G I S L A R I U S

Graf, belegt im Jahr 768

Während der langen Kampfhandlungen, die Pippin und der aquitanische Herzog Waifarius von 760 bis 768 führten[1], hatte der fränkische König Waifarius' Onkel Remistanius, der sich auf Seite Pippins geschlagen und ihm Treue geschworen hatte[2], mit der Verteidigung der Hälfte des Gaues Berry bis zum Fluss Cher beauftragt[3]. Einige Zeit später brach Remistanius seinen Eid und unterwarf sich wieder Waifarius' Herrschaft[4]. Daraufhin schickte Pippin Anfang 768[5] Hermenaldo[6], Beringario, Childerado[7] et Uniberto comite Bitorivo[8] cum reliquis comitibus et leodibus suis heimlich aus, um Remistanius zu ergreifen. Nachdem es ihnen gelungen war, diesen gefangen zu nehmen, wurde er vor den König gebracht und auf Pippins Befehl von Uniberto et Gislario[9] comite[10] in Bourges[11] am Galgen aufgehängt.


[1] Rouche Michel, L'Aquitaine des Wisigoths aux Arabes 418-781. Naissance d'une région, Paris: Ecole des Hautes Etudes en Sciences sociales, 1983, S. 122-127; Oelsner Ludwig, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter König Pippin (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), Leipzig, 1871, passim.   
[2] Haupt Herbert, Chronicarum quae dicitur Fredegarii continuationes, in: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein - Gedächtnisausgabe IVa. Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, Darmstadt 1982, 272-325, hier c. 45 S. 314-315 (lat./dt.); Chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici libri IV. Continuationes, hg. von Bruno Krusch, MGH Scriptores rerum Merovingicarum 2, 1888, 168-193, hier S. 189.
[3] Haupt, c. 46 S. 314-315 mit Karte bei Rouche, wie Anm. 1, S. 125; MGH, S. 189.
[4] Haupt, c. 50 S. 318-319; MGH, S. 191.
[5] Haupt, c. 51 S. 320-321; MGH, S. 191; Annales regni Francorum und Annales q. d. Einhardi a. 768, MGH Scriptores rerum Germanicarum [6], hg. von Kurze Friedrich, 1893, Neudruck 1950, S. 256-27. Siehe Rouche, wie Anm. 1, S. 126; Oelsner, wie Anm. 1, S. 411; Böhmer Johann Friedrich, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 715-918, neubearb. von Engelbert Mühlbacher, vollendet von Johann Lechner (Innsbruck ²1908), mit Ergänzungen von Carlrichard Brühl – Hans H. Kaminsky, Hildesheim 1966 - fortan BM² - , Nr. 104t S. 53-54.
[6] Wegen der Nähe könnte Hermenaldus mit dem in den Gesta episcoporum Autisiodorensium genannten Graf Ermenoldis von Auxerre personengleich sein (MGH SS XIII, 393-400, hier S. 395-396).
[7] Weiter im c. 51 wird von suprascripti comites, qui ad Remistagnum capiendum missi fuerant, …gesprochen.
[8] Unibertus, Graf des Berry, ist vermutlich identisch mit dem Graf Umbertus, der von Karl dem Großen in Bourges eingesetzt wurde, als der König laut Astronomus in Aquitanien im Jahr 778 Grafen ernannte (MGH SS rer. Germ. LXIV, S. 290-293).
[9] Ein Gisleharius gehört 753 und 759 zu den fideles Königs Pippin, Gysleharius, ein vasallus desselben Königs, lebte um das Jahr 768 (Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Grossen, bearb. von Engelbert Mühlbacher u. a., in: Monumenta Germaniae historica, Diplomatum Karolinorum 1, Hannover 1906, Neudruck München 1991,  Nr. 6 S. 9-11, Nr. 12 S. 17-18; BM² 947 S. 384).
[10] War Gislarius Befehlshaber der scara, die Pippin im Jahr 766 in Bourges einsetzte ([…] in Bituricas Francorum scaram conlocavit […]: Ann. regni Franc., wie Anm. 5, S. 24), als er vielleicht gleichzeitig Remistanius mit der Verteigung des Gausüdens beauftragte?
[11] […] Quem statim rex Uniberto et Gislario comite Betoricas civitate ipso Remistagnum in patibulo eum suspendi iussit […]. Wie Haupt in seiner Übersetzung des Textes (S. 321) und Oelsner, S. 411 ist auch Heidrich Ingrid, Bonn, der Meinung, dass die Hinrichtung in Bourges stattfand (freundliche Mitteilungen vom 2. Juli und 12. September 2003). Dagegen setzt sie Rouche, wie Anm. 1, S. 126 nach Saintes.

31.08.2011, überarbeitet 18.02.2015