem Brief an Karl den Großen rückblickend erwähnt (Codex Carolinus Nr. 65, hg. von Gundlach W., in: MGH Epistolarum III. Epistolae merowingici et karolini aevi I, Berlin 1957, S. 592-593).
[9] Flodoard, vgl. unten Anm. 16, II,17 S. 171 Z. 4-6 erwähnt das Schreiben, mit welchem Papst Hadrian Karl dem Großen mitteilte, dass er auf dessen Antrag Tilpin das Pallium übertragen habe (vgl. Lesne, wie Anm. 5, S. 331-332 und Anm. 5). In seinem mandatum an Tilpinus schreibt der Papst, er würde sich noch gut an diese Verleihung erinnern.
[10] Vgl. Sot, wie Anm. 1, S. 463-465.
[11] Weomadus von Trier.
[12] Possessor kann nicht mit Sicherheit einem Sitz zugeordnet werden, vielleicht war er Bischof von Tarentaise (Frankreich, Savoie).
[12] Original verloren. Überlieferung in einem Fritzlarer Kopialbuch des 15. Jahrhunderts. Drucke in Auswahl: Das Glaubensbekenntnis Luls, hg. von Levison W., in: Schieffer, wie Anm. 9, S. 1529-1535; Böhmer Johann Friedrich, Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe von Bonifatius bis Uriel von Gemmingen 742? - 1514. I. Bd., bearb. und hg. von Will Cornelius, Innsbruck 1877, S. 40-41 Nr. 49. Vgl. Levison Wilhelm, England and the Continent in the eighth century, Oxford, 1966, S. 233-240.
[14] [...] Hanc fidem meam ego Lullus Moguntinensis civitatis antistes exposui anno duodeno regni domini nostri Carli regis gloriosissimi, pontificatus mei anno XXV [...]. Das 12. Jahr Karls d. Gr. begann am 09. Oktober 779 und endete am 08. Oktober 780. Luls 25. Episkopatsjahr, setze man Bonifatius' Tod auf den 05. Juni 754 (oder 755, wie Wagner Heinrich, Bonifatiusstudien, in: Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 60, 2003, S. 207-226, 253), begann demnach im Juni  779 (oder 780).  
[15] Laut Hadrians Brief (wie Anm. 7) war zu dieser Zeit Tilpinus schon Erzbischof und Reims Metropolitanbistum. Viomagus und Possessor erscheinen darin aber nur als episcopi (Lesne, wie Anm. 5, S. 349, 351). Nach Levison, wie Anm. 13, S. 234-235 mit weitgehender Zustimmung (noch Pangerl Daniel Carlo, Die Metropolitanverfassung des karolingischen Frankenreiches, in: Monumenta Germaniae historica. Schriften 63, Hannover, 2011, S. 41-43) soll Viomagus/Weomadus auch schon Metropolit gewesen sei (Pangerl, ebd., S. 43-45; Anton Hans Hubert, Trier im frühen Mittelalter, in: Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte, Neue Folge 9,  Paderborn 1987, S. 197-198). Lull nennt Tilpinus nach Weomadus. Es kann deshalb angenommen werden, dass Ersterer vermutlich nach Weomadus, der 762 das erste Mal urkundlich erwähnt ist (MGH DD Karol. 1, Nr. 16 S. 21-25), als Bischof geweiht wurde. Vgl. unten Anm. 53.
[16] Flodoard von Reims, Die Geschichte der Reimser Kirche (Historia Remensis Ecclesiae), ed. Stratmann Martina, in: Monumenta Germaniae historica - fortan MGH -, Scriptores XXXVI, Hannover 1998; ed. Heller Johannes und Waitz Georg, in: MGH SS 13, Hannover 1881, S. 405-599; Histoire de l'Eglise de Reims par Flodoard, éd. et trad. M. Lejeune, wie Anm. 5. Verfasst zwischen 948 und 954. Nachfolgend nach Stratmann zitiert. Zu Flodoard, vgl. Sot, wie Anm. 1.
[17] Sonst nicht bekannt.
[18] Flodoard, II,17, S. 169-170 Z. 36-38, 1-4. Vgl. Stratmann Martina, Die Königs- und Privaturkunden für die Reimser Kirche bis gegen 900, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 52, 1996, S. 1-56, hier S. 14.
[19] Flodoard, II,17, S. 170 Z. 5-6 und Anm. 21. Bischoff Bernhard, Panorama der Handschriftenüberlieferung aus der Zeit Karls des Großen, in: Karl der Grosse. Lebenswerk und Nachleben. II: Das geistige Leben, hg. von Bernhard Bischoff, Düsseldorf 1965, S. 233-254, hier S. 238, hält Tilpinus für den vermutlichen Gründer des scriptorium von Reims.
[20] In der Abtei Saint-Remi wurde jahrhundertelang das heilige Öl zur Salbung der französischen Könige bei der Krönung aufbewahrt. Sie wurde 1792 aufgehoben und enthält heute das städtische historische Museum von Reims.
[21] […] In cenobio denique sancti Remigii monachos ordinasse ac monastica vita eos traditur instituisse […]: S. 170 Z. 6-9. Flodoard gibt an, dass das cenobium seit der Zeit, als Abt Gibehardus (sonst nicht bekannt; die Gallia Christiana 9, Paris 1751, Sp. 225 vermutet, dass er um 745 gelebt haben wird, aber ohne die Quelle dieser Datierung zu nennen) diese Gemeinschaft  gründete, aus Kanonikern bestand. Vgl. Poirier-Coutansais Françoise, Les abbayes bénédictines du diocèse de Reims, in: Gallia monastica. Tableaux et cartes de dépendances monastiques, publiés sous la direction de J.-F. Lemarignier, 1, Paris 1974, S. 23 .
[22] "Flodoard bietet für viele Reimser Quellen die einzige Überlieferung.  ... So gab er die erhaltenen Materialen korrekt wieder, zitierte auch wichtige Dokumente ..., wobei er aber Fälschungen oft nicht realisierte und sie ungeprüft aufnahm" (Schneider, wie Anm. 7, S. 48 und Anm. 77).
[23] 09. Oktober 768/08. Oktober 769.
[24] Flodoard II,17, S. 170 Z. 9-15: […] Immunitatis denique preceptum a Carlomanno rege, filio Pippini, primo mox regni eiusdem anno ecclesie Remensi obtinuit, ad exemplar immunitatum, quas predecessores ipsius reges juic contulerant ecclesie …[…]. Vgl. Stratmann, wie Anm. 18, Nr. 28 S. 33-34; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 - fortan BM² -, Verlorene Urkunden Nr. 465 S. 866.
[25] Zur Privilegierung durch die Merowingerkönige Childebert II. (575-596), "Childebertus adoptivus" (656/657-661/662), Dagobert III.  (711-715), Theuderich IV. (721-737), Flodoard II c. 2, 7, 11, vgl. Die Urkunden der Merowinger, MGH Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica, nach Vorarbeiten von Carlrichard Brühl hg. von Theo Kölzer unter Mitwirkung von Martina Hartmann und Andrea Steildorf, II, Hannover 2001, Nr. 79 S. 533 (zweifelhaft), 244 S. 602 (Zollfreiheit), 362 S. 647-648 und 387 S. 656-657; Stratmann, wie Anm. 18, Nr. 6, 16, 19/20 S. 26, 29, 30-31.
[26] Flodoard, II,17 S. 170 Z. 15-16: [...] Postea quoque aliam eiusdem regis de omnium teloneorum remissione impetravit preceptionem [...]. Vgl. Stratmann, Nr. 29 S. 34; BM² Verlorene Urkunden Nr. 466 S. 866; Devroey Jean-Pierre, Les préoccupations de gestion des évêques de Reims (VIe-IXe siècle), in: La Champagne et ses administrations à travers le temps. Actes du colloque d'histoire régionale Reims-Châlons-sur-Marne, 4-6 juin 1987, Paris, 1990, 53-68, hier S. 56-57.
[27] Flodoard, S. 170 Z. 17: [...] Item aliam de ponte Baisonensi […]. Vgl. Stratmann, Nr. 30 S. 34; BM² Verl. Urk. Nr. 467 S. 866. Brücke von Binson über die Marne (Port-à-Binson, heute Gemeinde Mareuil-le-Port, Dépt. Marne, Arr. Epernay, Cant. Dormans-Paysages de Champagne).
[28] Flodoard, S. 170 Z. l. 17-20: […] Item de cartis concrematis … […]. Vgl. Stratmann, Nr. 31 S. 34-35; BM² Verl. Urk. Nr. 468 S. 866. Zum appennis, vgl. Niermeyer Jan Frederik, Mediae Latinitatis lexicon minus. Lexique latin médiéval français/anglais = a medieval Latin-French/English dictionary, Leiden 1993, S. 51-52.
[29] Flodoard, S. 170 Z. 21-23: […] Item de militibus, qui in villa Iuviniaco residentes erant super terram sancte Marie et sancti Remigii, …. Item aliud de his, qui in Cruciniaco, Curba villa vel in omni pago Tardenisse infra terram Remensis ecclesie residebant. […]. Vgl. Stratmann, Nr. 32 und 33 S. 35; BM² Verl. Urk. Nr. 469 und 470 S. 866.
[30] Dépt. Aisne, Arr. Soissons, Cant. Soissons-Nord.
[31] Dépt. Marne, Arr. Reims, Cant. Fismes-Montagne de Reims.
[32] Wie Crugny.
[33] Der Tardenois erstreckte sich beiderseits der zwei Diözesen von Soissons und Reims. Zu Namen, vgl. Artikel "Tardenois" auf Wikipedia.
[34] Sot, wie Anm. 1, S. 466 bemerkt: "A l'immunité judiciaire et fiscale … vient s'ajouter pour la première fois l'immunité militaire". Aber Lesne Emile hält die Befreiungsbestimmungen für Fälschungen des 9. Jahrhunderts (Histoire de la propriété ecclésiastique en France. Bd. 2: La propriété ecclésiastique et les droits régaliens à l'époque carolingienne. Fasc. 2: Le droit du roi sur les églises et les biens d'église VIIIe-Xe siècle, in: Mémoires et travaux publiés par des professeurs des Facultés catholiques de Lille 30, Lille 1926, S. 488 Anm. 2; vgl. Schneider, S. 55-56, der auch an die Blankovollmacht für alle verlorenen Besitzurkunden denkt). Vgl. oben Anm. 21.
[35] Karlmann starb in seiner Pfalz Samoussy (Dépt. Aisne, Arr. Laon, Kant. Laon 2) vermutlich nach schwerer Krankheit am 04. Dezember 771. Zu Karlmanns Grabmal in Reims und wohl auch in Saint-Rémi, vgl. die Überlegungen von Schneider, wie Anm. 7, S. 29-65.   
[36] Neuilly-en-Ourceois (heute Neuilly-Saint-Front, Dépt. Aisne, Arr. Château-Thierry, seit 2015 Canton Villers-Cotterêts).
[37] Flodoard, II,17 S. 170-171. Vgl. Stratmann, Nr. 34 S. 35-36; BM² Verl. Urk. Nr. 471 S. 866. Vgl. die übereinstimmenden Angaben von Hincmar, Gesta de villa Noviliaco, hg. von Mordek Hubert, Ein exemplarischer Rechtsstreit: Hinkmar von Reims und das Landgut Neuilly-Saint-Front, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 114, Kanonistische Abteilung 83, Wien 1997, 86-112, hier S. 102-103 (auch ed. Holder-Egger O., in: MGH Scriptorum XV/2, Hannover 1888, 1167-1169, hier S. 1167), mit der Datierung im 4. Herrscherjahr Karlmanns (09. Oktober/04. Dezember771). Zu den kleinen Veränderungen von Flodoard, wie die Angabe der Lage in pago Urtinse (sonst nicht bekannt: das Ourceois, Tal des Ourcq, rechter Nebenfluss der Marne), vgl. Schneider, S. 49.
[38] Flodoard, II,17 S. 171 Z. 6-11: [...] Immunitatis quoque preceptum ab hoc etiam rege iuxta precedentium exemplaria regum Remensi ecclesie idem presul impetravit. Item aliud preceptum de militibus pagi Tardunensis iuxta cessionem germani sui Carlomanni regis. Item de cartis concrematis. Item de confirmatione traditionis prefati germani sui regis, qua Noviliacum et Bibriliacum villas idem rex ad basilicam sancti Remigii condonavit [...]. Diese nach Karlmanns Tod verliehenen Urkunden sind auch verloren. Vgl. Stratmann, Nr. 35-38 S. 36-37; BM² Verl. Urk. Nr. 472, 474-476 S. 866-867; MGH SS XV/2 S. 1167.
[39] Vgl. oben Anm. 36.
[40] Sonst nicht bekannt.
[41] Hincmarus, Erzbischof von Reims 845 † 882. Vgl. Schneider, wie Anm. 7, S. 50. "In den Hinkmartexten erscheint Tilpin … als der Wiedergutmacher des Enteignungsfrevels Karl Martells, als erster wieder handlungsfähiger Reimser Bischof, der das Wüten des Trierer Milo wieder rückgängig machte und Kirchengüter zurückgewann". Nachfolgend werden nicht alle Texte Hinkmars zitiert, da deren Angaben mehrmals aufgeführt werden.
[42] Vgl. oben Anm. 37.
[43] Diese Angabe wird erst viel später bestätigt. Es bleiben Zweifel (vgl. Schneider, wie Anm. 7, S. 50-52).
[44] Flodoard, II,17 S. 171 Z. 16-25; MGH Poetarum latinorum medii aevi 3, Berlin 1896, ed. Traube Ludwig, S. 409-410. Vgl. Initia carminum Latinorum saeculo undecimo antiquiorum. Bibliographisches Repertorium für die lateinische Dichtung der Antike und des frühen Mittelalters, bearb. von Schaller Dieter und Könsgen Ewald unter Mitwirkung von Tagliabue John, Göttingen 1977, Nr. 5787 S. 262. Französische Übersetzung von Sot, wie Anm. 1, S. 467.
[45] [...] quadragenis ast amplius annis [...].
[46] […] Qui presul defunctus est anno sui episcopatus XLVII […]: Flodoard, S. 171 Z. 13-14. 
[47] Bei 794 als Todesjahr (vgl. unten Anm. 51) kommt man bei Hincmar auf etwa 754 oder etwas früher, bei Flodoard auf etwa 747/748 als Amtbeginn. Beide Ergebnisse sind nicht mit anderen Quellen in Einklang zu bringen (vgl. unten Anm. 53). 
[48] Mordek Hubert, Ein exemplarischer Rechtsstreit. Hinkmar von Reims und das Landgut Neuilly-Saint-Front, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 114. Kanonistische Abteilung 83, 1997, 86-112, hier S. 102-103; Ed. Holder-Egger Oswald, in: MGH Scriptorum 15/2, Hannover 1888, 1167-1169, hier S. 1168. Zu dieser Schrift, vgl. Mordek, ebd., Schneider, wie Anm. 7, S. 38-47.
[49] Die Schrift zeichnet den wechselnden Besitz und die Lehnträger der villa Neuilly(-en-Ourceois) von der Schenkung Karlmanns an die Reimser Kirche um 771 bis 877.
[50] [...] Defuncto Tilpino archiepiscopo anno XXIII postquam Carlomannus Remensi ecclesiae villam Novilliacum tradidit, tenuit domnus rex Karolus Remense episcopium in suo dominicatu [...].
[51] In einer im 10. Jahrhundert verfassten Handschrift der Reichsannalen findet sich der Zusatz zum Jahr 789: Hoc vero anno, ut computatum est, depositio fuit Tilpini episcopi IIII. Non. Septembr. (Annales regni Francorum, post ed. G. H. Pertz rec. Kurze Friedrich, in: MGH Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Hannover 1895, Neudruck 1950, S. 84. Erst eine späte Quelle, die vermutlich im 12. Jahrhundert niedergeschriebene Historiae Francorum Steinveldenses spricht klar von 794 als Todesjahr und von 47 Amtsjahren (MGH SS 13, Hannover 1881, ed. Waitz, 726-729, hier S. 728; vgl. Schneider, S. 51 und 83-84 Anm. 56): Anno dominicae incarnationis 794, indictione 2, anno 47. sui episcopatus, 5. Nonas Septembris defunctus est Tilpinus archiepiscopus Remensis.  Der Beginn der Amtszeit des Vulfarius, Tilpins Nachfolger als Erzbischof von Reims um 803, kann nur nach den Angaben von Hinkmar, der in einem Brief an Hinkmar von Laon berichtet, dass das Bistum nach Tilpins Tod ca. 9 Jahre vakant blieb (Migne J.-P., Patrologia latina 126, 1852, Sp. 545D-566A, hier Sp. 556A: [...] tempore Tilpini, et quando post eum per annos circiter novem metropolis Rhemorum vacavit episcopo [...] und von Flodoard, der darlegt, dass Vulfarius vor seinem Pontifikat missus dominicus in der Champagne [802] war und noch während seiner Tätigkeit als missus zum Bischof ernannt wurde (Flodoard, II,18, S. 172; Eckhardt Wilhelm A., Die Capitularia missorum specialia von 802, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 12, Köln/Graz 1956, 498-516, hier S. 506-507, Karte S. 512-513).
[52] Flodoard, II,17 S. 168 Z. 3; Hincmar, Denkschrift von Februar/März 863, MGH Epistolae VIII: Die Briefe des Erzbischofs Hinkmar von Reims, hg. von Perels Ernst, I, München 1975, S. 126 Z. 16-17: […] Tilpinus praefati  monasterii sancti Dyonisii tunc praepositus vir valde religiosus […].
[53] Tilpin nimmt an der vermutlich 762 von Bischof Chrodegang von Metz zusammengerufenen Synode von Attigny nicht teil (MGH Legum sectio III. Concilia II/1: Concilia aevi Karolini I/1, recensit Albert Werminghoff, Hannover-Leipzig, 1906, S. 72-73), trat sein Bistum demnach vielleicht danach an. Außerdem steht sein Name als Vorletzter in der Liste der fränkischen Bischöfe, die an der Lateransynode von 769 teilnahmen (vgl. oben Anm. 4), woraus man schließen könnte, dass er noch nicht allzu lange sein Amt bekleidete. Hincmar, im Prolog der von ihm um 878 verfassten Vita des hl. Remigius, will wissen, dass unter König Pippin, also vor 768,  und Bischof Tilpin die verlorenen Güter restituiert worden seien; Pippin hätte auch Tilpins Weihe als Reimser Bischof zugestimmt (Hincmar, Vita Remigii episcopi Remensis, Praefatio, ed. Krusch, 251-252, MGH Scriptorum rerum Merovingicarum 3, hier S. 252; vgl. Schneider, wie Anm. 7, S. 94-96). Aber Flodoard kennt keine Urkunde Pippins zugunsten der Reimser Kirche und Hincmars Angaben sind mit Vorbehalt zu gebrauchen (vgl. oben Anm. 41). In der Anm. 52 angegebenen Denkschrift (S. 126 Z. 3-6) schreibt Hincmar, dass […] Postea vero Wiomado Treviri ordinato (der das Amt sicher nach dem 29. Januar 759 und vor dem 13. August 762 übernahm) episcopo Remus per plures annos pastore vacavit, quoniam rebus ipsius episcopii divisis a Milone per filios et homines suos […]. Im interpolierten Teil des Zachariasbriefes an Tilpin (vgl. oben) heißt es: […]Abel (Erzbischof von Reims 744) … eiectus est et Remensis ecclesia per multa tempora et per multos annos sine episcopo fuit et res ecclesie de illo episcopatu ablate sunt et per laicos divise sunt (Flodoard, II,16 S. 167 Z. 18-21). Der Trierer Bischof Milo, auch Inhaber des episcopium von Reims, noch in einem päpstlichen Schreiben von 751 (MGH  Epistolae selectae 1: Die Briefe des heiligen Bonifatius und Lullus, hg. von Tangl Michael, Berlin 1916, Nachdruck München 1989, Nr. 87 S. 198) aber ohne Bezeichnung genannt, ist vielleicht um 762 verstorben (siehe Artikel "Weomadus"). Es bleibt der Eindruck, dass weder Hincmar noch Flodoard (siehe oben) wussten, in welchem Jahr Tilpins Bischofsweihe stattfand (Schneider, S. 51). Vgl. auch oben Anm. 15.

12.08.2015