Bischof und Abt von S. Martin (? zu Tours), gestorben
im Jahr 756
Die AnnalesPetaviani[1] melden zum Jahr 756 den Tod des Wicterbus[2]episcopus[3] et abba sancti Martini[4]Baugoarius genere Heilolvingus[5].
Das Kloster St. Emmeram in Regensburg[6] besaß eine heute verschollene Handschrift[7] aus dem Jahre 754[8], die von Vhicterbus, …, episcopus iam
senex geschrieben wurde.
[1]
MGH SSI, S. 18; SS III, S. 170. Eine Handschrift des 9. Jahrhunderts aus dem
Kloster Massay bringt die Annales Petaviani im Vergleich zu den anderen
Abschriften mit einigen Zusätzen (s. Semmler Josef, Zu den bayrisch-westfränkischen
Beziehungen in karolingischer Zeit [Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
29, 1966, 344-424], S. 349-350 und Anm. 3; Frank Hieronymus, Die Klosterbischöfe
des Frankenreiches [Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinerordens
17], 1932, S. 56-57 und Anm. 13). [2]Fuit autem Baugoarius genere Heilolvingus,
senex et plusquam octogenarius usque ad id tempus sedebat (licebat), propria
manu scribens libros. [3] War Wicterbus
Klosterbischof (Frank, wie Anm. 1, S. 59-60) oder geben seine Bezeichnung als
Bischof, sein Name und seine Familienzugehörigkeit Anlass zu der Vermutung,
dass er mit der "nebelhaften Gestalt" (so Bischoff Bernhard, Literarisches
und künstlerisches Leben in St. Emmeram [Regensburg] während des frühen und
hohen Mittelalters [Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens
… 51,1933, 102-142], S. 102-103) und oft auch in der neueren Literatur über
Regensburg überhaupt nicht erwähnten Bischof von Regensburg Wicterbus
personengleich sein könnte, insofern dessen einzige Nennung nicht auf
einem Irrtum beruht (dazu Semmler, wie Anm. 1, S. 363-372; Störmer Wilhelm,
Früher Adel. Studien zur politischen Führungsschicht im fränkisch-deutschen
Reich vom 8. bis 11. Jahrhundert. Teil II [Monographien zur Geschichte des Mittelalters,
6/II], 1973, S. 334; Schmid Karl, Bischof Wikterp in Epfach. Eine Studie über
Bischof und Bischofssitz im 8. Jahrhundert, in: Münchener Beiträge zur Vor-
und Frühgeschichte, 7. Veröffentlichungen der Kommission zur archäologischen
Erforschung des spätrömischen Raetien, 1, S. 112 mit Literaturhinweisen; neuerlich
Michel Parisse, Bayern und der französischsprachige Raum im Mittelalter, http://www.bayern-france.info/pdf/Kapitel_1_Beitrag_2_neu.pdf,
2006, S. 5 bzw. 4). Wagner Heinrich, Bonifatiusstudien (Quellen und Forschungen
zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 60), 2003, S. 107-109, geht
sogar noch weiter, wenn er in diesem Wicterbus senex den Augsburger Bischof
Wiggo/Wichterpussieht,
der auch vor 739 für den Regensburger Sprengel in Anspruch zu nehmen sei. Nur
übersieht Wagner, dass der Wichterpus von Augsburg vermutlich noch in
den 70er Jahren im südlichen Augsburger Raum als Bischof wirkte. [4] Vermutlich
St. Martin in Tours (s. Semmler, wie Anm. 1, S. 349-350; Schmid, wie Anm. 3,
S. 111-112 Nr. 2 mit Literaturhinweisen; Frank, wie Anm. 1, S. 57-58; Gallia
Christiana, 14, Paris, 1856, Sp. 160). Eine zeitgenössische oder auch spätere
Liste der damaligen Äbte dieses Klosters ist mir nicht bekannt. Die Gesta
sanctorum patrum coenobii Fontanellensis berichten, dass Teutsindus,
pater coenobii sancti Martini Turonensis die Leitung des Klosters Fontenelle
im Jahr 734 erhält (Pradié Pascal, Chronique des abbés de Fontenelle [Saint-Wandrille]
[Les classiques de l'histoire de France au Moyen Age, 40], Paris, S. 74-75 [lat./fr.];
zum Datum, s. den Korrekturvorschlag von Becher Matthias, Die Chronologie der
Äbte von Saint-Wandrille in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Studien zu
den Gesta abbatum Fontanellensium, in: Vielfalt der Geschichte. Lernen, Lehren
und Erforschen vergangener Zeiten. Festgabe für Ingrid Heidrich zum 65. Geburtstag,
hrsg. von Sabine Happ und Ulrich Nonn, Berlin, 2004, S. 39-40). Nach dem Text
der Gesta leitete er gleichzeitig beide Klöster (s. S. 88 c. 6). Das
Erhebungsdatum seines Nachfolgers Wido ist
umstritten, entweder 738 oder 743/744 (s. Artikel Wido). Ein Aricus
abba (? von St. Martin in Tours) ist bekannt durch eine Handschrift sicherlich
aus der Schule von Tours datiert anno III regni Childirici regis (= 745/746:
Lowe E. A., Codices latini antiquiores. A paleographical guide to latin manuscripts
prior to the ninth century, Part VI: France: Abbeville-Valenciennes, Oxford,
1953, S. 18 Nr. 762; vgl. Bischoff, Bernhard, Ein wiedergefundener Papyrus und
die ältesten Handschriften der Schule von Tours, in: Mittelalterliche Studien.
Ausgewählte Aufsätze zur Schriftkunde und Literaturgeschichte, 1, Stuttgart,
1966 (= Archiv für Kulturgeschichte 29, 1939, 25-38), S. 10, deren Datierung
zu verbessern ist. [5] Zu den Agilolfingern,
die an der Spitze der bayerischen genalogiae standen, s. Jahn Joachim,
Ducatus Baiuvariorum. Das bairische Herzogtum der Agilolfinger (Monographien
zur Geschichte des Mittelalters 35), 1991, S. 232-238. [6] Diese Tatsache unterstreicht die Hypothese einer Personengleichheit mit dem
möglichen früheren Bischof von Regensburg (wie Anm. 3). [7] Im 16. Jahrhundert hat sie Aventinus in St. Emmeram
eingesehen und berichtet über diesen libellus in seinen Annales
ducum Boiariae, vollendet 1521: scripsi ego ipse Vhicterbus, quamquam
peccator, episcopus iam senex, puto nonagenarius aut supra, dolentibus membris
et caliginantibus oculis…(Aventinus, Ioannes, Annalium Boiorum, lib.
VII, Leipzig, 1710, S. 245, einzusehen in: http://www.uni-mannheim.de/mateo/camenahist/aventinus1/Aventinus_annales_2.html).
[8]tercio anno regnante Pipino filio Caroli,
rege Francorum, in mense Iunio, in diebus decem scripsi hunc libellum, hoc
est anno 754 a nativitate Christi, septima indictione.